Zurück zu den Wurzeln

von Redaktion

Nach mehr als 40 Jahren im Handwerk übergibt Kunstschmied Thedy Metzler seine Schmiede in Aschau an die Messer-Meister Luca Distler und Florian Pichler. Am 1. Juni zieht das Messer-Werk dorthin um. Metzlers Lebenswerk geht damit an seinen ehemaligen Lehrling.

Aschau – Lodernde Flammen, die Glut so heiß, dass selbst härtester Stahl weich und biegsam wird. Das klirrende Geräusch vom Hammer, der auf den Amboss schlägt – Alltag in einer Schmiede. Nach 40 Jahren in diesem Geschäft zieht sich Kunstschmied Thedy Metzler aus Aschau jetzt zurück. Seine Kunstschmiede am Hofbichl übergibt er an Luca Distler und Florian Pichler, die am 1. Juni mit ihrem weit über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannten Messer-Werk dort einziehen. „Ich bin sehr froh, dass meine Schmiede auch eine Schmiede bleibt. Und die Jungs mein Lebenswerk fortführen“, sagt Thedy Metzler.

Alles begann
in Opas Schmiede

Eigentlich wollte Thedy Metzler nach dem Abitur Elektrotechnik studieren. „Das Zeugnis war dann doch nicht so toll. Und ich habe schon immer gerne mit meinen Händen gearbeitet. Also habe ich mich für eine Ausbildung entschieden“, sagt er. Schon sein Opa war Schmied und hatte eine kleine Werkstatt zu Hause. „Dort habe ich als Bub schon viel Zeit verbracht und das Handwerk entdeckt“, sagt Metzler. Die Faszination und Freude am Beruf war so groß, dass er die Studienpläne über Bord geworfen hat. „Das habe ich nie bereut“, sagt er. Selbstständig ist Metzler seit 1986. Knapp zehn Jahre später, im Jahr 1995, erfüllte er sich seinen Traum: Er kaufte das Grundstück Am Hofbichl in Aschau und ließ dort seine Kunstschmiede bauen. Nach 25 Jahren kam die Entscheidung, „sozusagen in den Ruhestand“ zu gehen. „So ganz aufhören werde ich noch nicht“, sagt Metzler. Aber jetzt sei der richtige Zeitpunkt gekommen.

Der 59-Jährige wollte schon immer mit 60 in Rente gehen. „Ich habe immer sehr viel gearbeitet. Bis zu 60, 70 Stunden pro Woche. Jetzt will ich nur noch Dinge tun, die Spaß machen“, sagt er. Dafür kehrt er wieder in die Schmiede seines Opas zurück. Dort, wo alles begann. Da will er sein Kunsthandwerk im kleinen Umfang weiterführen. Aber auch in Haus und Garten gebe es viel zu tun. Und wenn dann noch Zeit übrig bleibt, dann möchte er die heimische Bergwelt genießen. „Ich war in meinem Leben erst einmal auf dem Gipfel der Kampenwand“, sagt er. Und das obwohl seine Schmiede am Fuß des Berges liegt.

In Metzlers Schmiede fühlt man sich, wie aus der Zeit gefallen. Ein wuchtiger Amboss steht mitten im Raum, an den Wänden hängen Hammer, Zangen und allerlei Werkzeug. Der Geruch von Eisen hängt in der Luft. „Es war mir wichtig, dass meine Schmiede auch wie eine Schmiede aussieht. Und nicht wie eine Kartonagen-Fabrik“, sagt er.

Die Faszination
von Feuer

Thedy Metzler liebt seinen Beruf. So wie das Feuer, das in seiner Schmiede lodert, brennt er für das Kunstschmiedehandwerk. „Feuer ist etwas Faszinierendes. Wie ein Fluss, der sieht auch nie gleich aus“, sagt er. Es sei auch die Kraft des Feuers, die starres Material wie Eisen oder Stahl weich und formbar macht. „Erst dann kann man überhaupt damit arbeiten“, sagt er und seine Augen beginnen zu strahlen. Umso besser, dass die Kunstschmiede in Zukunft nicht zweckentfremdet wird. Denn Luca Distler (38) und Florian Pichler (39), Gründer und Betreiber des Messer-Werks in Aschau, ziehen dort am 1. Juni ein. Mit ihrer Leidenschaft für das Schmiedehandwerk stehen die beiden Thedy Metzler ins Nichts nach: Auch sie brennen für das, was sie tun. In detailverliebter Handarbeit schmieden sie Klingen aus Damaszenerstahl, die so scharf sind, dass sie ein Blatt Papier in der Luft zerteilen könnten.

Die Erfolgsgeschichte der Messer-Macher begann 2005. Ganz klein in einer Schmiede in Frasdorf. 2009 zogen sie in ihre jetzige Schmiede nach Aschau um. Seitdem ging es karrieretechnisch steil bergauf. Jetzt brauchen sie mehr Platz.

Der Kontakt zu Thedy Metzler entstand nicht erst auf der Suche nach einer neuen Schmiede. „Ich habe meine Lehre damals hier bei Thedy gemacht“, sagt Luca Distler. Kurz bevor Metzler seine Schmiede ausschreiben lassen wollte, seien die drei zusammengekommen. Distler und Pichler, die seit dem Kindergarten Freunde sind, haben Metzler auch als Teenager häufig besucht – fasziniert, von dem, was er da tat. Und so ist der Umzug, wie ein nach Hause kommen, sagt Florian Pichler. Das Messer-Geschäft des gelernten Kunstschmieds und des ausgebildeten Zahntechnikers läuft gut. Jedes Messer aus Damaszenerstahl ist ein Unikat. Liebevoll in Handarbeit hergestellt – made in Aschau. Für die Griffe verwenden sie feinste Hölzer aus Deutschland und der Welt, aber auch exotische Materialien wie Kamelknochen und Mammut-Elfenbein. „Wenn in Sibirien die Schneeschmelze einsetzt, werden häufig Mammutstoßzähne gefunden. Wenn man gut vernetzt ist, was wir mittlerweile sind, dann kommt man da auch dran“, sagt Pichler.

Kundschaft in
der ganzen Welt

Abnehmer haben die beiden auf der ganzen Welt. Ihre exklusiven Klingen – die Preise für die Einzelstücke liegen im vier- bis fünfstelligen Bereich – verkaufen sie mittlerweile rund um den Globus. Viele Sonderanfertigungen und Liebhaberstücke gehen in den arabischen Raum. Aber auch Jäger und Köche gehören zu ihren Kunden. Einen Nachfolger für Distlers und Pichlers Schmiede gibt es noch nicht. „Wir hoffen aber, dass sich jemand findet, der sie übernehmen möchte“, sagt Distler. Jemand, der ebenfalls die Tradition des Handwerks schätzt.

Thedy Metzler ist zufrieden mit seinen Nachfolgern: „Ich bin sehr froh, dass die Jungs die Schmiede übernehmen und sie so bleibt, wie sie ist.“ Er besitzt noch keine Klinge aus dem Messer-Werk von Luca Distler und Florian Pichler. „Vielleicht ein Projekt für den Ruhestand“, sagt Thedy Metzler und lacht.

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