Aschau – 70000 Euro möchten Melanie Lettenbichler und Kerstin Kapitz als Anschubfinanzierung für den Waldkindergarten Aschau von der Gemeinde bekommen, sie sollen für die Anschaffung und den Ausbau eines Bauwagens verwendet werden.
Start noch in
diesem Jahr
„In den nächsten Tagen wird der Nutzungsvertrag mit dem Eigentümer des Geländes im Bereich von Brückl unterschrieben, auf dem wir unseren Bauwagen aufstellen wollen, danach werden wir den Verein Waldkindergarten im Traunsteiner Vereinsregister eintragen lassen und noch in diesem Jahr wollen wir mit dem Kindergartenbetrieb beginnen“, stellte Melanie Lettenbichler dem Aschauer Gemeinderat den eng gespannten Zeitplan für die Inbetriebnahme vor. Nachdem sich das Gremium in der Novembersitzung fast einstimmig für die Einrichtung eines Waldkindergartens ausgesprochen hatte, brachte Lettenbichler nun einige Einzelheiten zu dem Vorhaben. Waldkindergärten liegen derzeit in ganz Deutschland voll im Trend, sie sehe kein Problem, „die Einrichtung vollzukriegen“. Die Plätze seien heiß begehrt, in Prien bestehen seit der Eröffnung lange Wartelisten für die Kinder.
Aschau brauche einen zusätzlichen Kindergarten, die bestehenden Einrichtungen sind voll ausgebucht, in den kommenden Jahren fehlen absehbar entsprechende Plätze. Die Gemeinde stehe vor der Wahl, den gemeindlichen Kindergarten und den Hort erneut zu erweitern oder aber einen Waldkindergarten als zusätzliche Einrichtung in das Angebot für die Kinderbetreuung aufzunehmen. Der Gemeinde entstehen dadurch die Kosten für die Beschaffung eines Bauwagens und die laufenden Personalkosten. Diese würden aber in jedem Fall entstehen. Die Baukosten für einen festen Bau im Bereich des bestehenden gemeindlichen Kindergartens in Millionenhöhe stünden jedoch in keinem Verhältnis zu den Kosten für die Inbetriebnahme eines Waldkindergartens. Alle weiteren Kosten werden durch den Träger – einen eingetragenen Verein – getragen. Der Betrieb einer solchen Einrichtung braucht keine langen Vorlaufzeiten, da keine festen Häuser gebaut werden müssen. Ein speziell ausgebauter Bauwagen oder eine Blockhütte reichten als Schlechtwetterunterkunft vollkommen aus, der Tagesablauf für alle Kinder würde sich normalerweise ausschließlich im Freien abspielen.
Spielgruppe
macht den Anfang
Die Eröffnung des Kindergartens, zunächst vielleicht nur als Spielgruppe, könnte bereits im Mai 2020 erfolgen. Voraussichtlich könnten zu diesem Zeitpunkt 19 drei- bis sechsjährige Mädchen und Buben in der Zeit von 7.30 bis 14 Uhr aufgenommen werden. Eine Mindestanzahl sei nicht notwendig, nach oben sei die Zahl auf 24 Kinder beschränkt.
Die Betreuung soll durch drei Frauen oder Männer erfolgen, vorzugsweise Erzieher mit zusätzlicher Waldkindergartenausbildung, aber auch entsprechende Kinderpfleger. Bei Bedarf könnte in Zukunft auch eine weiterführende Hortgruppe entstehen. Der Bauwagen ist vorausschauend bereits mit klappbaren Schreibtischen geplant, damit die Hortkinder dort nachmittags ihre Hausaufgaben machen können.
Der Einzugsbereich des neuen Waldkindergartens soll sich nicht auf die Gemeinde Aschau beschränken, Kinder aus den angrenzenden Gemeinden und Landkreisen sollen ganz selbstverständlich integriert werden.
Der Verein ist verantwortlich für den gesamten Betrieb, er stellt das Personal (mit Zusatzausbildung) ein und kümmert sich um den Erhalt des Bauwagens und das genutzte Gelände. Die Eltern der Kindergartenkinder werden – wie in Waldorf- oder Montessorieinrichtungen – zu Hand- und Spanndiensten herangezogen. Lettenbichler kann sich vorstellen, dass die Gebühren nach Einkommenshöhe gestaffelt werden könnten, „wer mehr hat, kann auch mehr zum Gelingen beitragen“. Vehement wies sie zurück, dass dadurch eine Selektion und ein Elitedenken entstehen könne.
Der speziell ausgestattete Bauwagen soll ins Eigentum des Vereins übergehen und bei einer eventuell notwendigen künftigen Verlegung der Einrichtung an einen anderen Standort mit umziehen können. Der Hinweis aus dem Gremium, für den stolzen Preis von 70000 Euro könne man mehrere Blockhütten mit gleicher Grundfläche bauen, wurde nicht beachtet.
Wasser wird
angeliefert
Eine Wasser- und Stromversorgung ist nicht vorgesehen. Das notwendige Gebrauchswasser muss von den Eltern täglich in Kanistern angeliefert werden, Strom soll durch eine Solaranlage gewonnen werden. Sanitäre Anlagen für die Kinder sind ebenfalls nicht geplant, speziell ausgeschilderte „Bieselbäume“ im Gelände sind für das kleine Geschäft vorgesehen, für das große wird eine Torftoilette vorgehalten.
Das Händewaschen vorher und nachher sowie vor dem Essen soll durch das täglich angelieferte Wasser möglich gemacht werden. Im Bauwagen ist ein Ofen vorgesehen. Als Lettenbichler vorschlägt, die Heizung durch Leseholz aus dem „eigenen Wald“ zu betreiben, verspricht Gemeinderat und Waldbauer Sebastian Pertl der Einrichtung jährlich ein Ster Holz ofenfertig zur Verfügung zu stellen. Im Priental gebe es genügend Holz, sodass kein Kind frieren müsse.
Die Zufahrt von der Staatsstraße und ein Parkplatz sollen noch aufgekiest werden, um eine geordnete An- und Abfahrt der Eltern sicherzustellen. Der Weg wird durch die Gemeinde nicht geräumt und nicht gesandet.
Da die Waldkinder auch aus der Region kommen, ist eine Einrichtung – vergleichbar dem Aschauer Frischluftbus – am Südrand der Gemeinde nicht möglich. Die Frage, wie weitgehend eine Entlastung der angespannten Aschauer Kindergartenlage durch den Waldkindergarten sei, wenn die Kinder nicht nur aus der Gemeinde, sondern aus der gesamten Region kommen, blieb unbeantwortet.