Stephanskirchen – Mehr Einwohner, aber weniger Energieverbrauch, diese Bilanz für die Gemeinde zog Karin Gall, die zuständige Mitarbeiterin im Rathaus, in ihrem Jahresrückblick zu Energie und Klimaschutz.
2013 und nochmals 2014 stimmte der Gemeinderat dem integrierten Klimaschutzkonzept mit Aktionsplan grundsätzlich zu. 31 Aktionsmaßnahmen wurden erarbeitet, 23 – zum Teil wiederkehrende – bisher umgesetzt. Vier Maßnahmen strich der Gemeinderat vor drei Jahren, darunter eine Wasserkraftanlage an der Sims. Diese soll bis 2022 von den Grundbesitzern gebaut werden. Vier Maßnahmen sind laut Karin Gall derzeit noch nicht umzusetzen.
Bemerkenswert: Während Stephanskirchen durchschnittlich 0,8 Prozent mehr Einwohner pro Jahr hatte, sank der Endenergieverbrauch um ebenfalls 0,8 Prozent. Sodass der Endenergieverbrauch pro Person von 31,02 Megawattstunden im Jahr 2011 auf 27,76 Megawattstunden im Jahr 2018 fiel, ein Minus von etwa zehn Prozent.
Hamberger schönt
die Gemeindebilanz
Margit Sievi (SPD) war das zu wenig: „Wir hatten für 2030 39 Prozent weniger angepeilt. Das schaffen wir nie!“ Außerdem schöne Hamberger, der alternative Energien nutze, die Bilanz ungemein, „sonst sähe es bei uns schlecht aus.“
Janna Miller (Die Grünen) wollte wissen, ob die Einsparung pro Einwohner trotz Anstieg der Bevölkerungszahl auch daran liege, das diese meist in neue oder frisch sanierte Häuser zögen. Das verneinte Professor Dr. Dominikus Bücker von der TH Rosenheim: Für ihn ist der deutlich geringere Verbrauch der Wirtschaft bei dem Wert ausschlaggebend.
Bürgermeister Rainer Auer (parteilos) hielt fest, man sei noch lange nicht am Ziel – weder beim Energieverbrauch, noch beim Konsumverhalten, geschweige denn beim Verkehr. „Aber wir haben etliches erreicht und sollten das nicht kleinreden.“
Wie im Verbund mit anderen Gemeinden noch mehr zu erreichen ist, das stellte Bücker, TH Rosenheim, Institut für nachhaltige Energieversorgung GmbH (INEV), vor. Aktuell ist das kommunale Energieeffizienznetzwerk Region Rosenheim im Aufbau. Fünf Gemeinden haben bereits beschlossen, daran mitzuwirken, in vier weiteren Gemeinderäten hat Bücker das Projekt vorgestellt, in fünf Gemeinden haben die Bürgermeister Interesse an einer Präsentation angemeldet. „So viele interessierte oder schon teilnehmende Gemeinden auf so engem Raum, das ist wirklich außergewöhnlich und toll“, freut sich Bücker.
Zweck des Netzwerkes ist zum einen der Erfahrungsaustausch der Kommunen bei den vierteljährlichen Netzwerktreffen und zum anderen die Vertiefung individueller Themen einzelner Kommunen. Es sollen Potentiale identifiziert und Ziele formuliert werden, ein Monitoringsystem kontrolliert die Schritte auf dem Weg zum Ziel und es wird Wert darauf gelegt, dass wirtschaftlich sinnvolle Maßnahmen zum Erreichen des Ziels umgesetzt werden.
Angelegt auf
zunächst drei Jahre
Ausgelegt ist das Energieeffizienznetzwerk zunächst auf drei Jahre, beteiligen sich sechs Kommunen oder mehr, gibt es eine 60-prozentige Förderung durch das Bundesumweltministerium, sodass für die Gemeinde 6500 Euro im ersten Jahr, jeweils 6000 in den nächsten beiden Jahren anfallen. Der Ablauf ist laut Bücker wie folgt: Zunächst wird die energetische Situation analysiert, es werden Einsparpotentiale identifiziert, eine Maßnahmenliste erarbeitet, Prioritäten gesetzt und ein Ziel für die Kommune und das Netzwerk erarbeitet. Danach folgen die technische und wirtschaftliche Bewertung, die Fördermittelberatung, die Umsetzung der Maßnahmen durch die Kommune mit Begleitung durch einen energietechnischen Berater. Die Maßnahmen können laut Bücker von relativen Kleinigkeiten wie Anpassung der Heizungsregelung oder Einbau von Bewegungsmeldern, Zeitschaltuhren und Tageslichtsensoren bis hin zu Großprojekten wie der Umstellung der kommunalen Flotte oder der Umrüstung der Straßenbeleuchtung reichen.
INEV stellt den Netzwerkmanager, die energietechnischen Berater, die Moderatoren und kümmert sich um die Abwicklung der Formalitäten des Netzwerks sowie die Öffentlichkeitsarbeit. INEV kann bei Bedarf auf die Kompetenzen der TH Rosenheim zurückgreifen, die Kooperation ist laut Bücker eng. Das Landratsamt und die Energieagentur Südostbayern stehen den Kommunen als Ansprechpartner zur Verfügung, weitere Partner und externe Experten werden nach Bedarf eingebunden. Bücker geht von konkreten Einsparungen bei den Energiekosten und von einer deutlichen Verminderung des CO2-Ausstoßes aus.
Ziele werden erreicht oder gar übertroffen
Die Stephanskirchner Grünen waren mit dem, was mittels des kommunalen Klimaschutzkonzeptes erreicht worden war, nicht zufrieden und hatten einen Antrag gestellt, den Aktionsplan zu überprüfen und eventuell neue Projekte zu suchen. Dementsprechend freute sich Janna Miller über die Vorstellung des Energieeffizienznetzwerks – das passe ja perfekt. Ihr Fraktionskollege Johannes Lessing fragte nach Erfahrungen aus andren Netzwerken. Laut Bücker werden die gesteckten Ziele in der Regel zu 100 Prozent erreicht oder sogar übertroffen. Was nicht für den Verkehr gelte, denn da werde nur betrachtet, was die Gemeinde direkt beeinflussen kann.
Der Gemeinderat beschloss mit 15 zu sechs – alle von der CSU – Stimmen, sich dem kommunalen Energieeffizienznetzwerk anzuschließen.