Obing – Die Erzdiözese München und Freising hat seit April 2020 speziell ausgebildete Seelsorgerinnen und Seelsorger im Einsatz, um Menschen, die am Coronavirus erkrankt sind, seelsorgerisch beizustehen. Obings Pfarrer David Mehlich ist Teil der Einsatzgruppe.
„Kirche ist zu allen Zeiten für die Menschen da – gerade auch in Zeiten wie diesen“, bekräftigt David Mehlich. Er ist einer von rund 50 Frauen und Männer der „Einsatzgruppe Seelsorge“, die Covid-19-Erkrankten und ihren Angehörigen zu Hause oder in Einrichtungen wie Altenheimen oder Krankenhäusern seelsorglich beistehen. Das habe sich aber leider noch nicht genügend herumgesprochen, sagt der Obinger Ortspfarrer.
Seelsorger kommen
auch ans Krankenbett
Corona erschwere die Seelsorge. „Die größte Herausforderung ist eigentlich, dass wir oft nicht gerufen werden“. Viele Menschen würden meinen, dass Seelsorger nicht zu Corona-Infizierten kämen, weil sie sich nicht trauen würden oder weil ein solcher Besuch nicht erlaubt sei. Aber niemand müsse alleine sein und darum sei es für ihn selbstverständlich, dass Seelsorger zu den Menschen gehen würden.
„Unsere Gruppe leistet dazu einen wichtigen Beitrag. Die aktuelle Krise zeigt, dass wir alle diesen Trost und diesen Zuspruch dringend nötig haben“, betont David Mehlich und erzählt von berührenden Begegnungen mit unterschiedlichen Menschen, die er im Rahmen seiner Tätigkeit erlebt hat.
Für seinen Einsatz wurde David Mehlich auch in puncto richtige Handdesinfektion und An- und Ablegen der Schutzkleidung intensiv geschult. „Es gibt eine bestimmte Reihenfolge für die einzelnen Elemente. Ich habe mir eine kleine Checkliste gemacht, die ich dann dabeihabe“, so Mehlich. Eingehüllt in die Schutzkleidung fühle er sich zwar sicher, mit der Zeit sei vor allem das Atmen mit der Maske jedoch sehr anstrengend. Es wird schnell heiß und zudem sei es häufig auch aufgrund der Maske nicht leicht, ein Gespräch zu führen.
Die Gespräche selbst seien die gewohnten Seelsorgekontakte mit den ganz persönlichen Themen, die die Menschen umtreiben würden. „Sprechen und Hören – also Verstehen und Verstandenwerden ist mit Maske und den äußeren Umständen etwas schwieriger“, findet Mehlich.
Insgesamt sei es schon ein beklemmendes Gefühl. Auch weil sich die Atmosphäre auf den Intensivstationen stark verändert habe und sehr angespannt sei. „Dennoch begegnet mir eine sehr große Dankbarkeit und ich spüre, dass die Kranken, aber auch deren Angehörige und das Pflegepersonal, froh über mein Kommen sind, denn die Patienten haben oft schon lange keinen Besuch mehr bekommen“, berichtet der Pfarrer.
Er sei sofort bereit gewesen, in der Einsatzgruppe mitzumachen. Der Obinger Pfarrer berichtet von Besuchen in Privathäusern und Krankenhäusern. Wenn die Einsatzgruppe gerufen werde, stehe der Tod oft sehr nahe vor der Tür. In solchen Situationen brauche es meist nicht viele Worte. Vielmehr erlebe er immer mehr, welche Kraft in den Riten und auch in den Sakramenten der Kirche läge.
Nähe auch ganz
ohne Worte möglich
„Einmal war ich auf einer Intensivstation am Bett eines Patienten, der im Koma lag. Ich habe die Krankensalbung gefeiert und an seinem Bett gebetet. Er hat das bestimmt nicht bewusst miterlebt. Trotzdem hatte ich den Eindruck, dass zwischenmenschliche „Nähe ohne Worte“ da war.“
Auch der Besuch bei einer Familie, in der die Großeltern schwer erkrankt waren, sei ihm in Erinnerung geblieben. Gemeinsam habe man mit dem erkrankten Paar, das in seinem Ehebett lag, die Krankensalbung gefeiert. Immer mehr Familienmitglieder seien dazugekommen und am Ende sei ein Familiengottesdienst daraus geworden.
„Es war für alle ein bewegender Moment, denn in den langen Tagen der Quarantäne und der Sorge um die Großeltern hatten sich viele Emotionen angestaut“, weiß Pfarrer Mehlich. Vor dem Haus habe er nach seinem Besuch Kittel, Brille, Handschuhe und Maske abgelegt und sei über die imaginäre Quarantäne-Grenze getreten. „Das Winken der Familienmitglieder sehe ich noch heute vor mir“, beschreibt der Seelsorger.