Neubeuern – Hans Astner ist deutscher Meister im Sensenmähen. Der Nebenserwerbslandwirt aus Saxenkam setzte sich gegen den 63-jährigen Titelverteidiger Sepp Maier aus Frasdorf durch. Sein Ziel 2020: die Weltmeisterschaft in Slowenien.
Bereits bei den Römern, Kelten, Germanen und Slawen wurde die Sense als Erntewerkzeug zum Mähen von Grünland und Getreide benutzt. Ihren Einsatz fand sie auch als einfache Waffe während der Bauernkriege. Heute gehört sie zu den umweltfreudigen Mähgeräten in der Landwirtschaft und wird vorwiegend im unzugänglichen Gelände verwendet. Sie erfreut sich seit Jahren steigender Beliebtheit bei Hobbybauern, Naturschützern und Gärtnern.
Training beim
Leitnmähen
Sein schneidiges Handwerkszeug hat auch Hans Astner, Saxenkamer Nebenerwerbslandwirt, stets dabei, wenn er seine Felder bestellt. Denn auf den Streuobstwiesen am Hof mit Brennereikonzession hat er als Zehnjähriger schon seinen Opa begleitet, wenn dieser die Leitn bei den 220 Obstbäumen mähen musste. Dabei wurde täglich das Gras rund um zehn Bäume geschnitten, was drei Wochen Zeit in Anspruch nahm, danach war zwei Wochen Pause. Die erste Sense mit einem Schneideblatt von 60 Zentimetern Länge lieh ihm damals sein Onkel.
Seit 17 Jahren hat das alte Handwerkszeug für Hans Astner nicht nur eine berufliche, sondern auch eine sportlich wettkampfbetonte Bedeutung. Als 2003 in Neubeuern im Rahmen des Trachtenfestes der Ring der Jungbauern ein Mähturnier veranstaltete, ging auch Hans Astner als 16-Jähriger an den Start. Er wurde letzter. „Diese Blamage konnte ich nicht auf mir sitzen lassen. Anschließend arbeitete ich konsequent daran, meine Leistungen zu steigern, Technik in den Schnitt zu bringen und damit Zeit einzusparen“, erinnert sich der Mäher.
Mit Sepp Maier aus Frasdorf als Mitstreiter und Ratgeber an seiner Seite konnte er auf fundiertes Wissen und große Erfahrung vertrauen. „Der Sepp baute mir in seiner Werkstatt meine erste eigene Sense mit einer Schneidelänge von 1,15 Meter, meiner Statur angepasst. Selbst die Wartung meines schwingenden Sportgerätes übernimmt nach wie vor der Profi und dengelt das stählerne Blatt vor jedem Turnier, damit es wieder dünn und scharf wird“, berichtet Hans Astner zufrieden.
Suche nach dem
präzisen Schnitt
Mit dem ausholenden halbrunden Sensenschwung trainiert er seither für die deutschen und seit 2009 für die europäischen Meisterschaften im Handmähen und stellt sich dabei erfolgreich der preisgekrönten Konkurrenz. 2015 errang er den Titel „Deutscher Jugendmeister“ und holte sich dann 2017 beim Wettmähen in Neubeuern den dritten Platz in der Klasse über 30 Jahre. Mit Rhythmik, Kondition, Präzision, Technik und Schnelligkeit führt der ambitionierte Sensenschwinger kraftvoll und ausdauernd seine Klinge durch die Grashalme und nahm im Juli gut trainiert an der Qualifikation zur Europameisterschaft in Teißendorf, Berchtesgaden, teil.
Dabei errang er den Titel „Deutscher Meister im Handmähen“, setzte den 63-jährigen Titelverteidiger Sepp Maier aus Frasdorf auf einem Areal von 100 Quadratmeter nach 30 Jahren vom ersten zurück auf den dritten Platz. Sein Teammäher aus Neubeuern, Stefan Artmann, erzielte den vierten Platz. „Das etwa 40 Zentimeter hohe Gras war mit Klee und Löwenzahn versetzt, zudem leicht feucht und bot dadurch die optimalen Voraussetzungen für einen präzisen Schnitt“, erzählt der amtierende Meister.
Auch auf das
Gras kommt es an
Andere Bedingungen herrschten bei der 26. Europameisterschaft in St. Florian / Oberösterreich. „Das 50 Zentimeter hohe Lucernengras hat eine etwas holzige Struktur und erschwert damit die Arbeit. Um einen sauberen Grasteppich zu hinterlassen, mähte ich die Parzelle ausschließlich in einer Richtung und lief nach jeder bestellten Linie zehn Meter zurück zur Startseite. Diese Praktik kostete mir zwar Zeit, sparte mir hingegen einen schmerzlichen Zeitaufschlag, bedingt durch eine unsaubere Maht“, informiert Hans Astner und ist stolz darauf, in einer Mähzeit von 2:30 Minuten sein Feld geerntet zu haben. Unter 116 Teilnehmern aus neun Nationen, im Alter von neun Jahren bis 75 Jahren, erreichte Hans Astner den hervorragenden 16. Platz. „Die Altersgrenzen sind variabel gestaltet. Meist beginnen die Kinder im Alter von sechs oder sieben Jahren mit dieser sportlichen Disziplin, die sich dann bis ins hohe Alter erstreckt. Aufgrund der muskel- und rückenstärkenden Komponente beherzigen beide Geschlechter ihr körperliches Fitnesstraining in der Natur“, betont Hans Astner und ergänzt „übrigens, die älteste Mäherin mit 75 Jahren bei der Europameisterschaft war eine Frau.“
Alle zwei Jahre gehen die Sensenerprobten auf Europareise. „Ein ganz besonderes Erlebnis genossen wir an der Ostküste im Baskenland. In der Stadt Bilbao empfing uns der Bürgermeister auf dem Balkon des Rathauses und die Bürger jubelten uns zu. Wir verstanden zwar kein Wort seiner offiziellen spanischen Begrüßung, aber der Empfang, vergleichbar mit dem Eintreffen eines erfolgreichen Fußballteams, klassifizierte uns zu VIP-Gästen. Vor dem Wettbewerb gingen wir im Meer entspannt baden, anschließend konzentrierten wir uns auf das Niedermähen von unserem zugeteilten Feld“, an dieses beeindruckende Erlebnis erinnert sich Hans Astner gerne.
Messen mit
der Weltelite
Als nächster Wettbewerb im Handmähen steht 2020 die Weltmeisterschaft in Slowenien vor der Tür mit Mannschafts- und Einzelwertungen. Und schon heute kitzelt Hans Astner der Gedanke, sich mit der Weltelite zu messen.
„Sein Trainingsrahmen ist jedoch sehr eng gesteckt. Als Familienvater, Musiker der Blaskapelle Neubeuern, Industriemechaniker im Schichtdienst und Nebenerwerbslandwirt nimmt er sich neben der Mahd lediglich ein kleines Zeitfenster zum Bergradeln. „Mit Vollgas strample ich steile 159 Höhenmeter von Saxenkam nach Laberg in 12:20 Minuten. In einer Viertelstunde bin ich wieder zu Hause und kann mich muskelgestärkt allen anderen Aufgaben widmen.“