Kiefersfelden/Großholzhausen – Ab welchem Alter sollten Kinder schwimmen können? Christa Rauscher, Schwimmlehrerin im Kiefersfeldener Freizeitbad „Innsola“, ist der Meinung: „Sobald die Kinder in die Schule kommen.“ Doch die Wartelisten zeigten, dass die meisten Kinder sechs Jahre oder älter seien. „Das ist auch Corona geschuldet“, sagt Rauscher.
Wegen der Pandemie konnten die Kinder, die im vergangenen Sommer über das Schwimmen gelernt haben, dieses Wissen nicht festigen. Die Folge daraus? Nicht abreißende Anfragen nach Schwimmkursen. „Wir sind fast ausgebucht bis zum 1. September.“
Ideales Alter liegt bei
fünf Jahren
Den letzten Schwimmkurs gab Rauscher im September 2020. Seither stauen sich die Anfragen: „Die Nachfrage ist wirklich da. Die Eltern halten das Schwimmen für sehr wichtig.“ Deshalb bietet die 39-Jährige seit Anfang Juli laufend Kurse an. Zehn Tage dauere ein Schwimmkurs. Dann erst sei die Schwimmbewegung bei den Kindern da. „Das hängt auch vom Trauen ab“, ergänzt Rauscher. Ein jedes Kind sei da anders.
Deshalb rät sie, den Eltern, ihre Kinder so früh wie möglich zu einem Schwimmkurs anzumelden. „Das ideale Alter ist fünf Jahre“ sagt Rauscher. Dann habe das Kind noch Zeit, seine Fertigkeiten zu festigen, ehe es in die Schule kommt. Die Beobachtung, dass Kinder immer später das Schwimmen lernen, hat auch Andreas Maurer, stellvertretender technischer Leiter der Kreiswasserwacht Rosenheim, gemacht. „Und sie lernen es auch nicht von den Eltern.“
Corona hat die Situation noch verschärft, ist er überzeugt: „Wir haben 2020 keinen einzigen Schwimmkurs fertiggestellt. Wir haben mit den Kursen zwar angefangen, aber keinen zu Ende gebracht.“ Dementsprechend lang seien jetzt die Wartelisten. „Wir haben so viele Anfragen, die wir nicht bedienen können. Im Landkreis liegen aktuell 200 vor.“ Teilweise seien Anfragen von Sieben- und Achtjährigen dabei. Das Problem an der Sache: Im Moment gebe es keine geeignete Badestätte dafür. Diese müsse einen Nichtschwimmer-Bereich haben, bei welchem der Grund „klar erkennbar“ sei. „Somit fallen Seen schon mal weg“, sagt Maurer. Aber auch Freibäder seien ungeeignet, weil die „Geräuschekulisse“ so enorm sei. „Bei Schwimmkursen muss ich häufig die Haltung der Kinder korrigieren, da brauch ich einen akustischen Zugang“, erklärt Maurer. Die Wasserwacht biete deshalb nur im Hallenbad Schwimmkurse an. Somit würden sich die Kursangebote in den Herbst verschieben: Erst ab September beziehungsweise Oktober gehe es mit den Kursen wieder los.
Weil aufgrund der Pandemie die Bäder geschlossen waren, gibt es nun einen „erheblichen Wartestau“, sagt auch Michael Förster, Pressesprecher der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) Landesverband Bayern, auf Nachfrage. Mindestens 200000 Kinder hätten in Bayern wegen der Pandemie nicht schwimmen lernen können. Diese Zahl käme zu derjenigen Dunkelziffer von Menschen hinzu, die schon bisher nicht schwimmen gelernt hatten, macht Förster deutlich. Ein weiterer Knackpunkt: „Die Anzahl der Schwimmlehrer ist begrenzt“, so der Pressesprecher. Die DLRG habe während der Pandemie aber vorgesorgt und allein in Bayern 200 neue Schwimmlehrer ausgebildet.
Vom Sportbad
zum Spaßbad
Aber auch die Bäder an sich hätten sich verändert, sagt Hubert Rohowsky, Betriebsleiter des Schwimmbads Großholzhausen und Mitglied der Wasserwacht Ortsgruppe Flintsbach. Herkömmliche Sportbäder gebe es fast nicht mehr, stattdessen nur noch Bäder mit Unterhaltungswert. „Ein wenig muss man aber auch die Verantwortung an die Eltern übergeben“, findet Rohowsky, „man gewinnt den Eindruck, dass sie sich zu wenig um das Schwimmen der Kinder kümmern. Früher haben wir es von unseren Eltern gelernt, heute soll es ihnen von anderen beigebracht werden.“
Dass die Kinder richtig schwimmen können, hält Andreas Maurer für lebenswichtig: „Bayern ist das Land der Seen.“ So sieht das auch Christa Rauscher: „Sonst kann das im Ernstfall ein Leben kosten.“