„Glückliche Pferde“ bald heimatlos

von Redaktion

Corona-Pandemie kippt Pläne für Mensch und Tier – Verzweifelte Suche nach Domizil

Stephanskirchen – Eigentlich war schon alles für die nächste Phase im Leben durchgeplant. Die „Lucky Horse Ranch“ sollte mit allen 15 Pferden und Ponys nach Ungarn umziehen. Doch dann kam Corona. „All unsere Rücklagen sind inzwischen durch den Stillstand bei laufenden Kosten futsch“, sagt Lisa Gradl. Nun müssen sie bis Juni hier eine neue Heimat finden. In der aktuellen Lage war an einen Umzug nach Ungarn nicht zu denken.

Die 52-Jährige und ihr Mann Koni (57) haben dem Verpächter des Grundstücks, auf dem die Ranch ist, frühzeitig Bescheid gegeben „und er hat daher schon fix einen neuen Pächter“, berichtet sie. „Er ist uns sehr entgegengekommen, hat uns immer wieder Aufschub gegeben. Er kann ja auch nichts dafür, dass es gekommen ist, wie es kam.“

Eigene Vierbeiner
und Untermieter

An der Wasserburger Straße befindet sich der Hof, auf dem die „Lucky Horse Ranch“ einen Teil des Areals gepachtet hat. In mehreren Ställen sind die Pferde und Ponys der Gradls untergebracht sowie Tiere von Leuten, die Stallplätze gemietet haben. Wenn man mit Lisa Gradl über das Gelände spaziert, kann man heraushören, wie sehr sie mit den Tieren verbunden ist. „Die sind quasi Familienmitglieder.“

Lisa Gradl ist auf einem Hof mit 50 Pferden aufgewachsen, saß mit fünf Jahren das erste Mal auf einem Pferd. Gradls bauten zunächst vor über 20 Jahren ihren Ponyhof in Niedermoosen auf. Vor 16 Jahren dann der Umzug auf das Gelände zwischen Graben und Höhensteig. „Drei Ställe, eine Reithalle und so weiter, das haben wir alles über die Zeit aufgebaut“, erzählen die Gradls. Reitunterricht, Reiterferien, Ausritte, Voltigieren, therapeutisches Reiten und noch vieles mehr wird angeboten.

Eine Herzensangelegenheit ist ihnen das Reitprogramm für Kinder aus finanziell schwachen Familien. „Jeder sollte die Chance haben, einmal auf einem Pferderücken zu sitzen“, findet Lisa Gradl. Jung und Alt fänden beim Reiten Entspannung, Frieden und eine Auszeit vom Alltag.

Wie soll es nun weitergehen? Für die Gradls gibt es eine Reihe von Einschränkungen bei der Suche nach einem neuen Heim:

Idealerweise sollte es Stallungen für die Tiere und Wohnen verbinden. „Das muss nicht unbedingt sein, aber wäre optimal“. Es muss baurechtlich möglich sein, Stallungen und Reithalle zu bauen. Es sollte möglichst im Umkreis von Rosenheim und Stephanskirchen sein, damit bisherige Kunden weiter vorbeischauen können und Vater und Sohn Gradl weiter ihren Berufen nachgehen können.

„Wir suchen seit Oktober schon die ganze Zeit. Freunde und Bekannte helfen außerdem, aber es hat sich bisher nichts ergeben“, berichtet Koni Gradl. „Wir haben schon einige Angebote gekriegt, aber bisher war immer nicht genug Platz oder es hätte baurechtliche Probleme gegeben.“ Stadt und Gemeinde könnten leider nicht weiterhelfen.“

„Grundsätzlich ist der Staat mit seinen Behörden nicht für Privateigentum verantwortlich. In erster Linie liegt es am Eigentümer der Pferde, eine Lösung zu finden. Diese Pflicht ergibt sich aus dem Tierschutzgesetz und dem Grundsatz ,Eigentum verpflichtet‘“, erläutert Hester Pommerening, Pressesprecherin des Deutschen Tierschutzbundes. „Wenn sich keine artgerechte Unterkunft finden lässt und so das Tierwohl gefährdet würde, kann das Veterinäramt die anderweitige Unterbringung anordnen und auf Kosten des Eigentümers durchsetzen.“

Die Tiere abzugeben wäre ein Albtraum

Ihre Tiere abgeben? Für die Gradls wäre das ein Albtraum. „Wie gesagt, sie sind für uns wie Familienmitglieder. Wir füttern und pflegen sie weiter, auch wenn sie alters- oder krankheitsbedingt nicht mehr für den Reitbetrieb geeignet sind“, betont Lisa Gradl. Ihre Hoffnung ruht nun darauf, dass noch rechtzeitig ein neues Zuhause für die Tiere gefunden werden kann.

„Zur Not können wir im Sommer auch im Wohnmobil leben“, betont Koni Gradl, „Eine Lösung, bei der wir bei den Tieren wohnen können, wäre ideal. Aber natürlich geht deren Unterbringung vor.“

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