Aschau/Bad Endorf – „Theater? Wird nach Corona nie wieder so werden, wie vorher.“ Davon ist Theatermacher und Schauspieler Jörg Herwegh überzeugt. Und hat den Corona-Lockdown genutzt, um sich neue Wege zu suchen. Jetzt macht Herwegh, der mit seinem Tourneetheater auch schon mit so bekannten Akteuren wie Christine Neubauer oder Erol Sander unterwegs war, Stücke für maximal vier Personen an Plätzen, die ihm ein Mindestmaß an Infrastruktur bieten – manchmal reicht eine Steckdose.
In Aschau nutzt er derzeit den Pavillon im Kurpark. Bei „Ludwig Zwo“, einem Erzähltheater rund um den sagenumwobenen Kini – mit Schloss Hohenaschau im Rücken – „ein Traum“ sagen Herwegh und Aschaus Touristik-Chef Herbert Reiter unisono. Kulissenbau unnötig, Abstand kein Problem.
Wenig Aufwand,
viel Wirkung
Herwegh baut selber auf, auch die Bestuhlung, sodass Paare oder Familien zusammensitzen. „Er hat alles dabei, kümmert sich“, lobt auch Peter Helfmeyer, Touritik-Chef in Bad Endorf, wo Herwegh jüngst auf einer Wiese zwischen Kirchplatz und Friedhof spielte. Helfmeyer hatte das benachbarte Restaurant informiert, dass vermehrt Kundschaft kommen könnte, die Theaterbesucher durften die WCs nutzen. „So haben alle was davon.“
Aschau und Bad Endorf gehörten zu den Tourist-Infos die Herwegh – neben vielen Vereinen – anschrieb, als er sich überlegte, was ein Theatermann in Corona-Zeiten tun kann. „Mir war schnell klar, dass das keine vorübergehende Sache ist“, so Herwegh. Theater in der Wasserburger Altstadt? Das wäre zwar vor seiner Haustür, aber „ich werde den Teufel tun und da jetzt Theater spielen!“ Dann lieber am Sportplatz, im Aschauer Kurpark, auf der Endorfer Wiese, am Haager Schlossturm oder in irgendeinem Obstgarten. Mit seinem „Obstgartentheater“ für das er nur eine Steckdose für die LED-Beleuchtung braucht, ist er in der Region unterwegs – da, wo er gerade von Familien, Vereinen, Nachbarschaften gebucht wird –, spielt für den Hut. „Da sind die ganzen Auflagen besser in den Griff zu bekommen“, so Herwegh.
Den Lockdown nutzte Herwegh, um Stücke zu schreiben oder umzuschreiben, gestaltete zum Teil auch die Masken selber. Aber wie Pappmaché machen, wenn es wegen geschlossener Baumärkte keinen Tapetenkleister gibt? Einen Pampf aus Wasser und Mehl anrühren, „das von Aldi funktioniert am besten“, erzählt Herwegh grinsend. Bühnenbild, Kostüme, Personenzahl? „Runterfahren, runterfahren, runterfahren“, sagt Herwegh trocken. Zurück zu den Wurzeln, zum Wandertheater.
Rauffahren war hingegen beim Textelernen angesagt. Oft steht Herwegh allein auf der Bühne, manchmal mit seiner Frau Constanze Baruschke-Herwegh – die, während ihr Mann Stücke schrieb, die theatereigene Homepage neu gestaltete und unter anderem mit einem Buchungssystem versah – und seinem Sohn Benedikt. Oder mit Kirsten und Steps Lossin, langjährige Mitspieler auch schon beim Tourneetheater oder beim Open-Air-Theater Am Stoa bei Edling. Alle können mit anpacken, bauen mit auf. Wegen der wenigen Beteiligten haben auch die Touristik-Chefs, die ihren Gästen – und ihren Mitbürgern – gerne etwas bieten möchten, ein gutes Gefühl, wenn sie Herwegh eine Bühne bieten.
Peter Helfmeyer könnte sich im Winter auch Auftritte zum Beispiel in Marias Kino in Bad Endorf vorstellen „und es schaut so aus, als wollte Ludwig Baumann (Intendant Gut Immling, Anm. d. Red.) den von Herwegh angestoßenen Ball aufnehmen“. Andere Spielorte in der Gemeinde? Ja, da hat Helfmeyer durchaus Ideen. „Ich kann mir gut vorstellen, Jörg Herwegh zu unterstützen, wenn er im Winter in Bad Endorf was machen will.“ Mit pfiffigen Ideen, davon ist Herwegh überzeugt, „findet man immer einen Platz.“
Freilufttheater geht
auch im Winter
Und das muss nicht immer drinnen sein, findet Herwegh, der in seinem Theaterleben schon mehr als einmal klitschnass auf der Bühne stand. Freilufttheater muss nicht im Herbst enden, „warum nicht auch im Winter draußen spielen?“ Da verschlägt es dem eloquenten Herbert Reiter kurzfristig die Sprache. Und dann: „Genial! Er darf gerne kommen, da bin ich immer für zu haben. Die Idee ist der Hammer!“