Für eine vielfältigere Landwirtschaft

von Redaktion

Bezahlt wird die Arbeit, nicht das Produkt – nach diesem Grundsatz agiert die Jolling e.G. aus Bad Endorf. Die Anfang 2020 gegründete Erzeuger-Verbraucher-Genossenschaft hat inzwischen 270 Mitglieder, die sich für einen solidarischen und regionalen Gemüseanbau einsetzten.

Bad Endorf – „Bei uns trägt der Verbraucher das Risiko eines Ernteausfalls gleichermaßen mit wie der Erzeuger“, sagt Johannes Schindhelm, einer der Gründer der Jolling e.G. Seit 2016 betreibt er die Gärtnerei Jolling in Bad Endorf, die auch Mitgliedsbetrieb der Erzeuger-Verbraucher-Genossenschaft ist. Frisst ihm der Kartoffelkäfer die Ernte kaputt, muss er sich aber keine Sorgen machen. Denn seine Arbeit wird trotzdem bezahlt. Dank des solidarischen Prinzips der Genossenschaft.

Aus Solawi wurde
Genossenschaft

Ihren Ursprung hat die Genossenschaft auf dem Kainzlbauernhof in Jolling. Der demeterzertifizierte Milchviehbetrieb wollte kleine Gemüsemengen anbauen und verkaufen, deswegen gründete Schindhelm mit seinem damaligen Partner Gerd Dietlmaier 2015 die „Solawi beim Kainzlbauer“. „Immer mehr Kooperationen mit anderen Betrieben kamen hinzu. Um das Ganze etwas zu entzerren, kam uns die Idee mit der Genossenschaft“, berichtet Schindhelm. Zur Genossenschaft gehören inzwischen sechs Mitgliedsbetriebe.

Anfang des Jahres ging die Jolling e.G. an den Start. Schindhelm bekam bei der Gründung Unterstützung von Moritz Feuchtmeir, da sein ehemaliger Partner aus gesundheitlichen Gründen aus dem Projekt aussteigen musste. Ab 2018 half Feuchtmeir in der Gärtnerei aus und wuchs in das Projekt herein. „Die Idee, sich die Verantwortung vom Samenkorn bis auf den Teller zu teilen, fand ich von anfang an sehr spannend“, berichtet er. So seien auch die Kunden Teil der Wertschöpfungskette. Johannes Schindhelm ist gelernter Gärtner und Landwirtschaftsmeister, Moritz Feuchtmeir gelernter Gärtner. Beide haben schon in landwirtschaftlichen Großbetrieben gearbeitet und „schnell bemerkt, dass es nicht das Richtige ist“. Das Konzept gibt den kleinen Erzeugern eine gewisse Freiheit und gleichzeitig auch Sicherheit. „Kleine regionale Betriebe sind nicht gezwungen zu wachsen beziehungsweise sich zu spezialisieren“, erklärt Schindhelm. Die Vielfalt beim Gemüseanbau bleibe auf diese Weise erhalten. Und das sieht man auch in der Gärnerei Jolling: Dort wachsen neben regionalen Gemüse wie Salat, Kartoffeln, Sellerie und Zucchini auch Bio-Schnittblumen. Die Anbaumengen sind an die Nachfrage angepasst. „Der Sellerie bei uns auf dem Feld ist, so wie er hier wächst, schon ausverkauft“, erläutert Feuchtmeir. Wer Teil der Genossenschaft werden will, muss eine Einlage von mindestens 100 Euro (oder freiwillig auch mehr) einzahlen. Bei Ausscheiden aus der Genossenschaft (frühestens nach 24 Monaten) gibt es diesen auch wieder zurück. Mit den Geldern aus der Einlage sowie mit Zuschüssen von privaten Sponsoren haben Schindhelm und Feuchtmeier die Infrastruktur für ihren Betrieb schaffen können: So kann das Gemüse in der Gärtnerei Jolling gelagert, gewaschen und verpackt werden. Von dort aus bringen die Mitarbeiter das Gemüse in die Abholstationen.

Als Genossenschaftsmitglied bekommt man wöchentlich eine Kiste mit seinem Ernteanteil, den man an verschiedenen Stationen in Rosenheim, Bad Endorf, Prien, Stephanskirchen und Wasserburg abholt. Die Erntekisten kosten je nach Größe zwischen 50 oder 80 Euro im Monat. „Mit dem Monatsbeitrag wird gewirtschaftet“, sagt Schindhelm.

Viele Anfragen
während Corona-Zeit

Während der Corona-Zeit sei die Nachfrage extrem angestiegen. „Allein im Monat April hatten wir über 30 Anfragen“, berichtet Feuchtmeir. Allgemein sei das Interesse für regionale Produkte gestiegen.

„Derzeit haben wir rund 270 Mitglieder aus dem ganzen Landkreisgebiet“, stellt Schindhelm fest. Nicht alle davon beziehen auch eine Gemüsekiste. Auch Förderer, die das Konzept unterstützen möchten, seien darunter, berichten die beiden Gründer.

Beide arbeiten selbst auf dem Feld. Aber auch die Genossenschaftsmitglieder packen mit an. „Das ist keine Pflicht, aber viele kommen freiwillig und packen mit an“, berichtet Schindhelm.

Führung durchdie Gärtnerei

Die Gärtnerei Jolling öffnet am Freitag, 21. August, ihre Pforten für alle Interessierten. Bei einer Führung erfahren die Gäste, wie in der Gärtnerei (Jolling 14 in Bad Endorf) und, nach welchen Prinzipien in der Genossenschaft gearbeitet wird. Die Führung beginnt um 15 Uhr und ist kostenfrei. Weitere Infos zum Projekt gibt es auf der Homepage der Genossenschaft unter www.jolling.de sowie in den sozialen Netzwerken bei Facebook und Instagram.

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