Stephanskirchen/Rohrdorf – Stephanskirchen ist eine von zehn Projektgemeinden der bayernweiten Initiative „Marktplatz der biologischen Vielfalt“ und seit Jahren im Biodiversitätsschutz aktiv. Zusammen mit der Öko-Modellregion Hochries-Kampenwand-Wendelstein lud die Gemeinde zur Veranstaltung „Biodiversität auf kommunaler Ebene schützen“ die sieben Mitgliedsgemeinden der Öko-Modellregion nach Rohrdorf ein.
Florian Lang aus Tännesberg in der Oberpfalz, Projektleiter vom „Marktplatz der biologischen Vielfalt“ erklärte, dass Biodiversität die Vielfalt der Lebensräume, der Arten und die genetische Vielfalt umfasst. Sie sei von großer Bedeutung für den Menschen.
Erschreckende
Lage in den Alpen
Das Artensterben verglich er mit dem Spiel Jenga, bei dem die Spieler aus einem Turm aus Holzklötzchen ein Klötzchen nach dem anderen ziehen, bis der Turm in sich zusammenfällt. Wie lange die Öko-Systeme trotz der aussterbenden Arten noch funktionieren werden, könne derzeit kein Experte voraussagen. Klar sei nur, dass verschwundene Arten für immer verloren sind. Die Lage im Alpenraum sei erschreckend: Rund 60 Prozent der Lebensraumtypen seien gefährdet beziehungsweise von der vollständigen Vernichtung bedroht.
Lang stellte vor, an welchen Stellschrauben Kommunen drehen können, um Biodiversität zu bewahren oder neue Lebensräume zu schaffen. So könnte eine angepasste Pflege der Grünflächen an Straßenkreiseln, Randsäumen, Friedhöfen und Verkehrsinseln viel bewirken.
Zudem seien die Gemeinden bei der Gestaltung der Pachtverträge ihrer Flächen frei und können diese beispielsweise an Landwirte verpachten, die die Flächen extensiv bewirtschaften. Gebäude können begrünt oder mit Nistkästen oder Fledermaus-Dachziegeln bestückt werden. Die Straßenbeleuchtung könnte reduziert oder mit einer Technik ausgestattet werden, die die für Insekten gefährliche Lichtverschmutzung senkt.
Lang ging auch darauf ein, wie Gemeinden den Biodiversitätsschutz in der kommunalen Planung und im Gemeindeleben verankern können und gab einen Überblick über aktuelle Fördermöglichkeiten. Abschließend appellierte er an alle Teilnehmer, in der aktuellen Corona-Krise nicht andere Krisen wie den unumkehrbaren Verlust der Biodiversität zu vergessen.
Im praktischen Teil der Veranstaltung stellte Thomas Fichter das von ihm entwickelte Mähkonzept vor. Fichter ist geprüfter Natur- und Landschaftspfleger und leitet den Grüntrupp der Gemeinde Stephanskirchen. Er konnte im Laufe der Jahre die Verwaltung, den Gemeinderat und die Bürger von seinem Konzept überzeugen. Der große Vorteil: Das Konzept zahlt nicht nur auf das Biodiversitäts-Konto, sondern auch in die Gemeindekasse ein. „Wir sparen Zeit, Kraftstoff und Dünger. Am besten wachsen Blühflächen, wenn sie Magerstandorte sind. Auf anderen Flächen, wie einer Badewiese, lassen wir das Schnittgut liegen und sparen dadurch den Dünger.“
Er rät seinen Berufskollegen aus den Nachbargemeinden, sich die Flächen und deren Nutzung genau anzuschauen. Für Sport genutzte Flächen zum Beispiel müssten wöchentlich gemäht werden. Bei anderen Flächen, wie vor dem Stephanskirchner Vereinsheim, reiche es, wenn sie nur zweimal im Jahr gemäht werden, und zwar erst nach dem Abblühen.
Neu angelegte Verkehrsinseln werden in Stephanskirchen als Magerstandorte mit Kies gestaltet. Hier blüht es von Jahr zu Jahr mehr.