Kiefersfelden – „Die Gemeinde kann kaum Einfluss auf die Gebäudegestaltung nehmen. Umso wichtiger ist eine Bewusstseinsschaffung für gute Architektur“, sagte Bürgermeister Hajo Gruber (UW) zu Beginn der jüngsten Gemeinderatssitzung, in der das Leader-Projekt „Baukulturregion Voralpenland“ vorgestellt wurde. An dieser Initiative nimmt Kiefersfelden neben sieben weiteren Gemeinden der Region teil. Vorgesehen sind auch sogenannte Lernreisen zu Orten, in denen die Umsetzung in Sachen Baukultur bereits gelang.
Region für
Anliegen
sensibilisieren
An dem von der Staatsregierung und der EU geförderten Projekt nehmen auch die Gemeinden Bad Aibling, Bad Feilnbach, Samerberg, Neubeuern, Dietramszell, Gmund und Holzkirchen teil. Das gemeinsame Ziel: Baukultur als ein wichtiges strategisches und kommunales Thema in der Region zu verankern. Die Arbeitsgemeinschaft Baukultur begleitet die acht Gemeinden konkret auf diesem Weg. Bei der ersten Baukulturwerkstatt am 27. Oktober soll das Projekt in Kolbermoor offiziell vorgestellt und erste Ideen präsentiert werden.
Ortsbetreuer Stefan Spindler begleitet dabei Kiefersfelden durch das Projekt, unternahm zusammen mit der Gemeindeführung bereits Vor-Ort-Besichtigungen und stellte nun den Gemeinderäten das Ziel, die Ausgangspunkte und erste Erkenntnisse vor. So machte er die historische Bauentwicklung des Ortes an vier Schritten fest: Am Anfang gab es 14 Bauernhöfe. Ab 1600 siedelten sich mit der Eisenindustrie rund 400 Arbeiter an. Kunst und Kultur hielten Einzug. Ab 1850 siedelten sich neue Industriezweige wie Marmor, Zement und schließlich Speditionen an. Jede Epoche brachte neue Nord-Süd-Verbindungen mit sich. Die Dorfstraße verlor ihre Zentrumsfunktion. „Die Gemeinde hat kein Ortszentrum und ist an jeder Ecke anders gestaltet“, so Spindlers Resümee. Gleichzeitig gäbe es kaum Platz für neues Bauen. „Für mich stellt sich daher die zentrale Frage, wie dies alles zu verbinden wäre“, sagt der Ortsbetreuer des Projektes. Um dies zu erarbeiten, soll die Bürgerschaft aktiv mit eingebunden werden und Ideen entwickeln. Und dies geschieht bei geplanten Vorträgen und gemeinsamen Lernreisen zu Orten, an denen die Umsetzung bereits funktionierte. „Ich denke dabei an Zeilern in Niederösterreich und das dortige Dorfzentrum“, so Spindler.
Vor Ort sieht der Ortsbetreuer den ersten Schritt in der Arbeit mit Schulkindern: „Unsere Herangehensweise hat oft spielerischen Charakter. Dadurch erzeugen wir zum einen eine gewisse Leichtigkeit, zum anderen Aufmerksamkeit. Das ist für uns die beste Basis, um über relevante baukulturelle Fragen ins Gespräch zu kommen.“ Das wiederum begeisterte Bürgermeister Gruber: „Die Mitarbeit der ganzen Bevölkerung – das wird spannend.“ Sein persönlicher Leitgedanke für das Projekt: „Baukultur schafft Heimat.“ Während es bei dem Leader-Projekt um einen europäischen Förderweg zur Stärkung des ländlichen Raums geht, stand bei der jüngsten Gemeinderatssitzung auch eine formale Änderung bezüglich der Städtebauförderung an.
ISEK bildet
Grundlage für weitere
Planungsschritte
Um an Fördermittel des Landes zu gelangen, ist ein städtebauliches Entwicklungskonzept (ISEK) nötig. Dieses bildet die Entscheidungsgrundlage für weitere Planungsschritte in der Gemeinde. Jahrzehntelang griff Kiefersfelden dabei auf das Planungsbüro von Architekt Klaus Immich zurück, der sich nunmehr altersbedingt zurückzog. Diese Aufgabe übernimmt nun das Planungsbüro Schirmer aus München. Professor Martin Schirmer stellte sich dem Gremium vor: „Kiefersfelden kennt man meist nur von der Autobahn aus. Dass sich dahinter so ein reizvoller Ortscharakter verbirgt, war eine Überraschung.“