Widerstand leisten und investieren

von Redaktion

St. Leonhardsquelle erweitert Firmengelände direkt am geplanten Brenner-Nordzulauf

Stephanskirchen – Sie fließen vermutlich seit Urzeiten, die vier Quellen in den Innleiten unterhalb Stephanskirchens. Seit Jahrzehnten wird ihr Wasser in Glasflaschen abgefüllt, die Nachfrage stieg stetig und mittlerweile ist die St. Leonhardsquelle Marktführer im Naturkosthandel und hat sich auch in der Spitzengastronomie etabliert. Wie lange das noch so bleibt, ist nach der Entscheidung der Bahn für die violette Trasse des Brenner-Nordzulaufs (BNZ) allerdings offen.

Das Wasser sucht
sich neue Wege

Denn just neben diesen Quellen soll das Portal des Tunnels Ringelfeld – benannt nach einer Flur nordwestlich von Baierbach – die Züge in zwei Röhren aus dem Stephanskirchner Untergrund entlassen und sie in Gegenrichtung aufnehmen. „Bei Veränderungen im Untergrund sucht sich das Wasser neue Wege“, sagt Martin Abfalter, Geschäftsführer der St.Leonhardsquelle, „und die sind auch von Fachleuten nicht vorherzuberechnen.“ Es sei auch nicht klar, ob alle vier Quellen von dem Tunnelportal betroffen sein werden oder nicht. Ganz klar ist aber, dass die zum Konzern gehörende St. Georgsquelle in Ruhpolding kein Ersatz sein kann. Sie macht laut Abfalter etwa zehn Prozent des Umsatzes aus.

Wie lange in Leonhardspfunzen alles so weiter gehen kann wie bisher, das vermag derzeit wohl niemand zu sagen. Abfalter lässt sich juristisch beraten, „da die Bahn bei den vorhergehenden Gesprächen nicht offen gespielt hat, werden wir unsere Möglichkeiten ausschöpfen.“ Derzeit läuft das Geschäft gut. So gut, dass der Platz für volle wie leere Getränkekisten ausgeht. Eine Erweiterung der Hof- und Verladefläche ist beantragt, „die brauchen wir einfach, damit die Abwicklung leichter wird.“

Den Antrag hatte der Bau- und Planungsausschuss der Gemeinde Stephanskirchen vor gut einem Jahr schon einmal auf dem Tisch liegen. Und lehnte trotz Teilprivilegierung ab. Weil die knapp 900 Quadratmeter große Fläche in einem Landschaftsschutz- und einem Flora-Fauna-Habitat-Gebiet liegt und ein Teil des Waldes gerodet werden soll. Das sei eine unzulässige Beeinträchtigung öffentlicher Belange, so hieß es im Beschluss vom April 2020.

Ein Jahr später teilt das Landratsamt der Gemeinde mit, dass die Untere Naturschutzbehörde dem Vorhaben mit entsprechenden Maßgaben zugestimmt habe. Auf Nachfrage erklärte Ina Krug, Sprecherin des Landratsamtes, dass anhand einer FFH-Verträglichkeitsprüfung dargelegt sei, dass das Vorhaben „bei Beachtung von Auflagen zu keiner Beeinträchtigung der für das FFH-Gebiet maßgeblichen Schutzgüter führt“. Es seien Auflagen zur Minimierung des Eingriffs insbesondere in angrenzende Gehölzbestände und in das FFH-Gebiet sowie Artenschutz- und Ausgleichsmaßnahmen festgelegt worden.

Damit landete der Bauantrag erneut im Bau- und Planungsausschuss der Gemeinde. Johannes Lessing (Die Grünen) fand, an den Argumenten habe sich seit April vergangenen Jahres nichts geändert. „Ich verstehe die Untere Naturschutzbehörde nicht.“

Stephan Mayer (Parteifreie) hingegen fand es „sehr gut, dass ein ortsansässiger Betrieb trotz der unsicheren Lage mit dem Brenner-Nordzulauf investiert“. Außerdem sei das ja vielleicht ein weiterer Nadelstich beim Raumwiderstand gegen den BNZ. „Wenn der Brenner-Nordzulauf vor allen anderen Naturschutz- und FFH-Gebieten nicht halt macht, dann vor einer Lagerfläche mit Getränkekisten erst recht nicht“, konterte Steffi Panhans (SPD).

Landratsamt könnte
Gemeinde überstimmen

Lessing wollte von Christian Hausstätter, dem Baurechtler in der Gemeindeverwaltung, wissen, ob es sein könne, dass das Landratsamt die Gemeinde überstimme und trotz Ablehnung durch den Ausschuss das Bauvorhaben genehmige. Das sei durchaus möglich, so Hausstetter. Gegen die Stimmen von Lessing und Panhas sprach sich der Ausschuss für die Genehmigung des Vorhabens aus.

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