Großkarolinenfeld – Was die geplante Trasse des Brenner-Nordzulaufs für die Landschaft und die Menschen in der Region Rosenheim wirklich bedeutet, sieht man erst, wenn man vor Ort mit den Betroffenen redet. Genau deshalb hatten die Freien Wähler aus der Region zwei ihrer Landtagsabgeordneten, Nik Kraus und den Fraktionsvorsitzenden Florian Streibl, nach Großkarolinenfeld auf einen Bauernhof eingeladen.
Bild der Lage
vor Ort machen
„Wenn die Brenner-Strecke ohne Tunnel hier vorbeigeführt wird, ist unser Hof platt“, sagt Christian Hofmann. Er bewirtschaftet mit seiner Frau Barbara und seinen Eltern Georg und Theresa einen 20 Hektar großen Biobetrieb bei Großkarolinenfeld, 40 Kühe besitzt die Familie. Die Weide fängt bereits 200 Meter hinter dem Haus an. Genau dort wo nach den Planungen der Deutschen Bahn die violette Trasse des Brenner-Nordzulaufs verlaufen soll.
Für Florian Streibl war der Besuch eine Möglichkeit, die Verhältnisse vor Ort kennenzulernen. „Die Pläne und Karten, die man in München auf dem Tisch liegen hat, geben ein Bild, einen Eindruck. Die Realität vor Ort, wenn man tatsächlich die Geländeverhältnisse sieht und dazu die Nähe zu manchen Häusern und Orten direkt vor Augen hat, ist noch einmal etwas anderes“, sagte er.
Die Kommunalpolitiker aus Schechen, Tuntenhausen und Großkarolinenfeld wollten den Landtagsabgeordneten die beiden Stoßrichtungen der gemeinsamen Resolution des Landkreises, der Stadt Rosenheim und der elf unmittelbar betroffenen Gemeinden vorstellen: Einerseits auf der Prüfung des Bedarfs zu bestehen, andererseits für den Ernstfall die violette Trasse von den größten Problemstellen zu befreien.
Wie viele der örtlichen Kommunalpolitiker sah auch Florian Streibl den zweiten Punkt als wichtiger an. Zwar gab er Josef Lausch, Organisator der Aktion und Fraktionssprecher der Kreistagsfraktion der Freien Wähler, recht.
Dieser sagte, dass schon die unmittelbare Zukunft die Frage nach dem Bedarf völlig neu stellen würde: Wasserstoff-Lkw oder oberleitungsgestützte Elektro-Antriebe, dazu autonomes Fahren, seien in der Entwicklung sehr weit. Seien sie erst einmal marktreif, werde kaum ein Speditionsunternehmer mehr bereit sein, auf die Schiene zu wechseln.
Dennoch fand Streibl, dass das nur ein Blick in die Zukunft und damit letztendlich unsicher sei. Verlässlicher sei, sich darauf zu stützen, was man unmittelbar und tatsächlich in der Gegenwart beeinflussen könne: die Optimierung der Strecke. Eine Sicht, die zumindest teilweise auch von Christian Hofmann und seinen Nachbarn geteilt wird. Sie stören sich an der für sie feststehenden Tatsache, dass man Landschaft nicht nur durch ein Bauwerk, sondern mindestens ebenso durch jahrzehntelange Baustellen zerstöre – ohne dass der Bedarf dafür wirklich nachgewiesen sei.
Termin als
Erfolg empfunden
Sie fürchten aber auch, dass die Forderung, den Bedarf nachzuweisen, zu leicht ins Nichts laufen könnte. Die jetzige Strecke führt nahe der Höfe vorbei und sei nach Videozählungen von Bürgerinitiativen in Zeiten vor der Pandemie nur zu 60 Prozent ausgelastet gewesen. Jetzt seien es nur 50 Prozent.
Den Termin mit den Landtagsabgeordneten empfanden jedoch nicht nur die Anlieger, sondern alle Teilnehmer als Erfolg. Josef Lausch empfiehl deshalb die Aktion auch anderen Parteien.
„Wir müssen in Sachen Brenner an einem Strang ziehen, zwischen den einzelnen Parteien und auch innerhalb der Gruppierungen.“