Riedering – Macht und Ohnmacht, darüber soll der Rideringer Bürgermeister Christoph Vodermaier einen Vortrag halten. Wir sprachen mit ihm über Macht und Ohnmacht eines Bürgermeisters – vor allem in Zeiten der Corona-Pandemie.
Herr Vodermaier, wie viel „Macht“ hat ein Bürgermeister?
„Macht“ im Sinne der Ermächtigung, etwas zu tun, ist sehr begrenzt. Ein Bürgermeister hat deutlich weniger Macht, als ihm viele Bürger zuschreiben. Ich kann oft nicht so, wie ich vielleicht gerne möchte, weil Bund oder Land es nicht zulassen.
Konkret auf die Corona-Pandemie bezogen heißt das?
Coronabedingt mussten viele Themen erst mal zurückgestellt werden. Es galt im Rathaus Maskenpflicht anzuordnen und Plexiglasscheiben aufstellen zu lassen. Wir haben im Sommer am Tinninger See Maskenpflicht ausgerufen, wo der Abstand nicht eingehalten wurde. Ich könnte aber nicht die Maskenpflicht an der Grundschule aufheben, wie sich das einige Eltern wünschen. Das können nur kreisfreie Städte und Landkreise entscheiden.
Da sind wir dann bei der „Ohnmacht“…
Man ist schon in vielerlei Hinsicht sehr fremdbestimmt. Ich kann zum Beispiel keine Versammlung abhalten – und sei sie noch so nötig – wenn die Staatsregierung das untersagt. Aber Ohnmacht im Sinne von Handlungsunfähigkeit ist mir zu hoch gegriffen. Es gibt einfach Dinge, die warten müssen oder länger dauern. Aber ich kenne den kommunalpolitischen Alltag ja gar nicht anders als mit Corona.
Und dann sind da die Grauzonen zwischen Macht und Ohnmacht, oder?
Ja, die gibt es natürlich auch. Wir haben in Riedering zum Beispiel im Rathaus die Kontaktlisten weitergeführt, als es nicht mehr vorgeschrieben war. Und das hat sich in einem Verdachtsfall auch bewährt.
Auch ein „Lockdown light“ wie in Eggstätt, Gstadt und Breitbrunn (wo die Gemeinden eigene Gebäude gesperrt haben, Anm. d. Red.) gehört dazu. Wobei wir unsere Turnhalle auflassen, solange wir dürfen und solange niemand gegen die Hygienerichtlinien verstößt.
Ich könnte auch einen Ferienausschuss einrichten, falls es so weit kommt, dass nicht der gesamte Gemeinderat tagen darf. Aber viel mehr auch nicht.
So ganz machtlos ist ein Bürgermeister dann trotz Fremdbestimmung nicht?
Nein. Es ist eine Herausforderung, Einflussmöglichkeiten zu finden, aber machtlos sind wir natürlich nicht – und wenn es nur kleine Schritte sind, die wir machen können. „Wir“ bezieht sich nicht nur auf die Bürgermeister, wir müssen ja auch die Gemeinderäte überzeugen.
Ein Bürgermeister, der „per ordre de Mufti“ regiert, das funktioniert nicht mehr?
Nein, das funktioniert nicht mehr. Klar habe ich eigene Positionen, die ich versuchen kann, durchzusetzen. Aber die müssen auch mehrheitsfähig sein. Sonst muss ich gegebenenfalls Dinge umsetzen, hinter denen ich selber nicht wirklich stehe. Aber diese parlamentarische Basis ist ein ganz wichtiger Bestandteil der Demokratie.
Weg von Macht und Ohnmacht, auch wenn man sich da vielleicht ohnmächtig fühlt: Sind Sie, ist die Gemeinde, auf einen möglichen zweiten Lockdown vorbereitet?
Bei der Ohnmacht angesichts der Pandemie bin ich bei der Bundeskanzlerin, die Corona als „Heimsuchung“ bezeichnet hat: Das ist etwas, für das wir nichts können, mit dem wir aber umgehen müssen. Und das wird bei einem potenziellen zweiten Lockdown, wie auch immer der dann aussieht, sicher etwas leichter, denn wir haben ja im Frühjahr Erfahrungen gemacht, die uns im Falle eines Falles helfen.
Die Gemeinde schöpft das Förderprogramm aus und schafft Leih-Tablets und Laptops an, für den Fall, dass es wieder Distanzunterricht geben muss. Und wir stellen unsere Schule generell digital besser auf.
Gab es in den letzten Monaten etwas, das Sie als Bürgermeister gerne anders gemacht hätten, hätten Sie die Macht dazu gehabt?
Ja, gibt es. Vor dem jetzigen massiven Anstieg der Corona-Zahlen. Ich hätte den Grundschulkindern gerne die Maske erspart.
Interview: Sylvia Hampel