Nachwuchs bei den Kängurus

von Redaktion

Josef Flötzinger aus Amerang: „Jeder hat doch einen Vogel, und meiner hupft halt“

Amerang – Neugierig sind sie, wenn sie daher hüpfen, aber auch recht schreckhaft. „Fluchttiere eben“, erzählt Josef Flötzinger schmunzelnd während er den Blick über seine Tiere schweifen lässt. Insgesamt 27 Kängurus leben am Ortsrand von Amerang. Einige von ihnen wurden gerade erst geboren. Sechs kleine Wallabys und zweimaliger Nachwuchs des Östlichen Grauen Riesenkängurus springen bereits im Gehege herum.

Der Nachwuchs der Wallabys ist etwas jünger und für seine circa acht Monate noch recht klein. „Das ist ganz normal, Känguru-Babys wachsen länger als ein halbes Jahr lang im Beutel auf. Wann genau sie das Licht der Welt erblicken, wissen wir nicht.“

Bei Geburt so groß wie Gummibärchen

„Bei der Geburt sind die Kängurus so groß wie ein Gummibärchen, wiegen weniger als ein Gramm, sind blind, taub und nackt. Zu Gesicht bekommen wir die Kleinen erst, wenn sie groß genug sind und nach ein paar Monaten frech aus dem Beutel blicken“, erklärt der Züchter.

Ein ungewöhnliches Hobby, dem Flötzinger nun schon seit 20 Jahren nachgeht. Angefangen hat alles mit einem männlichen Grauen Riesen aus einer privaten Haltung in Nordrhein-Westfalen und einem Weibchen aus einem Zoo in Krefeld. Seither sind die Beuteltiere, die zwölf und maximal 18 Jahre alt werden können, aus Flötzingers Leben nicht mehr wegzudenken.

„Jeder hat doch einen Vogel und meiner hupft halt gleich mehrfach“, sagt er lachend im Gespräch mit der Heimatzeitung. Fasziniert sei er schon immer von den australischen Tieren gewesen, die in den Augen des Amerangers eine gewisse Ruhe ausstrahlen.

Seine Kängurus leben ganzjährig in ihrem Außengehege mit angrenzenden Stallungen. Im Chiemgau fühlen sie sich sehr wohl, wie ihr Besitzer weiß. Denn die große Hitze mögen sie gar nicht: „Wenn wir im Hochsommer Temperaturen über 30 Grad haben, sieht man die Kängurus nur im Schatten – denen ist dann schlicht zu warm. Darum sagt ihnen das Klima hier zu, selbst kalte winterliche Temperaturen stören sie nicht.“

Kängurus sind genehmigungsfrei, leise und stinken nicht. Eine baurechtliche Genehmigung benötigte Flötzinger, der vor den Kängurus Mufflons (Wildschafe) gehalten hat, lediglich für den Bau des rund 3500 Quadratmeter großen Geheges auf seinem Grundstück hinter dem Haus.

Besondere Vorschriften für das Halten der Tiere gibt es nicht, da es sich nicht um gefährliche Wildtiere, sondern um Pflanzenfresser handelt. Geht es ums Fressen, stehen die dämmerungsaktiven Tiere Gewehr bei Fuß und hüpfen im Eiltempo eifrig herbei. Kängurus sind zu 100 Prozent Vegetarier, verspeisen neben dem Trockenfutter Heu und Rinde. Während der Ameranger erzählt, schnuppert ein Muttertier an seinem Hosenbein. Das Baby reckt sein Köpfchen neugierig aus dem Beutel. Ein Schritt vorwärts und das Tier springt erschrocken auf und weicht samt Nachwuchs, der sogleich zurück in den Beutel rutscht, einige Meter zurück. „Kängurus sind Fluchttiere und sehr schreckhaft“, erklärt ihr Besitzer und erzählt, dass es schon mal passieren kann, dass ein Känguru aus Schreck vor Donnergrollen tot umfällt. Am schlimmsten sei für seine Tiere die Silvesternacht. „Gott sei Dank fahren die Schießwütigen aus Rücksicht vor meinen Tieren zum Böllern zu Freunden, die Nachbarn hier sind sehr verständnisvoll. Keiner will die Kängurus in Panik versetzen“, lobt Flötzinger.

Boxkämpfe, Haken und 16-Meter-Sprünge

Die älteren Böcke nennt Flötzinger „Boomer“, was „Old Man Kangaroo“ bedeut. Auch wenn die Tiere ruhig und gemütlich wirken, teilweise vor sich hin dösen – sie können von einer Sekunde auf die andere aktiv werden, Boxkämpfe austragen und flinke Haken schlagen. Ein männlicher Grauer Riese springt bis zu 16 Meter weit bei einer Höhe von 2,50 Meter. Ausbüxen aber will von Flötzingers Tieren keines, da macht er sich keine Sorgen, wie er mit einem Blick auf seine Beuteltiere verlauten lässt: „Die Wallabys sind eher gemütliche Einzelgänger, die auch nicht so hoch springen. Sie sind von der Körpergröße mit circa 60 Zentimetern auch viel kleiner. Der Graue Riese hingegen fühlt sich in seinem Rudel bei seinen Weibchen so wohl, dass er gar nicht ans Strawanzen denkt.“

Artikel 1 von 11