Betrieb auf Sparflamme

von Redaktion

Halbe Auslastung, volle Kosten: Tagespflege Aschau kämpft sich durch die Krise

Aschau – Wenn sich die Eltern plötzlich nicht mehr alleine versorgen können, übernehmen oft die Kinder deren Pflege. Das bedeutet häufig einen Spagat zwischen Familie, Beruf und der herausfordernden neuen Aufgabe. Jede Unterstützung kommt da recht. Um den pflegenden Angehörigen den Alltag zu erleichtern, hat der Ökumenische Sozialdienst Priental (ÖSP) in Aschau eine Tagespflegestätte eröffnet.

Gäste haben einen
Ankleidebereich

Seit September werden in der Schützenstraße Senioren teilstationär, sprich von 8 bis 17 Uhr, betreut. Doch aufgrund der Corona-Pandemie konnte der Betrieb bislang nur auf Sparflamme aufgenommen werden.

Im großen hellen Eingangsbereich des behindertengerechten Neubaus haben die Gäste einen Ankleidebereich. „Jeder hat seinen eigenen Kleiderbügel“, erklärt Pflegedienstleitung Melanie Kirchlechner. Eine wichtige Hilfe, vor allem für Demenzkranke.

Derzeit werden zwölf
statt 20 Gäste betreut

Durch die extrabreite Tür geht es in die Pflegeräume. Im großen Gemeinschaftsraum, in den man durch eine Scheibe blicken kann, sitzen derzeit nur zwölf statt der möglichen 20 Gäste bei Kaffee und Kuchen zusammen. Den Kaffeeklatsch gibt es jeden Nachmittag, er ist neben Frühstück, Mittagessen und Abendbrot, Teil der Vollverpflegung.

Gegenüber liegen die drei großen Therapieräume. Ein Ruheraum mit grünem Boden, ein Zimmer für Therapieanwendungen in Orange und der „Kuschelbereich“, wie Kirchlechner erklärt in Gelb. Wieder sollen die Farben eine Orientierungshilfe bieten und positiven Einfluss auf die Stimmung der Senioren nehmen. In der großen Gemeinschaftsküche können die Senioren beim „Schnippeln“ und Zubereiten der Speisen helfen – „wenn Corona mal vorbei ist“, so die Pflegedienstleitung. Denn Corona schränkt den Betrieb der Einrichtung stark ein. Mehr noch. „Die Pandemie reißt auch ein großes Loch in die Finanzplanung“, erklärt der ÖSP-Vorsitzende Lorenz Ablinger: „Derzeit arbeiten wir mit voller personeller Besetzung, allerdings nur unter halber Auslastung bei den Gästen.“ Dem gemeinnützigen Verein, der eigentlich kostendeckend arbeiten muss, ist dieses mit der aktuellen Situation nicht möglich. Die Personalkosten für die Tagespflegeeinrichtung lägen laut Ablinger derzeit bei rund 370000 Euro im Jahr. Zwölf Mitarbeiter – neben Pflege- und Betreuungsfachkräften sind auch eine Ergotherapeutin, eine Köchin und Fahrdienstmitarbeiter beschäftigt – arbeiten in der stationären Tagespflegeeinrichtung. Dennoch soll der sogenannte Investitionsbeitrag, ein symbolischer Geldbetrag, den die Gäste selbst zahlen, bei 1,40 Euro pro Tag bleiben, sagt Dr. Gerhard Weidenthaler, stellvertretender Vorsitzender des ÖSP. Dieser sei im Vergleich zu anderen Einrichtungen deutlich niedriger angesetzt.

Warten auf Sinken
der Corona-Zahlen

Sobald sich die Corona-
Lage entspanne, so die Vorsitzenden, wolle man die Anzahl der Gäste langsam hochfahren. „Jetzt in die Vollbelegung zu gehen, würde mir aber Bauchschmerzen bereiten“, erläutert Pflegedienstleitung Kirchlechner. Denn bisher sei man ohne Infektion durch die zweite Welle der Pandemie gekommen. Das solle auch so bleiben. Präventiv werde deswegen das Personal
dreimal wöchentlich mit Schnelltests auf Corona getestet.

Die Eröffnung weiter hinaus zu zögern, sei aber auch keine Option gewesen. „Die Menschen bekommen hier eine Aufgabe, sind in der kurzen Zeit zu einer Gemeinschaft zusammengewachsen“, erklärt Melanie Kirchlechner. Gerade in Corona-Zeiten, in denen viele Senioren an Vereinsamung leiden, hätte der Betrieb den Gästen wie auch deren Angehörigen, Halt gegeben.

Die Vorgeschichte im Überblick

Die Pandemie reißt auch ein großes

Loch in die Finanzplanung.

Lorenz Ablinger, Vorsitzender Ökumenischer Sozialdienst Priental

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