Bad Endorf – In Zeiten, in denen Shooter-Spiele und rechtsextreme Parolen Kriege verharmlosen, ist es notwendig, auf die furchtbaren Grausamkeiten eines Krieges hinzuweisen. Deshalb hatte der Förderverein Volkshochschule zu einem Zeitzeugengespräch eingeladen. Der Rosenheimer Verleger und Autor Klaus G. Förg wollte dabei auf der Grundlage seines Buches „Irgendwie überlebt/Soldatenschicksale im Zweiten Weltkrieg“, das die erschütternden Erlebnisse überlebender Kriegsteilnehmer darstellt (wir berichteten), ein Gespräch mit dem 94-jährigen Sepp Heinrichsberger aus Bad Endorf führen. Aber Heinrichsberger kam aus ungeklärten Gründen nicht zur Veranstaltung, so dass man sich dazu entschloss, Klaus G. Förg, dem sich die zahlreichen Gespräche mit den Zeitzeugen tief ins Gedächtnis geprägt haben, darüber erzählen zu lassen.
Nach einführenden Worten Anton Heindels, Zweiter Bürgermeister Rosenheims und Vorsitzender des Fördervereins, berichtete Förg zunächst über seine Beziehung zur Zeitgeschichte und wie er erst 2018 im Berliner Axel-Springer-Hochhaus durch einen Chefkolumnisten auf die Idee gebracht worden war, ein Buch über Gespräche mit Zeitzeugen zu schreiben, die den furchtbarsten Krieg erlebt hatten.
Dann erzählte Förg eindrucksvoll von Sepp Heinrichsberger und dessen Erlebnissen: wie er im Vercors, einem Gebirgszug südlich von Grenoble von Partisanen beschossen wurde und sich in ständiger Todesangst befand, wie sein Freund neben ihm dabei ums Leben kam und wie Wut und Hass daraufhin seine Gefühle bestimmten, so dass sie in die nächsten Dörfer eindrangen und Häuser samt Kirche in Brand steckten. Eine Tat, die Heinrichsberger heute noch belaste.
Förg berichtete von weiteren Zeitzeugenerlebnissen, die noch nicht Eingang in sein Buch gefunden haben, darunter ein 106-Jähriger, der drei Stunden ohne zu ermüden seine Gefühle in diesem mörderischen Krieg schilderte. Die fast nicht auszuhaltenden Grausamkeiten bei der Belagerung von Leningrad waren der Inhalt eines Gesprächs mit dem 99-jährigen Karle, der einfach überleben wollte, dem dabei beide Füße abgefroren waren und der sich trotz allem auf seinen hundertsten Geburtstag freut.
Missglückter Fluchtversuch
Als Abrundung kam Förg wieder auf Heinrichsberger zurück und schilderte dessen Odyssee in amerikanischer und französischer Gefangenschaft unter anderem in Gibraltar, New York und New Mexico. Auch sein missglückter Fluchtversuch und die Heimkehr nach Bad Endorf wurden thematisiert.
Als positiven Kontrapunkt zu den Schrecken des Krieges spielte die Pianistin Susi Weiss dazwischen einfühlsam melancholische Stücke wie Rachmaninows „Walzer 2“, französische Chansons und jazzig angehauchte Stücke der Kriegs- und Nachkriegszeit. Zum Schluss signierte Klaus G. Förg sein Buch „Irgendwie überlebt“.re