Vogtareuth – „I genier mi so.“ Diesen Satz hören die Mitglieder der Vogtareuther Bürgerhilfe derzeit oft, wenn sie ans Telefon gehen und sie sind ganz und gar nicht glücklich darüber. Denn zum Genieren, also sich schämen, besteht überhaupt kein Grund, wenn man dort anruft und um eine Einkaufshilfe – nachfragt.
Schließlich geht es nach dem Selbstbild des Vereins, der im letzten Jahr gegründet worden war, nicht um Unterstützung, um eine ganz selbstverständliche Solidarität unter den Vogtareuthern. Wenn eine oder einer wegen des Corona-Virus besser zu Hause bleiben sollte, als einkaufen zu gehen, aus welchen Gründen auch immer, dann ist es keine Frage, dass andere das für ihn miterledigen.
Was, wie Bürgermeister Rudolf Leitmanstetter zu erzählen weiß, auch der Zuspruch beweist, den die Corona-Hilfe des Bürgerhilfevereins erfährt. Es komme, so sagt er, Unterstützung von allen Seiten. Da ist zum Beispiel die Landjugend, die ganz selbstverständlich den Flyer austrug, auf denen man das Angebot vorstellte, und auch sonst gäbe es eigentlich kontinuierlich Leute, die ihre Mitarbeit anböten, darunter auch viele jüngere. Studenten zum Beispiel, oder Leute, die im
Homeoffice arbeiteten und deshalb im Moment ihren Tagesablauf flexibler gestalten könnten.
Auch ein kleiner
Ratsch hilft
Und Andrea Maier, die derzeit häufig das Telefon der Bürgerhilfe bedient, setzt sogar noch eins drauf: „Natürlich“, so sagt sie lachend, „ist, wenn man möchte, mit dem Anruf auch ein kleiner Ratsch inbegriffen“. Schließlich sei der Weg zum Einkaufen ja immer auch eine Gelegenheit, um Neues aus dem Dorf und aus der Welt zu erfahren „und wenn das wegfällt, dann fehlt das mindestens ebenso, wie die Waren selbst“.
Auch der Vorsitzende des Vereins, Thomas Gögerl, findet diese Möglichkeit zum Reden wichtig.
So wichtig, dass er meint, auch wer keine Einkaufsliste habe, sondern einfach nur mal wieder mit jemand reden wolle, soll anrufen: „Momentan werden ja selbst bei jenen, die im näheren Umfeld Familie haben, die Besuche weniger. Aus Angst, man könne bei den Eltern, könne bei Oma und Opa den Virus einschleppen, trauen sich viele nur noch selten hin“.
Andererseits seien selbst jene, die noch einen Ehepartner hätten, froh, wenn sie mal mit jemand anderem ein paar Worte wechseln könnten.
Selbstgemaltes
in der Einkaufstüte
Für die Bürgerhilfe das Ganze eine ideale Möglichkeit, um gewissermaßen den eigentlichen Start schon mal zu üben, denn ihre „richtige“ Arbeit darf sie erst in einigen Wochen aufnehmen, vorher muss noch ein bisschen Papierkrieg abgewickelt werden.
Die Corona-Hilfe ist gewissermaßen ein Vorgriff, der nur ein Teil des Angebotes umfasst, das später vorhanden sein soll, aber dennoch Praxis, in der sich der Betrieb schon einmal einspielen kann. Und auch bei der Corona-Hilfe zeigt sich, was schon bei der Gründungsversammlung des Bürgerhilfe-Vereins im Oktober letzten Jahres deutlich wurde: An guten Ideen ist kein Mangel. So ist man seit letzter Woche auch dabei, Mundschutz-Tücher zu nähen.
Wer einen Mundschutz haben möchte, so Thomas Gögerl, soll sich einfach per Telefon oder E-Mail melden, die Verteilung erfolgt, sobald man einen ersten Schwung der Tücher fertiggestellt hat. Und natürlich seien auch noch Leute willkommen, die beim Nähen mithelfen wollten.
Doch es sind nicht nur die großen Ideen, die die Sache rund machen. Der Kinder- und Jugendförderverein zum Beispiel hatte den Einfall, die Kinder könnten Bilder malen, die dann den Einkaufstüten beigegeben würden.
Eine Idee mit Doppelnutzen: Die Kinder haben in dieser Zeit, in der auch sie mehr als sonst beschäftigungslos rumsitzen, eine Aufgabe, die sinnvoll ist und diejenigen, die zu ihrem Eingekauften auch noch ein Bild bekommen, gewissermaßen einen liebevollen „Gruß von draußen“.
Was dann auch noch einmal den gemeinsamen Wunsch von Verein wie auch von Bürgermeister Rudolf Leitmanstetter unterstreicht: Anrufen, ratschen – und bloß nicht genieren.