Mit den Sinnen im Wald baden

von Redaktion

Waldbadenexpertin Barbara Brunner vermittelt bewusstes Eintauchen in die Natur

Oberaudorf/Hinterthiersee/Riedering – Weiches Moos, frische Luft, hohe Baumwipfel. Mit seinen ätherischen Ölen und gedämpften Geräuschen ist der Wald ein perfekter Ort zum Entspannen. Um genau diese Ruhe aufzusaugen, gibt es das Waldbaden. Darunter ist das bewusste Eintauchen in die Waldatmosphäre zu verstehen. Aber nicht etwa mit der Badekleidung, sondern mit den Sinnen. „Einmal hatte ein Teilnehmer aber tatsächlich seine Badesachen dabei“, erzählt Barbara Brunner schmunzelnd. Die 40-Jährige ist zertifizierte Waldbadenexpertin und bietet seit mehr als zwei Jahren Führungen an.

Achtsamkeit spielt
eine wichtige Rolle

„Bevor es in den Wald geht, ist es wichtig, dass ihr eure Alltagssorgen abladet“, sagt Brunner den Teilnehmern einer Führung. Bäume seien dafür sehr geeignet, weil sie mit ihren starken Wurzeln die Sorgen gut aushalten könnten. Die Teilnehmer berühren dafür die Baumrinde mit ihren Händen. Manche streifen ihre Gedanken aber auch mit den Füßen ab.

Wo zuvor noch rege Gespräche zwischen den Teilnehmern herrschten, ist jetzt Stille. Jeder ist auf die Natur um sich herum konzentriert. Viele riechen an Baumrinden, fassen Blätter an oder berühren den moosigen Waldboden. Danach suchen sich alle einen Baumstamm zum Anlehnen. Nun soll jeder seine Augen schließen, tief ein- und ausatmen und sich auf die Natur konzentrieren. Dabei stellt Brunner immer wieder Fragen: „Was riecht ihr?“, „Ist der Boden unter euch weich?“, „Wie fühlt sich die Rinde an eurem Rücken an?“ Das Besondere an dieser Übung: Die Teilnehmer befinden sich zwar an einem Baum, aber haben durch die zahlreichen Sinneseindrücke ganz viele Perspektiven gleichzeitig.

Als Nächstes werden die Schuhe ausgezogen, denn jetzt geht es barfuß über Wurzeln, weiches Moos und saftig grünes Gras. Laut Brunner sind Füße sehr wichtig für die Sinneswahrnehmung, weil sie wie ein drittes Auge seien. Für ein zusätzliches Training rollen die Gäste mit ihren Füßen Tannenzapfen hin und her. Um die Natur noch mal ganz anders wahrzunehmen, trauen sich manche sogar mit geschlossenen Augen durch den Wald. Hand in Hand – der eine führt, der andere folgt blind.

Für die letzte Übung sucht sich jeder einen eigenen Platz. Nun heißt es: Zehn Minuten lang den Wald genießen. Ein letztes Mal die klare Luft, den erdigen Bodengeruch und die Waldgeräusche auskosten. Am Ende gibt es noch einen Waldtee, bestehend aus heißem Wasser mit Fichtennadeln. Als Dankeschön bekommt der Wald den ersten Schluck.

Aufgrund seiner wohltuenden Wirkung ist für Barbara Brunner der Wald sehr wichtig. Bereits als Kind sei sie viel im Forst unterwegs gewesen, wie sie erzählt. Dabei habe sie bemerkt, dass sie danach viel entspannter sei.

Dieses Gefühl wollte sie anderen Menschen nahe bringen und hat sich deshalb in Südtirol zur Alpinen Waldbadenexpertin ausbilden lassen. Zuvor hat sie jedoch als Wirtschaftsingenieurin in einem klassischen Bürojob gearbeitet. Mit der Zeit habe sie aber gemerkt, dass sie noch etwas anderes brauche. Brunner bietet daher seit einiger Zeit wöchentlich Waldbaden-Touren an. Nebenbei arbeitet sie noch in der Industrie. Das zweigleisige Berufsmodell sei für sie genau richtig.

In Japan sehr
weit verbreitet

Im Vergleich zum normalen Waldspaziergang konzentrierten sich die Menschen beim Waldbaden viel mehr auf die Natur und seien achtsamer, so die Riederingerin. Das Ziel dabei sei: Ziellos zu sein. Das Waldbaden birgt aber auch einige gesundheitliche Vorteile. Laut Brunner beinhaltet der Forst viele ätherische Öle, die gut für die Gesundheit sind. Und auch der Sehsinn werde durch die vielen, leuchtenden Farben versorgt. „Der Wald hat eine beruhigende Wirkung, was positiv für Gesundheit und Psyche ist.“

Wenn es im Alltag also mal wieder stressig ist, dann rein in die Natur, Sorgen abladen und mit all den Sinnen im Wald baden gehen.

Waldbaden-Tour

Über die Tourist-Information Oberaudorf kann das Waldbaden gebucht werden. Der nächste Termin ist am Freitagvormittag, 1. Oktober, um 10 Uhr. Eine Waldbaden-Tour kostet pro Person 20 bis 25 Euro.

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