Reden und regional kaufen

von Redaktion

Gemeinderat Stephanskirchen beleuchtet die Situation der heimischen Landwirtschaft

Stephanskirchen – Landwirte müssen „breiter denken“, da waren sich Bernhard Stein von der Solidargemeinschaft Simsseemarkt, BBV-Ortsobmann Hans Hamberg und Josef Steingraber, BBV-Kreisgeschäftsführer, einig. Kommunalpolitik und Gemeindeverwaltung können die heimische Landwirtschaft unterstützen, indem sie selber auf regionale Produkte setzen und auch sonst Werbung für die heimischen Erzeugnisse machen. Und: miteinander reden. Das taten sie in der jüngsten Sitzung des Gemeinderates.

1999 50 Rinderhalter,
heute keine 20 mehr

Bürgermeister Karl Mair (Parteifreie) erinnerte daran, dass das Gemeindewappen Mitte der 1950er wegen der vorherrschenden Landwirtschaft mit so viel Grün gestaltet wurde. Im Laufe der Jahrzehnte gaben immer mehr Höfe auf. Gab es 1999 50 Rinderhalter in der Gemeinde, so waren es 2016 21 „und heute noch weniger“, so Mair. Allerdings wuchs die Zahl der Tiere pro Hof von 38 auf 60. Seit 2003 habe sich die Zahl der „großen“ Betriebe stabilisiert, Betriebe unter fünf Hektar wurden deutlich weniger.

Dem stimmte Hamberger zu, fügte an, dass die Ackerflächen auch größer geworden seien, weil die aktiven Landwirte das Getreide für das Kraftfutter ihrer Tiere häufig auf zugepachteten Flächen anbauten, die vorher Grünland waren. Oft ist es Mais, der da angebaut wird. „Wir können über Silomais streiten, aber er ist das perfekte Futter in der Rinderhaltung“, so Steingraber.

Kopfschütteln erntete Steingraber bei den Gemeinderäten, als er erklärte, warum Landwirte nach vier Jahren ihre Grünflächen umackern: Weil sie es nach fünf Jahren nicht mehr dürfen. Dann ist die Fläche endgültig als Acker verloren. Und das könne sich kein Landwirt leisten.

Hamberger berichtete, dass sich die Art der Rinderhaltung zunehmend verändern werde, weg von der Anbindehaltung hin zu Laufstall oder Weidehaltung. Die großen Molkereien bestehen verstärkt auf der Differenzierung, das zeige sich gerade in Stephanskirchen, wo die Wasserburger Privatmolkerei Bauer immer aktiver werde. „Die können ihre Produkte besser vermarkten, wenn die Milch nicht aus Anbindehaltung kommt.“

Einfluss der Käufer, den auch die Biobauern und Selbstvermarkter merken, wie Bernhard Stein bestätigte. Beim Simsseemarkt seinen so oft Bananen und Apfelsinen nachgefragt worden, dass es diese nun zu kaufen gebe. Immer funktioniere der Käuferdruck nicht: Er werde immer gefragt, warum es mittwochs in Schloßberg und freitags in Baierbach nicht mehr Fleisch von heimischen Höfen gebe, auch der Metzger am Markt vergrößerte sein Angebot gerne. Er bekommt die Tiere nicht, „da sind für die Landwirte andere Wege wohl bequemer.“

Mehr Aufwand, aber einen großen Vorteil hätten Selbstvermarkter, so Stein: Sie könnten schnell reagieren. Er habe, als er anfing, Schnaps zu brennen, in Literflaschen abgefüllt und sei mäßig erfolgreich gewesen. Jetzt nehme er 0,2-Liter-Flaschen „und es läuft“.

Bei einem waren sich die drei Landwirte einig: Nicht mit Scheuklappen arbeiten. Urlaub auf dem Bauernhof, Hofladen, Lernort Bauernhof, neue Sorten aufnehmen und noch vieles mehr ist möglich.

Uwe Klützmann-Hoffmann (SPD) war der Erste, der Wissen wollte, was die Gemeinde tun könne um die heimischen Bauern zu unterstützen. Den Selbstvermarktern helfe oft der Blick von außen. Da dürfe die Gemeinde gerne mitmachen oder mitfinanzieren, so Stein. Und weiter: „Wir brauchen kein Fleisch aus Nebraska, wir haben selber gutes.“

Traum von der
Markthalle platzte

Zweiter Bürgermeister Robert Zehetmaier (Bayernpartei) träumt im Baugebiet Haidholzen Süd-Ost von einer Markthalle, beschickt von den Stephanskirchner Bauern. Da hätten die Mitglieder des Simsseemarktes schon drüber geredet, so Stein, seien sich einig, das nicht stemmen zu können. Friedrich Kreutz (AfD) fragte, warum nicht die Schulküche in Stephanskirchen mit regionalen Produkten betrieben werde. Weil man vor Jahren mit einem ähnlichen Projekt gescheitert sei, so Mair, „aber wir können den Anteil gerne steigern“.

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