Ein Großprojekt wie der Turmbau zu Babel

von Redaktion

Rohrdorfs Pfarrer Robert Baumgartner: Scheitern kann heißen, keine gemeinsame Sprache zu haben

Rohrdorf – Gut 240 Menschen fanden sich am Samstag nahe Unterimmelberg in der Gemeinde Rohrdorf ein. Dort wurde der zweite von derzeit insgesamt vier geplanten Feldgottesdiensten gefeiert, die sich mit dem Brenner-Nordzulauf auseinandersetzen.

Rohrdorfs Pfarrer Robert Baumgartner hatte zur Lesung den Bibeltext zum Turmbau zu Babel ausgewählt. In seiner Predigt erläuterte er, wie ein Großprojekt daran gescheitert sei, dass die Menschen keine gemeinsame Sprache mehr fanden. Zu solchen Problemen, so der Pfarrer, brauche es aber keine göttliche Sprachverwirrung. Schon innerhalb einer einzigen Sprache sei es oft schwer, sich verständlich zu machen, was man auch am Projekt des Brenner-Nordzulaufs sehe. Da gebe es Tatsachen, die anscheinend nicht unter einen Hut zu bringen seien. Was da fehle, sei ein Blick auf das Ganze, der erst eine Gewichtung der Fakten ermögliche. So ein Blick aber könne nur gelingen, wenn man miteinander rede.

Dieses Miteinanderreden sei ein Ziel, um das man sich bemühen und auf das man hoffen, für das man aber auch beten könne. Nicht umsonst stehe die Reihe der Feldgottesdienste unter dem Motto „Und beten hilft auch“.

Die Feldgottesdienste, sagte Pfarrer Baumgartner, hätten auch noch eine andere Funktion: Es gehe darum, dass die Menschen ihre Sorgen angesichts der Streckenplanungen aussprechen könnten. Fünf Anlieger sprachen vor allem über die Sorge um die Landschaft, die die Gottesdienstbesucher auf der Anhöhe unmittelbar vor Auge hatten, mit einem an diesem Sommertag grandiosen Blick in die Alpenkette. Landwirte seien betroffen, denn viele Höfe seien bei einem Trassenbau nicht mehr überlebensfähig. Aber auch fast jeder andere Gottesdienstbesucher, so meinte Pfarrer Baumgartner, habe sein Sorgenpaket zu tragen. Das Entscheidende sei, dass man in der Gemeinschaft dieses Gottesdienstes die Erfahrung machen könne, mit seinen Befürchtungen nicht allein zu sein. Es sei vielmehr die Gewissheit da, dass da andere seien, die einem im doppelten Sinn beistünden.

Bekräftigt wurde diese Erfahrung durch eine Idee von Rohrdorfs Zweiter Bürgermeisterin Maria Haimmerer: Sie hatte selbst gebackenes Brot mitgebracht, so viel, dass sich alle Gottesdienstbesucher davon bedienen konnten. Wohl auch deshalb lösten sich die Menge nach dem Gottesdienst nicht einfach auf, man blieb noch zusammen, um zu ratschen. Für Bürgermeister Simon Hausstetter war auch das ein Signal: Zumindest hier sei miteinander zu reden möglich. Und dass die Politik den Widerstand der Bevölkerung am Ende ernst nehme – da habe er die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben. Johannes Thomae

Artikel 7 von 11