Vogtareuth – „Es geht wieder voran“ – Gerhard Rinser ist sichtlich froh. Denn zwar ist die Gemeindeentwicklung in Vogtareuth, zu deren Teilnehmergemeinschaft er gehört, ein Projekt, das auf viele Jahre hin angelegt ist. Aber jetzt, da nach einer langen Vorbereitungszeit die ersten Maßnahmen konkret umgesetzt werden sollen, steigt die Spannung, sind auch ein paar Wochen coronabedingter Verzögerung äußerst lästig: „D‘ Leit woin jetzt ned imma bloß hearn, dass se was duat, sie woins a seng“.
Das Erste, was man in Vogtareuth wird sehen können, ist ein Fußweg zwischen Rosenheimer Straße und Kirchweg, der an der Schule entlangführt und nicht nur für Schulkinder, sondern auch für viele andere Vogtareuther eine willkommene Abkürzung sein wird. Er soll auf jeden Fall noch in diesem Herbst fertiggestellt werden, sozusagen als erstes sichtbares Zeichen für die Umsetzungsmaßnahmen. Im Verlauf des nächsten Jahres hofft man dann bereits mit dem „großen“ zentralen Vogtareuther Vorhaben, der Umgestaltung von Moos- und Vogteiweg, beginnen zu können.
Ohne Anlieger-Termin
keine weitere Planung
Wesentliche Voraussetzung für alle Maßnahmen sind Vorort-Termine mit den Anliegern. Im Falle des neuen Verbindungsweges hätte der Termin schon im März stattfinden sollen, musste aber dann um acht Wochen verschoben werden – was auch das Vorhaben als Ganzes verzögert, denn ohne Ortstermin keine weitere Planung. Schließlich ist es das Kennzeichen aller Gemeindeentwicklungsprojekte, dass sie nichts sind, was den Bürgern – und vor allen den Anliegern – sozusagen von Amts wegen übergestülpt wird. Diese sollen vielmehr beteiligt sein, nicht nur allgemein bei den vorbereitenden Überlegungen, sondern auch konkret in der Umsetzung, und da ist das dann wirklich ganz handfest gemeint: Sie haben die Chance, im Zuge der Maßnahmen auch das eigene Grundstück zu verbessern und dafür öffentliche Fördermittel erhalten zu können. Beim kleinen neuen Weg betrifft das zum Beispiel Johannes Herzog. Denn wie der Ortstermin zeigt, bietet es sich an, bei der neu zu schaffenden Einmündung des kleinen Wegs auf den Gehsteig der Rosenheimer Straße auch seine unmittelbar daneben liegende Hofeinfahrt mit zu berücksichtigen. Dort ist nämlich der Gehsteig so unglücklich geneigt, dass bei ordentlichem Regen Herzogs Einfahrt zur Abflussrinne wird. Und wenn der Bagger schon mal da ist, kann er auch gleich zwei eigentlich überflüssige Begrenzungssäulen entfernen und die alte Asphaltdecke der Einfahrt rausreißen. Sie wird durch einen passenderen Belag ersetzt. Dies zwar dann auf eigene Kosten, aber eben mit Fördermitteln, die sich auf bis zu einem Drittel der entsprechenden Maßnahme belaufen können. Die Förderobergrenze liegt pro Grundstück bei 50000 Euro.
Was alles möglich – und nicht zuletzt was alles förderungswürdig ist, von der Fassadenrenovierung bis zur Heizungserneuerung – wird bei solchen Terminen von fachlich kompetenter Seite erläutert: Der Architekt Gerhard Hajer ist vom Amt für Ländliche Entwicklung, dem staatlichen Part der Dorfentwicklung, genau damit beauftrag: Vor Ort, mit den betroffenen Anliegern, auszuloten, wie man die anstehenden Vorhaben wirklich rund werden lassen könnte. Und gibt dabei gleich auch wertvolle Tipps, die durchaus über Ratschläge zur Fassaden- oder Zaungestaltung hinausreichen können.
Johannes Herzog zum Beispiel will zwar seine unnützen Einfahrtssäulen loswerden, den Baum daneben aber erhalten, nicht zuletzt, weil sich die Schulkinder beim Warten auf den Bus an heißen Tagen gern in seinen Schatten stellen, wie er sagt. Architekt Gerhard Hajer aber musste ihm raten, auch den Baum zu entfernen: Der sei jetzt schon vom Eschentriebsterben befallen und habe vielleicht noch eine Lebenszeit von zwei Jahren. Besser also ihn jetzt gleich, im Zuge der Umbaumaßnahmen, durch einen anderen, möglichst auch eine andere Baumart, zu ersetzen.
Ein Beispiel für die Bürgerbeteiligung der Gemeindeentwicklung gab die Ortsbegehung auch in Zaisering. Dort wird das große Vorhaben die Umgestaltung des Areals hinter Feuerwehrhaus und Kindergarten sein, auf dem jetzt der Wochenmarkt stattfindet. Nichts was von jetzt auf gleich passieren kann, denn alle Beteiligten – neben Architekt Gerhard Hajer, Gerhard Rinser von der Teilnehmergesellschaft der Dorferneuerung, Bürgermeister Rudolf Leitmannstetter sowie sein Stellvertreter Hans Bürger-Schuster – waren sich einig, dass das Areal das Potenzial habe, die jetzt schon schöne Ortsmitte Zaiserings noch einmal deutlich aufzuwerten. Allerdings, so die einhellige Meinung, ist das dann auch nichts, was man übers Knie brechen kann. Schon allein deswegen, weil hier ausführliche Diskussionen nicht zuletzt im neuen Gemeinderat die unbedingte Voraussetzung sein werden, um verschiedene Alternativen durchzudenken.
Eine Bücherzelle
für Zaisering
Dennoch möchten die Anlieger natürlich wissen, mit welchen groben Zeitvorstellungen sie hier zu rechnen haben: Ist es sinnvoll, einen altersschwachen Zaun vorher noch zu ersetzen, oder lohnt es sich, auf die Neugestaltung des Geländes zu warten. Hier gab die Ortsbegehung zumindest eine erste Orientierung –- Zaun jetzt erneuern – konnte dafür andernorts schon wieder ganz konkret werden: Vor dem Kindergarten soll im Lauf der nächsten Wochen eine Telefonzelle aufgestellt werden, die, wie schon in Vogtareuth am Rathaus, Bücher zum Hinbringen und Mitnehmen enthalten wird.
Ein kleines Vorhaben, sicher, das man aber, wie Hajer meint, keinesfalls gering schätzen sollte: Es seien am Ende nicht zuletzt die vielen kleinen Schritte, die das Gesamtbild eines Ortes prägten. Genau deshalb lege ja die Gemeindeentwicklung so viel Wert darauf, die Privatleute in den entsprechenden Gemeinden zu eigener Verschönerung und Erneuerung anzuregen. Das Beste daran: Wer in Vogtareuth, Zaisering oder Straßkirchen daran Interesse hat, kann sich auch jetzt noch bei der Gemeindeverwaltung oder der Teilnehmergemeinschaft der Gemeindeentwicklung melden und mitmachen.