In der Krise kreativ bleiben

von Redaktion

Gabriele Gürtler hat in Antwort einen Pop-up-Store für Antikes und Vintage eröffnet

Bad Endorf – Heute München, morgen Berlin und nächste Woche Leipzig – so hat der Alltag von Gabriele Gürtler aus Antwort (Gemeinde Bad Endorf) vor Corona ausgesehen. Die Antik- und Vintage-Händlerin verkaufte ihre Waren bislang auf Antikmärkten in ganz Deutschland. Weil während der Hauptgeschäftszeit im Sommer wegen der Pandemie fast gar nichts mehr ging, und das auch bis mindestens Ende des Jahres so bleiben wird, hat sie einen Pop-up-Store in einer alten Bäckerei in Antwort eröffnet.

Die Leidenschaft
zum Beruf gemacht

Gürtler liebt, was sie tut. Das merkt man, wenn die Mittfünfzigerin über ihren Beruf als Händlerin von Antiquitäten und Vintage spricht. „Jedes Teil erzählt eine Geschichte“, sagt die gebürtige Prienerin. Mit 20 sei sie damals nach Berlin gezogen

Dort entdeckte sie ihre Liebe für Antiquitäten. Eine gute Freundin hätte dort auf einem Markt Antikes verkauft und sie selbst dazu gebracht.

Nach etwa zehn Jahren kehrte sie der Hauptstadt den Rücken und kam zurück in die Heimat. Auch beruflich habe sie sich zwischenzeitlich umorientiert, bevor sie vor knapp zehn Jahren wieder mit dem Handel von Antikem begann.

Doch mit dem ersten Lockdown Mitte März konnte sie ihrer Leidenschaft, mit der sie heute zum großen Teil ihren Lebensunterhalt bestreitet, nicht mehr nachgehen.

Denn die Märkte, auf denen sie als Selbstständige ihre „Schätze“ anbietet, durften nicht öffnen.

„Ich habe versucht, im Online-Bereich Fuß zu fassen“, berichtet sie. Dort bietet sie auch weiterhin antike Fundstücke aus dem 19. und 20. Jahrhundert, Deko-Artikel aus Porzellan oder Silber sowie Lampen und Kleinmöbel aus den 60er- und 70er-Jahren, von Art-Deco bis Jugendstil – mit mäßigem Erfolg. Die Lösung lag dann plötzlich vor ihr – in unmittelbarer Nachbarschaft. „Ich habe den leer stehenden Bäckerladen gesehen und angefragt, ob ich ihn bis zum Frühjahr mieten kann“, erklärt Gürtler. Im Sommer habe der Bäcker für immer geschlossen. Anfang Oktober habe sich Gürtler ein Herz gefasst und die Hauseigentümer kontaktiert.

Davor habe sie zwar schon mal über ein eigenes Geschäft nachgedacht, angesichts der hohen Mietpreise blieb es aber nur bei der Idee. Jetzt könne sie aufgrund der „sehr kulanten Vermieter“ kostengünstig, aber maximal bis Mai 2021, den Leerstand mit ihrem Pop-up-Store füllen. Den öffnet Gürtler von Donnerstag bis Samstag. Im Frühjahr wird der Laden wieder schließen und kann anders genutzt werden.

So wie Gabriele Gürtler geht es derzeit vielen Markthändlern. „Der Branche geht es so schlecht, wie noch nie“, erklärt Wenzel Bradac, Präsident des Bayerischen Landesverbandes der Marktleute und Schausteller. Durch den Wegfall von Festen, Veranstaltungen und Märkten jeglicher Art hätten vor allem die Schausteller seit dem Weihnachten vor einem Jahr kaum Einnahmen gehabt, da die Saison erst an Ostern beginne. Der Verband baue deswegen auf die finanziellen Hilfen für Selbstständige und Freiberufler, die ab Januar beantragt werden können.

Finanzielle Hilfen vom Staat hat Gabriele Gürtler bislang nicht bekommen. „Die Soforthilfe hatte ich nicht beantragt, weil ich dachte, so schlimm wird das schon nicht“, erklärt sie. Auf andere Hilfsprogramme habe sie keinen Anspruch, da sie keine Angestellten beschäftigt und als Markthändlerin auch keine Ladenmiete bezahlen musste. Neben ihren Antiquitäten- und Vintageverkauf verdiene sie sich in einem Job im Telemarketing etwas dazu.

Positive Resonanz, wenige Kritiker

Natürlich gibt es auch Kritiker: So habe sie zwar schon skeptische Sprüche, wie „mit einem Bäckerladen wären wir besser dran“, gehört. Aber ein Großteil der Ladenbesucher freue sich und stöbere eifrig.

Auch Bürgermeister Alois Loferer findet die Idee „genial und eine schöne Möglichkeit, etwas auszuprobieren“. Die Gemeinde sei froh, wenn Läden möglichst wenig leer stehen. „Es ist toll für alle Beteiligten, wenn man sich kurzfristig und mit geringem Risiko auf diese Weise einigen kann“, so Loferer.

Was ist ein Pop-up-Store?

Ein Pop-up-Verkauf, meist Pop-up-Store genannt, ist ein kurzfristiges und provisorisches Einzelhandelsgeschäft, das vorübergehend in leer stehenden Geschäftsräumen betrieben wird. Eine Geschäftsfläche kann an einem Tag noch den Pop-up-Verkauf beherbergen und einen Tag oder wenige Wochen später bereits wieder anderweitig genutzt sein.

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