Frasdorf – „Nach zwei Jahrzehnten langer Bemühungen und einer mehrjährigen Bauperiode ist die Bahnlinie Rosenheim – Frasdorf, die das Gebiet des Samerbergs, der Hochries und der Aschauer Gegend dem Verkehr näher bringt, vollendet, sodass der Betrieb heute eröffnet werden konnte“ – so beginnt ein Artikel der Chiemgau-Zeitung vom 9. Mai 1914 zur Eröffnung der Bahnlinie Rosenheim-Frasdorf. Vor 50 Jahren wurde dieses Angebot wieder aus dem Verkehr genommen: ein Rückblick.
Abfahrt war
um 9.30 Uhr
Wie im Bericht der Chiemgau-Zeitung weiter zu lesen ist, wohnten rund 300 geladene Gäste der Premierenfahrt bei – mit viel Blumenschmuck und der Stadtkapelle Rosenheim als Begleitung. Nach dem Jubel bei der Abfahrt in Rosenheim um 9.30 Uhr ging es bei leichtem Regen über die Haltestationen Landl, Rohrdorf und Achenmühle nach Frasdorf. Dazu schreibt der Chronist: „Ganz Frasdorf war auf den Beinen, das ganze Dorf prangte im Festesschmuck. Gegen 11 Uhr lief der Zug ein, der damalige Bürgermeister Mayr, der gesamte Gemeindeausschuss, die Geistlichkeit, der Krieger- und Veteranenverein, der Kranken-Unterstützungsverein, die Feuerwehr, die Schuljugend und die Frasdorfer Musikapelle hießen den Zug willkommen.“
Wie es weiter heißt, waren etwa 230 Teilnehmer bei der Feier im Saal, der mit Tannengrün reichlich geziert, und das Mahl mit zahlreichen Reden und heiteren Trinksprüchen gewürzt war. Zu den Ehrengästen gehörten unter anderem die Direktionsräte Lauböck und Reiß als Vertreter der Bahnverwaltung, Oberinspektor Fahrenholz, Assessor Berg, Verwalter Enklin, Regierungsrat Bezirksamtmann Baur, kgl. Hofrat Bürgermeister Wüst und Rechtsrat Kützinger, Gemeindebevollmächtigter Vorstand Finsterwalder, Baron von Crailsheim von Amerang sowie Forstrat Jäger als Vertreter des Freiherrn von Cramer-Klett.
Bürgermeister Mayr gab in einer späteren Rede noch bekannt, dass der Gemeindeausschuss und die Gemeindeversammlung den einstimmigen Beschluss gefasst hätten, Bezirksamtmann Baur (entspricht heute dem Landrat) für seine vielen Verdienste zum Ehrenbürger der Gemeinde Frasdorf zu ernennen.
Zum Festmahl spielten die Frasdorfer Musikanten und es sang die Liedertafel Frasdorf. Nach der vorzüglichen Bewirtung ging es mit den Vereinen, ihren Fahnen und Musik wieder zurück zum Bahnhof. Mit Tücherschwenken und krachenden Böllern wurde der Zug in Frasdorf verabschiedet. Die gleichen Szenen hatten sich sich auf allen Zwischenstationen wiederholt. Denn auch dort hatten sich große Menschenmengen eingefunden. Auch die Schulkinder aller an der Bahnstrecke gelegenen Orte hatten einen Festtag. Für sie wurde ein Sonderzug freigestellt. So wurden 330 Kinder in Rosenheim auf Kosten der Stadt in der Bahnhofs-Restauration bewirtet. Ob die Priener Nutzen oder Schaden von der Bahn haben könnten, überließen sie damals der Zukunft, hieß es in dem Zeitungsbericht.
Vizinalbahn
nach Aschau
Ein möglicher Hinweis darauf, dass die Gemeinde Prien im Bau der Bahn nach Frasdorf eine Konkurrenz zur Strecke Prien – Aschau sah. Denn nachdem Theodor von Cramer-Klett im Jahr 1875 Schloss Hohenaschau und die zugehörigen Ländereien des Prientales gekauft hatte, finanzierte er den Bau einer Vizinalbahn nach Aschau vor. Deren Eröffnung erfolgte am 18. August 1878. Wie abschließend zu lesen ist, sollte der Tag der Eröffnung der Bahn Rosenheim – Frasdorf mit seiner harmonischen Feier allen unvergesslich bleiben. Heute sind diese Sorgen längst Geschichte. Denn die Bahnlinie von Rosenheim nach Frasdorf wurde vor 50 Jahren eingestellt und der Bahnhof Frasdorf aufgelöst.