Wieder Diskussion um Edeka-Markt

von Redaktion

Bürgerinitiative „Ja zu Riedering“ bezweifelt Gültigkeit des Bebauungsplans

Riedering – Ziemlich genau vor einem Jahr entschieden die Riederinger per Bürgerentscheid, dass am südlichen Ortsrand ein Edeka-Markt gebaut werden soll. Kurz vor Ende der ersten Auslegungsphase des Bebauungsplans meldet sich nun die Bürgerinitiative „Ja zu Riedering“ zu Wort und übt erneut Kritik am geplanten Bau des Lebensmittelmarkts südöstlich der Mehrzweckhalle.

„Aus unserer Sicht ist der Bebauungsplan nicht gültig“, sagt Barbara Tischer von der BI. Die Frage im Bürgerentscheid habe gelautet: „Soll ein Bebauungsplan für einen Lebensmittelmarkt auf dem Grundstück Flurnummer 127 aufgestellt werden?“ Laut Bebauungsplan verbrauche der Markt mitsamt der Parkflächen aber etwa ein Drittel mehr an Fläche und rage in zusätzliche Flurnummern hinein. „Wir fühlen uns daher verschaukelt“, so Tischer.

Freie Sicht auf
Berge ist passé

Unmittelbar vom Bau betroffen ist Jürgen Bauer, dessen Garten im Norden unmittelbar an den Bebauungsplan angrenzt. Hat er bislang freie Sicht auf die Voralpenkette, so wird er künftig auf ein etwa neun Meter hohes Gebäude blicken. „Im Winter haben wir dann nur wenige Stunden Sonne auf dem Grundstück“, sagt er.

Wie auch Tischer verweist der Anwohner auf den Gemeinde-Entwicklungsplan. In diesem werde besonderer Wert auf den Erhalt der Grünzäsur zwischen Riedering und dem Ortsteil Mitterfeld gelegt. Diese unbebaute Fläche werde durch den Supermarkt deutlich geringer, beklagt Bauer. Überhaupt sehe er die Gefahr, dass der Bau des Supermarkts nur der erste Schritt sei. „Es ist in vielen Fällen so, dass sich in unmittelbarer Nähe eines Einkaufsmarkts weitere Geschäfte ansiedeln, zum Beispiel eine Drogeriekette“, so Bauer.

Bestätigt fühlen sich die Gegner vom Umweltbericht, der zu dem Projekt erstellt wurde und auf der Webseite der Gemeinde einzusehen ist. Darin steht: „Die geplante Bebauung mit einem großflächigen Supermarkt beeinträchtigt das Orts- und Landschaftsbild am südlichen Ortsrand von Riedering negativ und ändert den bisher individuellen und kleinräumig strukturierten, ländlich geprägten Charakter hin zu einem eher städtisch geprägten, eintönigen Charakter. Zudem wird der Umfang von unbebauter Landschaft verringert.“

Hinzu kommt laut Bürgerinitiative das Thema Verkehr. In der Nähe des vorgesehenen Grundstücks liegen die Schule und der Kindergarten. „Wir sehen die Sicherheit der Kinder gefährdet, wenn in diesem Bereich deutlich mehr Fahrzeuge unterwegs sind“, so Tischer. Zudem seien Probleme durch Rückstaus an der nahen Kreuzung Söllhubener Straße/Tinninger Straße zu erwarten.

Grundsätzlich sei man gewillt, das demokratisch getroffene Votum für den neuen Edeka-Markt zu akzeptieren, sagen Bauer und Tischer. Aber die Umsetzung sei nicht so gegeben, wie sie im Bürgerentscheid formuliert wurde. Der Gemeinderat solle daher gegen den Bebauungsplan stimmen, ist ihre Forderung. Ihre Position will die Bürgerinitiative interessierten Bürgern am Freitag, 25. Oktober, um 16.30 Uhr bei einer Ortsbegehung erläutern. Den Vorwurf, der Bürgerwille werde nicht umgesetzt, will Riederings Bürgermeister Josef Häusler (Wählergemeinschaft Söllhuben) nicht gelten lassen. Für das Edeka-Gebäude sei ausschließlich das im Bürgerentscheid genannte Grundstück vorgesehen. „Es ist aber klar, dass ein Supermarkt auch Parkplätze braucht“, sagt Häusler.

„Keine Abstimmung
über Quadratmeter“

In die gleiche Kerbe schlägt Stefan Inhauser, Geschäftsführer von Immobilien-Chiemgau-Conzept. Das Unternehmen ist Investor und Bauträger für das Projekt. „Beim Bürgerentscheid wurde nicht über eine Quadratmeterzahl abgestimmt. Es ging um eine grundsätzliche Entscheidung und eine grobe Festlegung der Ausmaße“, sagt Inhauser im Gespräch mit den OVB-Heimatzeitungen. Es sei keinesfalls verschleiert worden, dass die bebaute Fläche über das Flurstück 127 hinausgehe.

Inhauser hebt außerdem hervor, dass eine zum Ortscharakter passende Planung im Vordergrund stehe. „Einfach so einen Supermarkt auf eine grüne Wiese zu setzen, wäre nicht unser Verständnis von verantwortungsvoller Architektur“, betont Inhauser. Daher sollen beim Bau vor allem Materialien verwendet werden, „die in die Landschaft passen“, wie es der Bauherr ausdrückt.

Konkret: Im ersten Stock auf Höhe der neun Wohnungen eine Verschalung aus Lärchenholz, dazu Grünflächen auf dem Umlauf. „Uns war auch wichtig, dass wir nicht höher bauen als die umliegenden Häuser“, so Inhauser. Dass auf Jürgen Bauer und seine Familie eine erhebliche Veränderung zukommt, räumt er ein. Der freie Bergblick sei künftig nicht mehr vorhanden. Die Behauptung, dass im Winter nahezu keine Sonne mehr auf das Nachbargrundstück falle, weist Inhauser jedoch zurück: „Wir haben ein Gutachten machen lassen, demzufolge hat Familie Bauer Ende Dezember Sonneneinstrahlung bis ins Erdgeschoss.“

Bei der Planung habe auch der Lärmschutz für den Anlieger im Norden eine Rolle gespielt, sagt der Investor. „Wir haben das Gebäude bewusst so gesetzt, dass der Parkplatz nicht an das Nachbargrundstück angrenzt. Vom Parkverkehr und dem ständigen Türenschlagen beim Ein- und Aussteigen bekommen die Nachbarn nicht viel mit“, argumentiert Inhauser. Den Bereich zum Nachbarn werde man so gestalten, dass er keinen „Hinterhofcharakter“ habe.

Die Befürchtung, dass der Bau des Edeka-Markts erst der Anfang sei und weitere Geschäfte folgen könnten, ist nach Darstellung des Bauträgers völlig unbegründet. „Wir haben die Ausgleichsfläche mit den heimischen Blumenarten auch deshalb direkt neben den Markt gesetzt, um einen Abschluss zu bilden. Eine Erweiterung nach Süden ist nicht möglich.“

Auch das Thema Verkehr habe man sorgfältig bedacht. Die Zufahrt der Wohnungsmieter zur Tiefgarage und zu den Stellplätzen erfolge auf Anraten der Polizei nicht über den Parkplatz, sondern über einen Weg von Norden her. „Das ist sinnvoll, weil die Mieter nicht wie ein Supermarktkunde langsam nach einem Parkplatz suchen, sondern zügig nach Hause wollen. Die würden daher womöglich zu schnell über den Parkplatz fahren“, erläutert Inhauser.

Start schon
im Frühjahr 2020

Einen Vorteil sieht er zudem darin, dass Mütter den Parkplatz nutzen können, um dort morgens ihre Kinder abzusetzen. Diese könnten von dort aus zur nahegelegenen Schule gehen, während die Mütter gleich ihren Einkauf erledigen. „Das würde das hohe Verkehrsaufkommen unmittelbar vor der Schule reduzieren“, so Inhauser. Sein Zeitplan sieht vor, mit dem Fünf-Millionen-Projekt im Frühjahr 2020 zu starten. Die ersten Einkaufswagen sollen schon im Spätherbst kommenden Jahres rollen. „Ein sportliches Ziel, aber wir arbeiten darauf hin.“ Wenn der Bau fertig ist, wird ein Büro im ersten Stock von Inhausers Firma genutzt. Er selbst wird dann seinen Arbeitsplatz dort haben. „Schon allein deshalb ist mir sehr daran gelegen, dass wir das Projekt mit hoher Qualität umsetzen. Ich möchte zufriedene Menschen um mich herum haben. Und vielleicht kommt auch das ein oder andere Lob für die gelungene Gestaltung, wenn ich über den Parkplatz zum Büro gehe.“

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