Raubling – Leuchtende Sonnenuntergänge zieren das Wohnzimmer von Herbert und Barbara John. Kräftige Farben prangen auf den Leinwänden. Die Bilder erzählen Geschichten aus Namibia. „Ich war auf der Suche nach schönen Motiven. Dadurch bin ich auf Afrika gestoßen“, schildert Herbert John. Das Malen ist in den vergangenen Jahren zu seiner Leidenschaft geworden. Zuvor waren es Spaziergänge im Wald. „Aber seit meinem Crash geht das nicht mehr“, sagt er und rollt mit seinem Rollstuhl etwas vor.
Vor einigen Tagen wurde der 65-Jährige von Bürgermeister Olaf Kalsperger mit der Bürgermedaille ausgezeichnet, die in Raubling insgesamt nur 17-mal verliehen wurde. Ein Porträt über einen Mann, der nicht jammert, sondern weitermacht.
Befreundet mit
Josef Neiderhell
Rechtsanwalt, Gemeinderat, stellvertretender Bürgermeister – Herbert John stand viele Jahre mitten im Leben. Er war keiner, der einfach nur zuschaute, sondern jemand, der mit anpackte. Von 1990 bis 2020 war er Gemeinderatsmitglied und von 1996 bis 2008 die rechte Hand des damaligen Bürgermeisters Josef Neiderhell (damals CSU). „Ich bin heute noch gut mit dem Sepp befreundet“, sagt John, „in der Zeit ist in der Gemeinde Raubling viel passiert. Der hat mich vollwertig mitmachen lassen.“
Auch der ehemalige Bürgermeister und Landrat erinnert sich gern an die gemeinsame Zeit zurück: „Der Herbert war immer unwahrscheinlich sachlich und scharfsinnig.“ Vor allem bei Vertragsprüfungen habe die Gemeinde von Johns Erfahrung als Rechtsanwalt profitiert.
„Die Zusammenarbeit war wirklich sehr schön, da hat‘s nie was gegeben. Trotz unserer unterschiedlichen Parteizugehörigkeiten“, erzählt Neiderhell über seinen SPD-Freund. Was den Herbert außerdem ausmache, sei sein „feinfühliger Humor“. Der 65-Jährige habe das Talent, sich selbst auf den Arm zu nehmen. „Und er hat immer eine Harmonie in den Gemeinderat reingebracht.“
Zu all den ehrenamtlichen Aufgaben kam noch Johns Beruf hinzu: Viele Jahre führte er eine eigene Kanzlei. Rückblickend gibt der Raublinger zu, dass er rund um die Uhr gearbeitet habe. Doch es störte ihn nicht, er war zufrieden mit seinem Leben. „Aber vielleicht war das doch nicht so gut und ich habe es nur nicht erkannt.“
Denn im Oktober 2004 folgte der Schicksalsschlag: Plötzlich habe er am Tisch sitzend, einen Schlaganfall erlitten. „Und von heute auf morgen war alles schwarz statt weiß“, sagt der 65-Jährige.
Seither ist John halbseitig gelähmt. Vieles habe er dadurch verloren: die Kanzlei, das Spazierengehen im Wald und auch den Sport. „Das Einzige, was geblieben ist, war und ist meine Familie“, sagt er.
Doch der 65-Jährige gab sich nicht auf, sondern erfand sich neu: Zu seinem 50. Geburtstag haben ihm seine Freunde einen Malkurs geschenkt. Erst sei er skeptisch gewesen, doch dann fand er Gefallen daran. Und mit der Malerei kam die Leidenschaft fürs Reisen: Zweimal sei er zusammen mit seiner Frau nach Namibia geflogen. „Dort habe ich wieder meine Liebe zur Natur entdeckt.“
„Vom Hubschrauber aus habe ich die Viktoria-Fälle gesehen. Das war ein gigantisches Erlebnis.“
Auch einen Verein hat John gegründet: Seit November 2016 gibt es den gemeinnützigen Verein „Hilfe für behinderte Kinder und Jugendliche im Inntal“. Für John eine Herzensangelegenheit: „Seit ich da mal ein autistisches Mädchen im Sandkasten spielen gesehen habe, brenne ich dafür.“
Das Ziel des Vereins sei es, diesen Kindern während der Ferienzeit Unterhaltung zu bieten. Aktuell treffen sich die Kinder und die Vereinsmitglieder an der Michael-Ende-Schule in Raubling. Aber sein „Traum“ sei es, eines Tages eigene Räumlichkeiten zu bekommen.
Den Sinn des
Lebens suchen
Die Aufgabe im Verein sei für John sinnerfüllt. Und Sinn im Leben, den brauche und suche er: „Deshalb war ich auch so gerne im Wald. Es gibt nix in der Natur, was sinnlos ist.“
Lange war er dem Herrgott böse, dass ihn dieses Schicksal ereilt hat. „Damit habe ich lange gehadert. Ich kann mir nur die Antwort geben, dass irgendwann alles einen Sinn ergibt.“
Mit Gott habe er sich mittlerweile versöhnt: Seit 15 Jahren ist er in der Vorstandschaft der evangelischen Kirchengemeinde tätig. Auch dort könne er sich einbringen und der Gemeinschaft etwas zurückgeben. „Ein Jammerer und Aufreger bin ich nicht“, sagt John. Und er ist überzeugt: Der Herrgott habe seine Pläne.