Priental – Wer auf dem Land kein eigenes Auto hat, der ist auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen. Doch die Busse fahren oft nicht alle Dörfer an. Dafür gibt es im Priental den Bürgerbus, der ausschließlich von ehrenamtlichen Fahrern betrieben wird. Ab Juni fährt er nach zweimonatiger Corona-Zwangspause wieder. Allerdings mit schlankerem Fahrplan. Denn nicht alle Fahrer können derzeit ihre Dienste anbieten.
Elf von 27 Fahrern nehmen Dienst auf
„Da wir ausschließlich ehrenamtliche Fahrer haben, sind diese oft in einem Alter, in dem sie auch Zeit für diese Tätigkeit haben“, sagt Hans Zagler, Koordinator des Bürgerbusses und Geschäftsführer der Rosenheimer Verkehrsgesellschaft (RoVG) für den Bereich Landkreis Rosenheim. Viele Fahrer seien selbst schon älter und zählen zu den Risikogruppen. Einige pflegen zu Hause Angehörige, die besonderen Schutz vor dem Virus brauchen.
Von den 27 Ehrenamtlichen nehmen im Juni elf Fahrer ihren Dienst wieder auf. „Die Entscheidung der Fahrerinnen und Fahrer, sich noch nicht hinters Steuer zu setzen, ist absolut berechtigt und verständlich“, sagt Zagler. Sich selbst oder andere in Gefahr zu bringen, sei laut Zagler natürlich keine Option.
Da derzeit nicht genügend Fahrer zur Verfügung stehen, ist der Bürgerbus jetzt zunächst mit dem Winterfahrplan unterwegs. Dreimal pro Woche fährt die an den RVO angebundene Linie 9480 Montag, Mittwoch und Freitag wieder zu den gewohnten Zeiten. Angefahren werden wie gehabt zehn Gemeinden in den Landkreisen Rosenheim (Prien, Amerang, Eggstätt, Bad Endorf, Rimsting, Gstadt, Breitbrunn) und Traunstein (Pittenhart, Obing, Seeon-Seebruck). Da der 1. Juni der Pfingstmontag, und somit ein Feiertag ist, geht es am Mittwoch, 3. Juni, dann wieder los.
Die letzte Fahrt des Bürgerbusses war am 20. März. Dann kam der Lockdown. Nach der Zwangspause freuen sich jedoch einige Fahrer, dass sie jetzt bald wieder ihre Runden drehen können. So auch Franz Gmeiner aus Mauerkirchen. Er ist der erste Fahrer, der sich am Mittwochmorgen wieder ans Steuer setzt. „Ich freue mich, wieder Kontakt zu unseren Fahrgästen zu haben. Während der Corona-Pause und der wochenlangen Abschottung hat vor allem der persönliche Kontakt gefehlt“, sagt er. Seit seiner Pensionierung vor gut drei Jahren engagiert er sich ehrenamtlich als Fahrer des Bürgerbusses. „Ich will gerne etwas an die Gesellschaft zurückgeben. Viele Ältere aber auch Asylbewerber auf dem Land sind auf den Bus angewiesen“, sagt Gmeiner.
Auch ein Hamburger fährt im Priental den Bürgerbus: Rolf Lehnhardt ist vor zehn Jahren aus dem Norden nach Prien gezogen. Und fast genauso lange fährt er auch schon mit dem Kleinbus die Chiemsee-Gemeinden ab. „Man tut eine gute Sache“, sagt er. Oft seien es die gleichen Leute, die an der Bushaltestelle auf ihn warten. „Man kennt sich schon“, sagt Lehnhardt. Zu seinen Stammgästen habe er sehr guten Kontakt. Diese habe er in den vergangenen zwei Monaten auch sehr vermisst.
Freude, wieder
helfen zu können
Vor allem aber freut sich Lehnhardt, wieder helfen zu können. „Wir fahren die Leute regelmäßig zum Arzt oder in Kliniken. Zu wissen, dass ich diese Aufgabe nicht erfüllen konnte, das war kein gutes Gefühl“, sagt er. Die Angst vor dem Coronavirus bremst ihn nicht aus, die Fahrt wieder aufzunehmen.
Damit sich weder die Fahrgäste noch die Fahrer im Bürgerbus mit dem Virus anstecken, gelten die Hygieneregeln. Der Beifahrersitz muss frei bleiben und alle Fahrgäste müssen einen Nasen- und Mundschutz tragen.
Im März 2003 nahm der Bürgerbus Chiemsee seinen Betrieb auf. Pro Jahr befördern die ehrenamtlichen Fahrer knapp 6000 Personen und legen auf ihrer Route rund 70000 Kilometer zurück.