Nußdorfer zeigen Politik die Rote Karte

von Redaktion

Protest gegen die Erweiterung des Steinbruchs – Kritik an Betreiber und Landratsamt

Nußdorf – Trotz regnerischen Wetters haben sich am Samstag Nußdorfer Bürger, aber auch zahlreiche Inntal-Bewohner aufgemacht, um gegen die nochmalige Erweiterung des dortigen Steinbruchs zu demonstrieren. Damit zeigten die rund 500 Teilnehmer der Rohrdorfer Zementwerk-Gruppe als Betreiberin, aber auch den Verantwortlichen in der Verwaltung und Politik symbolisch die Rote Karte. Die Aktion am Sportplatz des Ortsteils Überfilzen soll verhindern, dass auch in den kommenden 50 Jahren weiter Kalkstein abgebaut wird.

Verfahren unterbrochen

Streitpunkt war bislang, bis zu welcher Höhe besagtes Unternehmen weiter Kalkstein abbauen darf. Als Grenze wurde in den Genehmigungen und Plänen seit 1994 immer wieder eine Höhe von 758 Meter genannt. Der Streit um die Grenze endete vor 2018 Gericht mit einem Beschluss, dass ein Abbau oberhalb dieser Linie nicht mehr zulässig ist.

Schließlich sei der Betreiber in die Offensive gegangen und beantragte die Erweiterung des Steinbruchs über eine Fläche von zwei Hektar, schildert Uli Kottmann vom Aktionsbündnis „Rettet den Heuberg“. „Das hört sich nach wenig an, stellt aber wegen der steilen Lage eine recht große Menge dar. Immerhin geht es um 9,6 Millionen Tonnen Gestein, die in den kommenden 50 Jahren abzubauen wären.“

Das neuerliche Genehmigungsverfahren wurde 2019 kurz vor der öffentlichen Anhörung unterbrochen, weil Unterlagen fehlten. „Warum hat das Landratsamt ein Verfahren unverständlicherweise so weit vorangetrieben, wenn noch wesentliche Dokumente fehlen?“, fragte Kottmann während der Versammlung am Samstag. Immerhin gehöre das Gebiet, in dem der Steinbruch liegt, zur Alpenschutz-Zone C. „In der Konsequenz bedeutet dies, dass der Steinbruch weder Vorrang- noch Vorbehaltsgebiet für den Gesteinsabbau ist“, wie Dr. Klaus Lintzmeyer vom Verein zum Schutz der Bergwelt feststellte.

„Gegen den Antrag auf Erweiterung hat die Gemeinde Nußdorf umfangreiche Einwände vorgetragen“, sagte Nußdorfs Erster Bürgermeister Sepp Oberauer. Seine Gemeinde habe hierfür auch die Hilfe von Geologen und Biologen in Anspruch genommen.

Aus seiner Sicht wäre es allerdings besser gewesen, nicht über eine Erweiterung zu entscheiden, sondern gleich den gesamten Steinbruchbetrieb infrage zu stellen. Das Unternehmen überschreite in Teilen die Grenzen der jeweiligen Genehmigungen. Nebenbestimmungen zur Abbauerlaubnis habe der Betreiber nicht eingehalten. Darunter: die Eingriffe in das Landschaftsbild auf ein Minimum zu reduzieren. Als schließlich alle relevanten Dokumente für die Abbauerweiterung vorlagen, machte die Pandemie ein Strich durch die Rechnung.

Das Landratsamt setzte die Beteiligung der Öffentlichkeit aus und gab bekannt, dass es unter diesen Umständen über die Erweiterung des Steinbruchs entscheiden dürfe, ohne die mehr als 1200 Eingaben öffentlich zu erörtern, berichtete Kottmann. Die Veranstaltungsteilnehmer quittierten diese Vorgehensweise der Behörde mit lang anhaltenden Buhrufen.

Zusammenfassend stellt Uli Kottmann fest: „Unser Vertrauen in die Objektivität des Landratsamtes ist zerbrochen. Zu lang und zu eng war der Schmusekurs mit den Betreibern, hinzu kommt eine schlechte Aufsicht und ein mangelhaftes Monitoring. Dabei wurden doch Landratsamt und Betreiber in einer sehr ausführlichen Urteilsbegründung vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes 2018 letztendlich abgewatscht.“

Alexander Huber: „Shame on you!“

Der wohl prominenteste Redner bei der Veranstaltung war Bergsteiger Alexander Huber, der sich für den Erhalt der Bergwelt einsetzt. „Ihr habt in Nußdorf einen schönen Hausberg, der es wert ist, dass Ihr ihn so zahlreich verteidigt“, sagte er.

„Es ist nicht mein Berg und es ist nicht mein Landkreis, aber dass der Landrat heute nicht gekommen ist, obwohl es um wichtige Forderungen von Euch geht, kann ich nur sagen ‚Shame on you‘ Landrat!“ Er forderte die Gemeinde auf, nicht locker zu lassen und sich weiter für die Sache einzusetzen.

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