Bad Endorf – Vor 25 Jahren starb Maria Stadler, die ein Stück Kinogeschichte schrieb. Schon als kleines Mädchen war sie vom damals noch jungen Medium Kino begeistert. Maria Stadler, liebevoll die Kinomare genannt, bekam als eine der ersten 1945 von der amerikanischen Besatzungsmacht die Lizenz zum Betrieb eines Lichtspielhauses und erfüllte sich damit einen Kindheitstraum.
Die Sehnsucht nach
einer heilen Welt
Die ersten Jahre nach dem unseligen Krieg, die von Hunger und Not geprägt waren, sehnten sich die Menschen nach einer heilen Welt. Zögerlich kehrte das normale Leben zurück. Mit ihrem Wanderkino brachte Maria Stadler Abwechslung in den arbeitsreichen Alltag. Dort konnte man eineinhalb Stunden auf der Leinwand ein wenig aus der großen weiten Welt erfahren.
Die Kinoabende an wechselnden Orten waren immer gut besucht. 1953 entschied sie sich, mit zwei gebrauchten Projektoren, für ein ortsfestes Kino und eröffnete schließlich ihr eigenes Filmtheater in Endorf. Die Kinomare war alles in einer Person: Sie holte die 35-mm-Rollen vom Bahnhof ab, verteilte Plakate, riss Tickets ab und hackte das Holz selber. Sie war Theaterleiterin, Platzanweiserin, Buchhalterin, Filmvorführerin und die eigene Putzfrau.
Auch für neue Wege war sie offen: Sie ließ auf der Bühne im Kinosaal Pop-Gruppen auftreten und Kasperle-Theater stattfinden. Trotz einbrechender Zuschauerzahlen und mehreren Zehntausend Mark Schulden gab sie nicht auf.
Im Winter 1976/1977 drehten die beiden Studenten der Münchner Hochschule für Film und Fernsehen, Doris Dörrie und Wolfgang Berndt, ein 80-minütiges dokumentarisches Porträt mit dem Titel „Ob’s stürmt oder schneit“, über die zwischenzeitlich zur Kinolegende gewordene Idealistin. Sie kämpfte mit großen Entbehrungen durch viele Höhen und finanzielle Tiefen um den Erhalt ihres Kinos.
Eine der letzten
Kino-Idealistinnen
Maria Stadler bekam fünf Mal die Bayerische Filmtheaterprämie. Bei der Verleihung des Bundesfilmbandes in Gold 1988 in Berlin wurde sie als „eine der letzten Idealistinnen des Kinogewerbes“ bezeichnet.
Vor 25 Jahren starb Maria Stadler im Alter von 80 Jahren. Mit ihrem Tod starb aber nicht das Kino in Bad Endorf.
Seit Marias Tod am 2. Dezember 1994 hat es sich eine Gruppe von Ehrenamtlichen zur Aufgabe gemacht, das Andenken an diese außergewöhnliche Frau zu erhalten. Heute heißt das Kino ihr zu Ehren „Marias Kino“ und hat sich auch überregional als Programmkino einen Namen gemacht. Neben dem aktuellen Kinoprogramm zeichnet es sich besonders durch zahlreiche Sonderveranstaltungen und Filmreihen aus. Unter anderem wurden das Kino und seine Macher mit dem Filmtheaterpreis der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien, sowie zum wiederholten Mal mit der Bayerischen Filmtheaterprämie des FilmFernsehFonds geehrt.
Jedes Jahr zu Ehren von Marie Stadler zeigt Marias Kino an ihrem Todestag das Filmjuwel „Ob’s stürmt oder schneit“. Im noch fast unveränderten Kinosaal, in dem Generationen von Endorfern lachten, staunten und weinten, bleibt Maria Stadler, die Kinomare, unvergesslich.