Prutting – „Es geht hier schlicht auch um die Frage, wie wir im Dorf in Zukunft zusammenleben wollen“. Pruttings Bürgermeister Johannes Thusbaß zeigt sich nach wie vor empört. Was ihn aufregt, sind Aushänge, die sich zum Jahresbeginn an mehreren Informationstafeln des Ortes fanden und auf denen Mitglieder des Gemeinderates grob beleidigt wurden.
„Tiny-House“
als Anstoß
Eine davon ist Barbara Stein (Freie Wähler). Ihr wurde eine Äußerung zum Vorwurf gemacht, die vor einem knappen Jahr in einer Gemeinderatsdiskussion fiel. Damals ging es um einen Antrag an die Gemeinde, den langjährige Urlauber in Prutting gestellt hatten. Sie fragen an, ob die Gemeinde ein Baugrundstück für ein kleines Häuschen – ein so genanntes „Tiny-
House“ – zu verkaufen habe.
Barbara Stein brachte in die Diskussion das Argument ein, dass gemeindeeigene Baugrundstücke doch in erster Linie dafür gedacht seien, dringend benötigten Wohnraum für Einheimische zu schaffen.
Sie war mit dieser Sichtweise auch nicht allein, am Ende stimmte der Gemeinderat geschlossen gegen den Antrag. Barbara Stein aber wird jetzt, ein knappes Jahr später, in dem anonymen Aushang „Rassismus“ unterstellt und „plump-provinzielles Denken“.
Der Umstand, dass sich die Urheber erst so spät über ihre Diskussionsbeiträge in einer Gemeinderatssitzung aufregen, erklärt sich Barbara Stein so: Wenige Wochen, bevor die Aushänge auftauchten, wurde sie noch einmal in dieser Zeitung erwähnt, als Stifterin des „Weihnachtswunschbaumes“. Denn auch darauf wird in dem Pamphlet abgehoben: „Bei solch plumper Denkweise hilft auch kein lausiges Weihnachtsbäumchen, da dort bestimmt mehr Schleim tropft, als Nadeln fallen“.
Für Barbara Stein ist jedenfalls klar: „Es geht hier keinesfalls um irgendeine Sachdiskussion, es geht schlicht und einfach darum, dass mich jemand persönlich angreifen will“.
Bürgermeister Thusbaß sieht die ganze Angelegenheit aber durchaus grundsätzlich: „Die Gemeinde lebt von einer offenen Diskussion, im Gemeinderat aber auch außerhalb. Wer diese Basis verlässt, in feiger Anonymität beleidigt, anstatt fair und offen zu diskutieren, schadet dem gesamten Dorfleben“. Denn wenn so ein Beispiel Schule mache, sei in Prutting das Klima der Sachlichkeit, das derzeit die Diskussionen nicht nur innerhalb, sondern auch außerhalb des Gemeinderates kennzeichne, in Gefahr. „Das darf gar nicht erst einreißen, denn wenn es erst mal üblich ist, dass Beleidigungen an die Stelle von Argumenten treten können, ist Sacharbeit kaum noch möglich“ stellt Johannes Thusbaß fest. Der Bürgermeister hat deshalb auch eine Stellungnahme im „Kommunenfunk“, dem örtlichen digitalen Rundbrief, veröffentlicht, in der er klar macht, dass sowohl er als auch der gesamte Gemeinderat die anonymen Aushänge aufs Schärfste verurteilen. „Es geht hier darum, einen Pflock einzurammen“, sagt er: „Es darf nicht sein, dass gerade die neuen Gemeinderäte anfangen, ihre Entscheidungen und ihre Diskussionsbeiträge nicht mehr nach ihrer Sachbeurteilung auszurichten, sondern danach, ob sie in der Folge eventuell an unseren Anschlagtafeln angegriffen werden könnten“.
Polizei ermittelt
in alle Richtungen
Für Johannes Thusbaß wie für den gesamten Gemeinderat ist es deshalb, wie er betont, eine Genugtuung, dass die Polizei nicht nur in allen Richtungen, sondern auch mit Nachdruck ermittele. Es würden, so der Bürgermeister, die Aushänge derzeit auf die darauf befindlichen DNA-Spuren überprüft. Sollte sich durch die sonstigen Ermittlungen ein hinreichender Verdacht auf eine oder mehrere Personen ergeben, so könnte dieser mit den Ergebnissen deutlich erhärtet werden.