Neubeuern – Ein Bauantrag, der für einen 39,5 Meter hohen Mobilfunkmast auf einer landwirtschaftlichen Fläche im Außenbereich nördlich des Ortsteils Altenmarkt plädiert, sorgte in Neubeuern zuletzt für Aufruhr: Eine Bürgerinitiative hat Flyer gegen die Errichtung eines 5G-Masts verteilt (wir berichteten). In einer Sondersitzung, die in der Beurer Halle stattfand, wurden neben den Bürgern auch unabhängige Experten wie der Rechtsanwalt Hans Ulrich vom Büro Funktechanalyse in München, und Rechtsanwalt Wolf Herkner aus Wasserburg eingeladen. Eine endgültige Entscheidung soll in der nächsten regulären Sitzung fallen.
Das „Wie“
aktiv steuern
Zu Beginn ging Bürgermeister Christoph Schneider (Unabhängige Neubeurer) auf die Ausgangslage ein: „In Neubeuern gibt es einerseits viele Bürger, die sich eine bessere Versorgung wünschen. Auf der anderen Seite aber auch etliche Mobilfunkgegner, mit dessen Ängsten und Befürchtungen man sich auseinandersetzen muss.“ Weiter erklärte Schneider, dass die Gemeinde nicht generell über einen Mobilfunkausbau entscheiden könne – dies wäre auf Bundes- und Landesebene über den Mobilfunkpakt schon entschieden – sondern nur im Rahmen der Gesetze Mobilfunkstandorte mit gewissen Kompetenzen steuern könne. Es gehe um das „Wie“ und nicht um das „Ob“, um beispielsweise Masten in Innenbereichen zu verhindern.
Hans Ulrich stellte dem Gremium dar, wie der Standort, gemessen an den gesetzlichen Grenzwerten beziehungsweise im Vergleich zu Masten im bauplanungsrechtlichen Innenbereich, zu bewerten sei. Der Experte war im Vorfeld beauftragt worden, den geplanten Standort immissionstechnisch und versorgungstechnisch zu analysieren und auch weitere Alternativbeispiele auf kommunalen Flächen zu errechnen. Er kam zu dem Ergebnis, dass die Immissionen am geplanten Standort in der Nachbarschaft im Verhältnis zu anderen Lagen verhältnismäßig niedrig ausfallen würden, die Versorgung aber gleichzeitig gut abgedeckt wäre.
Alternativen
wurden geprüft
Untersucht wurden auch Alternativen wie das Trachtenheim Altenbeuern, die Halle am Sportplatz, der Bereich der Kläranlage und der gemeindliche Kiesplatz. Ulrichs Fazit: Vom Trachtenheim Altenbeuern und von der Halle am Sportplatz würde eine vierfach höhere Immission ausgehen. Immissionstechnische Verbesserungen könnte man geringfügig im Bereich der Kläranlage erzielen oder im Bereich des gemeindlichen Kiesplatzes.
Letzterer Standort würde jedoch versorgungstechnisch abfallen, sodass künftig weitere Mobilfunkstandorte in der Gemeinde gesucht werden müssten. Hintergrund: Seit 2019 bestehe die Versorgungsauflage, dass bis Ende 2022 alle Bundesautobahnen und bis 2024 alle Bundesstraßen mit mindestens 100 Mbit/s, alle Landes- und Staatsstraßen sowie alle Schienenwege mit mindestens 50 Mbit/s zu versorgen sind. Martin Schmid (Beurer Bürgernähe) erkundigte sich, ob Dachantennen nicht eine bessere Alternative zu hohen Masten wären. Darauf entgegnete Ulrich, dass „eine Dachantenne wesentlich höhere Grenzwerte aufweist, denn je höher der Mast, desto niedriger die Belastung für die Wohnhäuser.“
Rechtsanwalt Herkner erläuterte die juristischen Kompetenzen einer Gemeinde, die im Erkundungsverfahren für Standorte gehört werden muss. Einhellig befand er mit Schneider, dass die Gemeinde das Thema zuletzt unterschätzt habe.
Standort außerhalb des Suchkreises
Nach Prüfung der Unterlagen habe Herkner aber festgestellt, dass im Informationsschreiben an die Gemeinde der geplante Standort außerhalb des Suchkreises liege. Damit könne die Kommune das gemeindliche Einvernehmen versagen und einfordern, dass das Beteiligungsverfahren neu gestartet werden soll. Somit wäre es möglich, den Bereich der Kläranlage als Standort vorzuschlagen und immissionstechnisch noch geringfügige Verbesserungen herbeizuführen.
Entscheidung
fällt am Dienstag
Am kommenden Dienstag soll in der regulären Marktgemeinderatssitzung endgültig über diese Thematik entschieden werden. Schneider hoffte, dass letztlich klargeworden sei, dass es in der Aufgabenstellung für den Gemeinderat um eine „ortsverträgliche Lösung“ gehe, die die Immissionen reduziert und die Versorgung so sicherstelle, dass eine „Flut an Dachmasten“ verhindert werde.
Nach der offiziellen Sitzung hatten die Bürger noch Gelegenheit, Fragen zu stellen. An Herkner wurde die Frage gerichtet, ob es nicht möglich wäre, eine Sammelklage gegen den Mobilfunkmast einzureichen. Dem erteilte der Rechtsanwalt eine klare Absage: Eine solche Klage hätte keine Aussicht auf Erfolg.