Wasserburg – Der Zettel mit den Fragen kann getrost bei Seite gelegt werden, das Gespräch mit ihr läuft von ganz allein. Sidney Parsons spricht geradeheraus, sie ist auf gewinnende, sympathische Art extrovertiert, das einstündige Interview mit ihr ist im Nu vorbei. Eine Sportsfrau mit Pep – und völlig unkompliziert.
Basketball
ist ihr Leben
Ihr Leben, das ist Basketball, und als Trainerin der Frauen-Basketballmannschaft des TSV 1880 Wasserburg hat sie eine Aufgabe, die ihr wie auf den Leib geschneidert ist. Mit dem Verein, der schon achtmal deutscher Meister war, geht sie nun in die dritte Saison, den Vertrag mit dem Bundesligisten hat sie vor Kurzem verlängert.
Mit ihren gerade 32 Jahren – Parsons verfügt über die deutsche und US-amerikanische Staatsbürgerschaft – war sie schon in vielen Orten in der Welt aktiv. Geboren in Arizona, USA, machte sie sich in Deutschland ab 2010 zuerst in der 1. und 2. Liga in Chemnitz, Keltern und Viernheim einen Namen, dann spielte sie in Australien, wo sie auch als Trainerin tätig war, um dann wieder in der deutschen Provinz zu landen, in Nördlingen.
Wasserburg ist
jetzt ihre Heimat
Wo es am schönsten war? „In Deutschland gefällt mir auf jeden Fall Wasserburg am besten“, bekennt sie, ohne zu zögern. „Das ist wie meine Heimat.“
Hier wie dort hat sie Erfolge erzielt, Erfahrungen gesammelt, als Spielerin und als Coach. „Ich habe die Fahrten von Nördlingen bis Osnabrück gemacht und weiß, wie schwer die Beine danach sind. Ich weiß, wie die Spielerinnen ticken. Und sie können auch offen mit mir reden.“
Sidney Parsons hat das, was man natürliche Autorität nennt. Vor knapp zwei Jahren übernahm sie in Wasserburg den Trainerposten, und schon in ihrer ersten Saison kam ihr Team in der Bundesliga auf den dritten Platz. In der Spielzeit 2019/2020 stand sie mit Wasserburg zuletzt auf Platz zwei. „Die Play-offs standen vor der Tür, und der komplette Kader war endlich wieder einsatzbereit und fit – und dann kam Corona dazwischen und auf einmal war alles vorbei. Ich hatte das Gefühl, dass wir gute Chancen für die Play-offs hatten“, ist Parsons überzeugt. Doch nun geht es in eine neue Runde. Zunächst konzentriert sie sich auf den Trainerschein – die A-Lizenz will sie Ende August schaffen. Für die Basketball-Leidenschaft hat sie mittlerweile ihr Jura-Studium in Los Angeles an den Nagel gehängt, obwohl ein Stipendium dafür zur Verfügung stand. „Ich wollte mit dem Basketball weitermachen.“ Ein Schritt, den sie nicht bereut. „Ich bin glücklich mit dem, was ich tue“, sagt sie und strahlt.
Der Verein, das Team stünden ihr voll zur Seite. „Ich habe vom ersten Tag an komplette Unterstützung gehabt.“ Als Trainerin hat sie einen Vollzeitjob, der ihr sehr viel Selbstdisziplin abverlangt, ihr Programm läuft nach einem genauen Zeitplan ab. Doch den einzuhalten, fällt ihr nicht schwer. Sie ist ein strukturierter Mensch: „Die Disziplin hab‘ ich bei meiner Mama gelernt.“
Und wie ernährt sie sich als Hochleistungssportlerin? „Ich versuche, gesund zu essen, Kartoffeln, Gemüse, gerne Fleisch – aus der Region.“ Schokolade mag sie aber auch. Und gibt damit zu verstehen: Ein bisschen sündigen wird man ja wohl noch dürfen.
Auch ein Herz
für die Jugend
Das Training für die Profispielerinnen ist mittlerweile wieder in Gang gekommen, in der Badria-Halle wird dreimal in der Woche jeweils eine Stunde geübt, an den anderen Tagen ein Fitnessprogramm absolviert. Darüber hinaus nimmt sich Parsons auch der Jugend an, die ihr sehr am Herzen liegt. „Das Training macht echt viel Spaß“, sagt sie und lächelt.
Am 24. Oktober soll die Saison wieder starten. Bedauerlich findet es Parsons, dass die Aufmerksamkeit für ihren Sport in der Öffentlichkeit zu wünschen übrig lasse. „Das finde ich ein bisschen schade angesichts der Leistungen, die die Mädels bringen.“
Ob sie Heimweh nach Arizona verspürt, wo ihre Eltern und ihre beiden Brüder leben? „Ab und zu schon, aber ich bin seit zehn Jahren weg von zu Hause“, so Parsons. Wobei sie deutsche Wurzeln hat – ihre Mutter stammt gebürtig aus Altmannstein in der Nähe von Ingolstadt.
Keine Unterstützerin
von Donald Trump
Regelmäßig telefoniert sie nach Arizona, was sie von dort hört, macht ihr freilich Sorgen – Corona grassiert heftig auch in diesem US-Bundesstaat. Die amerikanische Politik verfolgt sie aufmerksam („Ich bin kein Trump-Unterstützer“), und natürlich hat sie auch der Tod von George Floyd bewegt. „Ich finde diese ganze Geschichte echt traurig, zurzeit ist es drüben total schwierig.“ Lust, nach Amerika zu reisen, hat sie gegenwärtig nicht. Und was treibt Sidney Parsons außerhalb des Basketballs? „Wenn ich einen freien Tag habe, wird gewandert oder geschwommen oder ich fahre Fahrrad. Ich liebe die Natur, liebe es, draußen zu sein.“ Gern pflegt sie auch ihren kleinen Garten, mit all den Blumen, die sie gepflanzt hat.