Stephanskirchen – Die Gemeinde lehnt die Planungen der Deutschen Bahn zur Auswahltrasse des Brenner-Nordzulaufs (BNZ) ab. Juristische Schritte gegen das Projekt sollen überprüft werden. So lautet der knappe Beschluss des Gemeinderates. Bis dieser einstimmig fiel, ging es in der Sitzung des Gemeinderates phasenweise ungewohnt bissig zur Sache.
Es sei ein guter Tag für die Region hatte die Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig (CSU) bei der Bekanntgabe der violetten Trasse als Planungstrasse des Brenner-Nordzulaufs gesagt. Das sehen die Stephanskirchner Gemeinderäte anders. Quer durch die Fraktionen.
„Verrat am Wahlkreis“
durch Daniela Ludwig
Thomas Riedrich (Parteifreie), der als Vorsitzender des Brennerdialogs seit Jahren sein breites Kreuz zwischen die Belange von Mensch und Natur im Süden und in der Mitte des Landkreises und die Pläne der Bahn stellt, wurde sehr deutlich: Daniela Ludwig habe 2003 ihren Wahlkreis verraten, als sie im Verkehrsausschuss des Bundestages keinen Mucks gegen den BNZ machte, damit die Weichen stellte, dass der BNZ als „vordringlicher Bedarf“ eingestuft wurde. Mit allen rechtlichen und planerischen Konsequenzen.
„Wir haben ihr nicht nur die violette Trasse, wir haben ihr das ganze Projekt zu verdanken“, so Riedrich.
Bürgermeister Karl Mair (Parteifreie) verwies darauf, dass die Gemeinde schon im Rahmen des Raumordnungsverfahrens sowohl die blaue wie die violette Trasse abgelehnt und gewichtige Argumente gegen beide vorgebracht habe. Die violette Trasse sei die längste und teuerste – bei Bau und Unterhalt – aller Varianten. Möglicherweise habe sie wegen des langen Streckenanteils im Tunnel weniger Auswirkungen auf Mensch, Natur und Landschaft als andere Trassen, Stephanskirchen sei aber durch die beiden Tunnelportale bei Eitzing und an den Innleiten massiv betroffen.
Er habe sich das vergleichbare Projekt durch die Schwäbsche Alb zwischen Stuttgart und Ulm angeschaut, dort herrschte an den Tunnelportalen über viele Jahre hinweg der Ausnahmezustand.
Johannes Lessing (Die Grünen) hält den BNZ wegen der Verkehrs- und Klimawende zwar für nötig, „aber raumverträglich muss er sein“. Und da gebe es sicher umweltverträglichere Trasse als die nun gewählte. Ja, den Ausbau der Bestandsstrecke, so Erika Riedrich (Parteifreie).
Das gebe es von der Deutschen Bahn schriftlich, dass eine Ertüchtigung der bestehenden Strecke auf eine Fahrgeschwindigkeit von 160 Kilometern pro Stunde ausreichend sei.
Diesen Ausbau des Bestands wollten auch die Bürger, so Friedrich Kreutz (AfD), die Politiker handelten mit der neuen Trasse mutwillig. „Die ist ein reines CSU-Projekt um Aufträge vergeben zu können“, so Thomas Riedrich. Denn ein Kapazitätsproblem gebe es bei einer ausgebauten Bestandsstrecke nicht.
Uwe Klützmann-Hoffmann hielt fest, dass auch die Stephanskirchner SPD absolut gegen die Trasse sei. Zumal noch viel zu viele Fragen offen seien.
„Wir sitzen alle
im selben Boot“
Gerhard Scheuer (Parteifreie) stellte fest, dass der Gemeinderat sich wohl einig sei, dass man die violette Trasse der CSU zu verdanken habe. „Wenn Ihr Eier in der Hose habt, tretet Ihr geschlossen aus der Partei aus“, so Scheuer zu seinen Ratskollegen der CSU.
Deren Fraktionsvorsitzender Günther Juraschek lehnte den Austritt ab. Die Trasse auch. „Die ist für mich ein Monster. Ich hätte nie gedacht, dass es uns so sehr betrifft“, gestand er. Juraschek bat darum, bei diesem Thema die Parteipolitik heraus zu lassen, „wir sitzen hier alle im selben Boot.“
Das sahen letztendlich alle Ratsmitglieder genauso, schoben ihre unterschiedlichen Gründe beiseite, schlossen die Reihen und stemmten sich einstimmig gegen die violette Trasse des Brenner-Nordzulaufs.