Stephanskirchen – Ihnen graust es jetzt schon von dem Juni, dem Juli, dem August, dem September. Dann ist die Bundesstraße15 bei Rott gesperrt und in Lack, in Niedernburg, in Aign, in Lochen oder Ziellechen donnern den paar Hundert Anliegern wieder die Lkws fast durch Küche und Schlafzimmer. „Das wird wieder eine Katastrophe“, sagt Emmeran Voringer. Er wohnt in Niedernburg, nur etwa zwei Meter neben der Fahrbahn.
Bei der letzten Sperrung der B15 haben sich die Aigner und Niedernburger die Mühe gemacht und an einem Dienstag zwölf Stunden lang den Verkehr gezählt. Sie kamen auf knapp 10000 Fahrzeuge und 1230 Lkws. „Das sind statistisch alle fünf Sekunden ein Pkw und alle 35 Sekunden ein Lkw“, rechnet Georg Plankl aus Aign vor. Die letzten amtlichen Zahlen sind von 2015 – als es noch keine Lkw-Maut gab. Die Zählung 2020 fiel coronabedingt aus, wurde auf 2021 verschoben.
Überörtliche Laster
auch nachts unterwegs
Voringer, Plankl und die anderen Anlieger fürchten vor allem den überörtlichen Schwerverkehr. „Die Milchlaster zu den Wasserburger Molkereien oder die heimfahrenden Zosseder-Lkws sind ja nur tagsüber unterwegs“, so Voringer, „die überörtlichen aber rund um die Uhr. Wir können uns nicht einmal mehr nachts erholen. Und bei offenen Fenster schlafen geht gar nicht.“
Es sei eine massive Belastung für die Anwohner, bestätigt Plankl, die in den letzten Wochen auch zugenommen habe, „wir sehen wieder verstärkt Lkws mit Kennzeichen aus nördlichen Teilen Bayerns und aus dem benachbarten Ausland.“
Das kann Robert Aßmus, der Griesstätter Bürgermeister, nachvollziehen. Er war Jahrzehnte als Lkw-Fahrer unterwegs, weiß aus eigener Erfahrung, dass es über die Staatsstraße leichter ins Inntal oder auf die Salzburg-Münchner Autobahn geht. „Über die B15 durch Rosenheim ist es viel aufwendiger, solange die Westtangente nicht fertig ist.“
Die Kombination aus Sperrung der B15 bei Rott und Bau der Westtangente hat jetzt laut Plankl dazu geführt, dass die Anwohner einen erneuten Versuch unternehmen, in Zusammenarbeit mit den Gemeinden, den Schwerlastverkehr von der Staatsstraße zu bekommen. Denn bisher fühlen sie sich vom Staatlichen Bauamt und vom Landratsamt allein gelassen. Befürchtungen würden heruntergespielt, Anträge abgelehnt. „Das geht so nicht weiter“, findet Aßmus.
Und ist sich da mit seinem Stephanskirchner Amtskollegen Karl Mair einig. Der hat das Thema schon eine Weile im Blick, stellt in der Vogtareuther Straße immer mehr Lkws mit Kennzeichen fest, „bei denen ganz klar ist, dass sie zumindest halb Bayern auf der Nord-Süd-Achse durchfahren.“ Das sei nicht Sinn der Sache, dafür gebe es Autobahnen und Bundesstraßen, die auch entsprechend ausgebaut seien.
Über Autobahnen
großräumig umleiten
„Ich befürchte, wenn die Kraglinger Spange kommt, die eigentlich den Ort entlasten soll, dann wird es an der Staatsstraße nach Norden eher noch schlimmer.“ Weil es dann für den Mautausweichverkehr noch bequemer wird.
Das sahen auch die Mitglieder des Umwelt- und Verkehrsausschusses (UVA) Stephanskirchen so, denn sie forderten das Straßenbauamt einstimmig dazu auf, nach Abklingen der Corona-Pandemie eine aktuelle Verkehrzählung durchzuführen. Dabei sei dann auch die Auswirkung der Lkw-Maut auf der B15 gesondert zu untersuchen. Außerdem wird das Straßenbauamt aufgefordert, bei der unvermeidlichen Sperrung der B15 Alternativen wie eine Verkürzung der Bauzeit oder anderweitige Umleitungen aufzuzeigen. Die Anwohner von Lack, Niedernburg, Aign, Lochen, Ziellechen und Holzhausen wollen während der Bauphase an der B15 den Schwerlastverkehr großräumig ab Dorfen über die A94, A99 und A8 bis südlich von Rosenheim umleiten. Karl Mair hat den Antrag schon gestellt. Denn spätestens mit der Fertigstellung der Westtangente, da wollen alle eine Beschränkung auf 7,5 Tonnen auf der Staatsstraße 2359 von Stephanskirchen bis Griesstätt – Milchlaster und andere Anlieger ausgenommen. Das beschloss der Stephanskirchner UVA, in Griesstätt ist es Thema der nächsten Gemeinderatssitzung. „Unsere Holzhauser leiden“, so Aßmus, „wir hängen uns da gerne an.“