Kiefersfelden – Den Einschränkungen und Auflagen der Corona-Bewältigung geschuldet, setzte sich der neu gewählte Gemeinderat zu seiner konstituierenden Sitzung in der Schulturnhalle mit dem gehörigen Abstand zusammen. Und nicht nur die räumliche Trennung war offensichtlich, auch in der Beurteilung der Tagesordnungspunkte gab es erhebliche Diskrepanzen. Denn der neu gewählte Rat, mit der absoluten Mehrheit der Unabhängigen Wählergemeinschaft (zehn von 20 Sitzen plus Bürgermeister), könnte aufgrund personeller Veränderungen bei der CSU und den neuen Grünen streitbare Gegner haben. Erste Anzeichen gab es gleich in der ersten Sitzung.
Dank für die
ausgezeichnete Arbeit
Eingangs der konstituierenden Sitzung dankte zunächst der alte und neue Bürgermeister Hajo Gruber (Unabhängige Wählergemeinschaft/UW) den scheidenden Gemeinderäten, „die eine ganz ausgezeichnete Arbeit geleistet haben“ und gratulierte zugleich den zwölf Neugewählten, mit denen er sich „eine glückliche Mischung im Gemeinderat“ versprach.
Wichtig für ihn sei auch, „dass wir schnell einen konstruktiven Arbeitsmodus finden, denn es wird wegen der Corona-Pandemie keine turnusgemäßen monatlichen Sitzungen mehr geben“. Die Hauptarbeit wird seiner Meinung nach auf absehbare Zeit „in den Ausschüssen stattfinden“.
Nach der Vereidigung der neuen Gemeinderatsmitglieder standen die Wahlen der stellvertretenden Bürgermeister auf der Agenda, wobei es fast zu einem Eklat gekommen wäre. Der Rathauschef legte dazu „in Vorabsprache mit den Parteien“ folgenden Vorschlag auf den Tisch: Zweiter Bürgermeister sollte Ralf Wieser (SPD) und Dritter Bürgermeister Josef Goldmann (UW) werden. Doch dem wollte die CSU mit ihrem Sprecher Tobias Fritz so nicht folgen, schickte ihrerseits noch Stefan Schroller ins Rennen für den Posten des Dritten Bürgermeisters, „denn aufgrund des Wahlergebnisses wollen wir einen Kandidaten der CSU auf einem der Vertreterposten sehen“, so Fritz.
Geschacher
um die Posten?
Er brachte auch ein mögliches Postengeschachere von UW und SPD ins Spiel mit dem Ziel, einen stellvertretenden Bürgermeister aus den Reihen der CSU, der zweitstärksten Fraktion im Gemeinderat, verhindern zu wollen. Schroller wollte gar von einem zuvor bereits erfolgten „Aushandeln der Entschädigungspauschale“ gehört haben. Dies wiesen sowohl der Bürgermeister als auch die betroffenen Gemeinderäte Ralf Wieser und Josef Goldmann zurück.
Grundsätzlich beträgt in Kiefersfelden die Aufwandsentschädigung für den Zweiten Bürgermeister elf Prozent der monatlichen Grundvergütung des amtierenden Bürgermeisters, die des Dritten Bürgermeisters liegt bei 5,5 Prozent. Allerdings, und das wiederum entspricht den Tatsachen, haben sich die beiden Kandidaten auf ein „Pari“ geeinigt. Das heißt, im Falle der Wahl erhalten beide jeweils 8,25 Prozent der Aufwandsentschädigung, sodass die Summe gleich bleibt.
Dieser Vorschlag fand auch beim Rathauschef Gefallen, zumal die Aufwandsentschädigung auch noch „weit unter dem in der Bayerischen Gemeindeordnung festgelegten Limit liege“, wie dies Geschäftsführer der Gemeinde, Michael Priermeier, auf OVB-Anfrage bestätigte. Schlussendlich brachten dann die Wahlen die Entscheidung. Ralf Wieser (SPD) wurde mit 19 von 21 Stimmen zum Zweiten Bürgermeister gewählt, in der Stichwahl um den Posten des Dritten Bürgermeisters setzte sich anschließend Josef Goldmann (UW) knapp mit 12 Stimmen gegen seinen CSU-Kontrahenten Stefan Schroller (9) durch.
Bei den Personalien für die Ausschüsse gab es dann wieder Burgfrieden unter den Parteien, alle Vorschläge fanden Beachtung. Die Benennung der Kandidaten des Rechnungsprüfungsausschusses, dessen Mitgliederzahl mit der Mehrheit des Gemeindeparlaments auf sechs Sitze erhöht wurde, erfolgte allerdings noch nicht, sie wurde wegen aktuell nicht zu klärenden Unstimmigkeiten über die Anzahl der jeweiligen Fraktionsmitglieder auf die nächste Sitzung vertagt.
CSU-Antrag
wird abgelehnt
Und letztlich sorgte ein weiterer Antrag der CSU noch für Gesprächsstoff. Der soeben zum CSU-Fraktionsvorsitzenden gewählte Tobias Fritz schlug vor, zu den Sitzungen eine Liste bereitzustellen, auf der die teilnehmenden Gemeinderäte durch Setzen eines Kreuzes hinter ihrem Namen auf die Hälfte ihres jeweiligen Sitzungsgeldes zugunsten karitativer Einrichtungen, namentlich hier die „Kieferer Tafel“ und der „Tierschutzverein Rosenheim“, verzichten sollten.
Neben sicher auch datenschutzrechtlich relevanten Einwänden zeigten sich viele Gemeinderäte doch überrascht, warum ausgerechnet diese beiden Institutionen bedacht werden sollten, gibt es „doch in der Kiefer eine ganze Menge karitativer Einrichtungen“, so der Bürgermeister. Grundsätzlich fand er den Vorschlag „sehr nobel“, aber nicht mit Liste und Kreuzchen, sondern entsprechend der alten Philosophie „Tue Gutes – aber rede nicht darüber“. So oder so ähnlich, sah das auch die Mehrheit des Gemeinderates, der diesen Antrag schlussendlich ablehnte.
Fraktionssprecher sind jetzt Sebastian Bleier (UW), Tobias Fritz (CSU) und Anna Klein (SPD). Flüchtlingskoordinatorin ist Ute Gierlinger, Behindertenbeauftragte Claudia Huber, Seniorenbeauftragte Isabella Plattner und Jugendbeauftragte Anna Klein.