Pfeifen geht über die Schmerzgrenze

von Redaktion

Bahnlärm Gutachten im Rohrdorfer Gemeinderat vorgestellt – Rangieren das Problem?

Rohrdorf – „Der Lärm, den die Pfeifsignale der Bahn verursachen, kommt teilweise einer Körperverletzung gleich“. Diese Einschätzung von Gemeinderat Karl Heinz Silichner (CSU), die er auf der letzten Sitzung traf, ist nicht länger nur ein rein subjektiver Eindruck.

Spitzenwert von
118 Dezibel gemessen

In der jüngsten Gemeinderatssitzung stellte die Verwaltung das Gutachten vor, für das vom 24. November bis 4. Dezember die Geräuschentwicklung durch die – durch eine EU-Verordnung vorgeschriebenen – Pfeifsignale ermittelt wurde. Dabei wurde an einem Messpunkt am Bahnübergang Mozartstraße einmal ein Spitzenwert von 118 Dezibel gemessen, 17-mal ein Wert von mindestens 100 Dezibel und 65-mal ein Wert von mindesten 85 Dezibel.

Laut Gutachten entsprechen diese 85 Dezibel dem Immissionsrichtwert für Geräuschspitzen, die tagsüber in einem allgemeinen Wohngebiet noch zulässig sind. Die Messungen zeigen also Werte, die nach Ansicht des Gemeinderates eindeutig problematisch sind, vor allem – aber nicht nur – für das Seniorenwohnheim in Thansau. Schaut man im Internet nach, wie gerade die höheren Werte qualitativ beschrieben werden, so werden 100 Dezibel meist als ein Wert bezeichnet, der vergleichbar mit den Geräuschen eines Winkelschleifers oder einer Motorsäge sei. 110 Dezibel werden häufig als Schmerzgrenze beschrieben, diesem Wert sei man ausgesetzt, wenn man neben einem Presslufthammer oder einer Kreissäge stehe.

Die Verwaltung informierte den Gemeinderat nun, wie man mit den Fakten, die durch das Gutachten belegt wurden, weiter umgehen möchte.

Der erste Schritt, so Bürgermeister Simon Hausstetter (Bürgerblock), war, dass er einen Brief an Landrat Otto Lederer schrieb. Zu einem Gutteil ursächlich für den Lärm ist nämlich der Zugverkehr von der Müllumladestation im Gewerbegebiet am Griesenholz. Dort liegt nur ein Gleis, sodass die Lok, die den Zug dort hingezogen hat, für die Rückfahrt nicht umgesetzt werden kann. Die Folge: Der Zug muss nach dem Beladen weiter zum ehemaligen Rohrdorfer Bahnhof, wo die Lok sich dann für die Rückfahrt nach Rosenheim an die Spitze des Zuges setzen kann. Da die Müllumladestation in den Zuständigkeitsbereich des Landkreises fällt, müsste eine Teillösung des Problems von dort initiiert werden. Hätten die Güterzüge sowohl an der Spitze als auch am Ende des Zuges eine Lok, könnte der Rangierverkehr und damit auch die damit verbundenen Pfeifsignale entfallen. Auch die Gemeinde selbst wird in dieser Sache und basierend auf der Datenlage des Gutachtens natürlich weitere Gespräche mit der Bahn führen.

Außerhalb dieser Gespräche und der Bitte beim Landrat um Unterstützung hat die Gemeinde nicht viele Möglichkeiten. Sie kann selbst nicht gegen die Lärmbelastung klagen, das können nur betroffene Privatpersonen. Dies ergab ein Gespräch, das Geschäftsleiter Christian Schoenleber mit einem Fachanwalt führte.

Rupert Stocker (Bürgerblock) regte deshalb an, dass das Gutachten veröffentlicht werden sollte. Die Gemeinde wird dies, so Bürgermeister Hausstetter, voraussichtlich bis Ende März tun. Wer schon vorher aktiv werden wollte, so Hausstetter, müsse sich nur an ihn selbst oder an Schoenleber wenden.

Auf Nachfrage der Redaktion berichtete Hausstetter von Überlegungen, dass sich Rohrdorf mit anderen betroffenen Gemeinden zusammentun könnte, um gemeinsam mehr zu erreichen. Wegen der EU-Verordnung gehe es wohl nur über die politische Schiene. Die Bahn sehe keine Möglichkeit, etwas zu unternehmen, so eine Sprecherin.

Schranken kommen
nicht vor 2028

Im letzten Gespräch mit der Bahn gab es auch Überlegungen, ob nicht eine verringerte Fahrgeschwindigkeit die Signaltöne an ungesicherten Bahnübergängen überflüssig machen könnte. Er habe seit Wochen von der Bahn dazu nichts gehört, so der Bürgermeister. Eine Sprecherin der Bahn teilte auf Nachfrage mit, dass in diesem Jahr eine Sichtflächenberechnung vorgesehen sei. Dabei solle untersucht werden, unter welchen Voraussetzungen auf das Pfeifen verzichtet werden kann.

Hausstetter fügte an, dass Gemeinde und Bahn bei den gemeinsamen Überlegungen, welche Bahnübergänge beschrankt werden könnten und sollten zwar schon ein ganzes Stück weiter und relativ einig seien. Aber seitens der Bahn sei von Bauarbeiten ab 2028 die Rede gewesen. „Das nützt uns gar nichts.“

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