Bockerlbahn auf dem Wartegleis

von Redaktion

Trotz neuer Gleise darf der Filzen-Express nicht starten – Wo hakt es?

Raubling/Nicklheim – Das Herzstück des Nicklheimer Torfkulturvereins „D’Fuizler“ – die Filzen-Bockerlbahn – steht seit Frühjahr 2016 auf dem Wartegleis (wir berichteten). Jetzt, rund vier Jahre später, wäre sie „fast betriebsfertig und startklar“, erklärt Vorsitzender Oliver Heinke. Fahren darf sie aber trotzdem nicht: Corona hat dem Verein einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Kritische Stellen
an der Gleisanlage

Seit dem Frühjahr 2016 konnten keine öffentlichen Fahrten mit dem Bockerl mehr durchgeführt werden. „Viele Besucher einer geplanten Saison-Eröffnungsfahrt im Mai 2016 konnten sich zwar das schön geschmückte Bockerl anschauen und probesitzen, aber fahren durften wir keinen Meter“, bedauert Heinke. Denn zwei Tage vor der Eröffnungsfahrt zog das Landratsamt Rosenheim den Stecker. Grund für die Aussetzung der Betriebsgenehmigung waren Stellen an der Gleisanlage, die eine öffentliche Personenbeförderung nicht mehr mit der notwendigen Sicherheit gewährleisten hätten.

Nun galt es für den „harten Kern“ der Vereinsmitglieder zu überlegen, ob diese Stellen ausgebessert oder erneuert werden sollten. Schlussendlich entschied man sich, die Gleisanlage komplett zu erneuern. „Meistens sind wir zu viert, mein Bruder Siegfried und ich sowie zwei ,Zuagroaste‘, die im positiven Sinne ,Bahnnarren‘ sind“, berichtet Rudolf Patsch, einer der ehrenamtlichen Arbeiter von der Gleisbautruppe.

Die Neuverlegung war mit einem gewaltigen Arbeitsaufwand verbunden, der in unzähligen ehrenamtlichen Stunden geleistet wurde und hohe Kosten nach sich zog.

Der Meter Gleis kostete rund 30 Euro. Und nur durch die großzügige Unterstützung von Gleispaten konnte das Projekt überhaupt realisiert werden, erklärt Heinke. Mit dieser Patenschaft trage der Verein zum Erhalt einer in Bayern einmaligen Torfeisenbahn bei. Dadurch werde ein „einzigartiges Stück Industriekultur“ gefördert.

Das Okay für die Gleisanlage kam bereits bei der Abnahme durch das zuständige Eisenbahn-Bundesamt. Jetzt fehlt nur noch die Abnahme über den Betrieb mit Personenbeförderung durch das Landratsamt Rosenheim sowie die TÜV-Prüfung.

Die Auflagen seien seitens des Vereins erfüllt, es gehe nur noch um die offizielle Genehmigung. Dann könnte der Betrieb aufgenommen werden, ist Heinke optimistisch.

Ina Krug, Pressesprecherin des Landratsamts Rosenheim, erklärt auf Nachfrage, dass es Ende November 2019 nach diversen Reparaturarbeiten einen Ortstermin gab. Mit dabei waren Vereinsmitglieder, Mitarbeiter der Abteilung „Eisenbahnaufsicht“ der Regierung von Oberbayern sowie Vertreter der Gemeinde Raubling und des Landratsamts Rosenheim. Die Begehung habe ergeben, dass fast die gesamte Strecke instandgesetzt worden ist. Laut Krug sagte der Betreiber beim damaligen Termin, dass die Wiederaufnahme des Betriebs ab Mai 2020 geplant gewesen wäre.

„Wir haben ihn darauf hingewiesen, dass er rechtzeitig vorher einen schriftlichen Antrag auf Wiedereröffnung stellen und dabei unter anderem den bestehenden Versicherungsschutz nachweisen muss“, so Krug. Das Landratsamt Rosenheim habe mit einem Schreiben Ende Mai daran erinnert. Bislang habe das Landratsamt noch keine Rückmeldung vom Verein erhalten.

Versicherungskosten sprengen Vereinskasse

Das hat laut Heinke auch Gründe: „Wegen der bekannten Abstands- und Hygieneregeln ist derzeit an eine Fahrt nicht zu denken“, bedauert er. Außerdem müsse eine öffentliche Fahrt mit Personen versichert sein.

Diese Versicherung würde sich ohne Fahrbetrieb und Einnahmen wirtschaftlich nicht rechnen und nur ein sattes Minus in der Vereinskasse verursachen. So muss die Wiederaufnahme der Fahrten weiter auf sich warten. Wie lange? Das kann der Vorsitzende derzeit noch nicht einschätzen.

Das wurde an der Bahn gemacht

Mithilfe eines erworbenen Baggers wurden 1820 Schwellen, 1,4 Kilometer Gleis sowie 7280 Befestigungsplatten und 14560 Schrauben an der Bockerlbahn verlegt. Die Vereinsmitglieder haben viele ehrenamtliche Stunden absolviert, um ihr nostalgisches „Bockerl“ wieder auf Vordermann zu bringen.

Die Geschichte der Bockerlbahn

Früher wurde in der Kollerfilze im Raublinger Ortsteil kommerziell Torf abgebaut und eben mit dem Filzenbockerl der Torf aus dem Gelände zur Weiterverarbeitung gefahren. Nachdem diese Torfgewinnung im Jahr 2006 eingestellt wurde, ging auch die Bockerlbahn in den „Ruhestand“ und war nur noch für nostalgische Fahrten, wie zum Beispiel einer Moorführung für Besucher, auch Achse. Laut Webseite des Torfkulturvereins „D’Fuizlern“ ist das Vereinsziel, die Geschichte und Tradition des Torfabbaus, um die Torfkultur weiter leben zu lassen sowie die dörfliche Gemeinschaft und deren Zusammenhalt zu fördern.

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