Flintsbach/Oberaudorf – Vollsperrung bei Flintsbach/Fischbach und die Umleitung führt über Tirol? Eines von zwei österreichischen Bundesländern – das andere ist Vorarlberg – das die Bayerische Staatsregierung am Sonntag noch als Corona-Risikogebiet bezeichnete? Wo man bei der Ein- und Ausreise angemeldet und geimpft, genesen oder getestet sein muss? Wie soll denn das funktionieren?
Das fragte sich am Montag auch Rudolf Becker aus Brannenburg, der nach Oberaudorf wollte, „aber nicht über die Autobahn, weil ich von langen Lkw-Staus ausging.“ Also versuchte Becker, herauszufinden, welche Voraussetzungen er erfüllen musste.
Die Gemeindeverwaltung wusste nichts. Von der Corona-Hotline im Landratsamt erhielt er die Auskunft, dass die Tiroler Bestimmungen (siehe oben) gelten. Die örtliche Tourist-Info konnte ihm auch nichts sagen. Und die Polizei Brannenburg verwies ihn an die Bundespolizei. „Ich habe herumtelefoniert wie der Buchbinder Wanninger“, sagt Becker.
Kein Testtermin,
keine Fahrt
Er gab sich geschlagen, rief beim Brannenburger Testzentrum an. Da war kein Termin mehr frei „und damit war die Fahrt nach Oberaudorf gestorben.“ Denn einfach durchfahren, das wollte er nicht. „Wenn ich mich in die Büsche schlagen muss und in dem Moment kommt die Polizei vorbei, dann zahle ich 500 Euro“. Becker blieb daheim.
Nicht daheim blieb OVB-Mitarbeiter Volkhard Steffenhagen. Der machte sich im Auftrag der Redaktion auf den Weg von Nußdorf nach Oberaudorf. Auf der Umleitung über Erl, die eigentlich nur für Fahrzeuge, die langsamer als 60 Kilometer pro Stunde sind, vorgesehen ist. Alle schnelleren Fahrzeuge werden offiziell über die Inntalautobahn A93 umgeleitet.
Steffenhagens Fazit: Über Erl nach Oberaudorf gefahren und zurück – zwischen lauter Pkws, übrigens – und es hat keinen Menschen interessiert. Der Grenzposten bei Windshausen war am späten Nachmittag verlassen. In Oberaudorf habe er zwar einige Polizisten gesehen, so Steffenhagen, aber die hätten die Autofahrer aus Niederndorf nicht weiter beachtet.
Ja, was gilt denn nun? Michael Fischer, Pressesprecher des Landratsamtes Rosenheim, erklärt, der „kleine Grenzverkehr“ sei zulässig, „die Herrschaften dürfen dort fahren.“ Und verkehrsrechtlich sei die Umleitung selbstverständlich mit den österreichischen Kollegen abgesprochen.
Nun hatte der kleine Grenzverkehr Mitte Mai ja nicht so recht geklappt, Österreich war mit der Umsetzung nicht so schnell wie Bayern. Also vorsichtshalber mal nachfragen beim zuständigen Gesundheits- und Sozialministerium in Wien. Dessen Pressesprecherin Christina Ritschel erklärt: Handele es sich um eine Durchreise durch Österreich seien die betroffenen Personen von jeglichen Verpflichtungen befreit. Das besage auch §8 Abs. 2 der Covid-19-Einreiseverordnung. Eine Durchreise liege „auch bei ausschließlich unerlässlichen Unterbrechungen vor“, sofern die Ausreise sichergestellt sei.
Einkaufen gehen
kann teuer werden
Hätte Rudolf Becker sich in die Büsche schlagen dürfen? Ist eine drückende Blase eine „unerlässliche Unterbrechung“? Und weiß das Bezirkspolizeikommando Kufstein das? Die Anfrage wird mit schallendem Gelächter am anderen Ende der Telefonleitung quittiert. Ja, er hätte müssen dürfen, sagt dann eine erheiterte Mitarbeiterin, die nicht namentlich genannt werden möchte. Wer beim Essen oder Einkaufen erwischt wird, für den kann es teuer werden, der gilt nicht mehr als Durchreisender. Aber in die Büsche schlagen, das werde nicht geahndet. „Da sollte man etwas Fingerspitzengefühl haben und nicht alles auf die Spitze treiben.“