Halfing – Eine Grundmauer in einem Haufen voller Scherben, Dachziegeln und Holzbalken war das Einzige, was vom Stadel der Familie Aimer aus Halfing übrig geblieben ist. Seitdem Starkregen, Hagel und Windböen am 28. Juli eine Schneise der Verwüstung hinterließen (wir berichteten), versuchen die rund 3000 Einwohner der Gemeinde, ihre Straßen und Häuser wieder aufzubauen. Nun soll auch der besonders schwer getroffene Lagerplatz am Hofbau neu errichtet werden. Doch selbst wenn der Bauantrag in der heutigen Gemeinderatssitzung genehmigt wird, bleiben nicht nur für die Familie Aimer, sondern für alle Betroffenen in der Region einige Fragen zu klären.
Wer zahlt
den Schaden?
„Wir befinden uns aktuell andauernd in Gesprächen mit Versicherungen und Behörden“, berichtet Martina Aimer. Sie hat sich von den ersten Strapazen erholt, die der Sturm über Halfing mit sich brachte und ist, wie so viele in der Gemeinde, seit rund zwei Monaten mit dem Wiederaufbau beschäftigt. Im Zentrum des Unwetters lag der hofeigene Stadel, der wie ein Kartenhaus in sich zusammenfiel und in Abwesenheit der Familie das Inventar unter sich begrub.
Nach der ersten Bestandsaufnahme und den gröbsten Aufräumarbeiten stellte sich für die Halfingerin bald die Frage nach der Übernahme der Kosten. „Wir hatten zuvor nie an ein solches Ausmaß an Schäden gedacht“, sagt Aimer. Als Mitarbeiterin in einem Versicherungsbüro hatten sie und ihr Mann Christian dennoch vorgesorgt und eine sogenannte Elementarversicherung abgeschlossen. Diese deckt nicht nur die Schäden an den Gebäuden selbst, sondern auch das Inventar sowie Anbauten wie die Fotovoltaikanlage ab. Wer sich jedoch nicht so gut abgesichert hat, müsse sich nun auf zahlreiche Diskussionen mit den jeweiligen Versicherungsvertretern einstellen. „Die meisten Landwirte haben nur eine Versicherung gegen Hagelschäden abgeschlossen. Für Schäden außerhalb des Wohnhauses greift außerdem auch keine Hausratversicherung“, bestätigt Stefan Meitinger, zuständig für Agrar- und Umweltpolitik beim Bayerischen Bauernverband. Im Außenbereich abgestellte Landwirtschaftfahrzeuge oder in Silos eingelagerte Nahrung für die Tiere ist demnach häufig nicht versichert. Laut Meitinger ist man in solchen Grenzfällen auf die Kulanz der Versicherung angewiesen.
Der Neubau des komplett zerstörten Stadels der Familie Aimer soll bestenfalls Mitte Oktober beginnen. Zusätzlich zu der Genehmigung des Gemeinderats müssen auch das Rosenheimer Landratsamt und die Naturschutzbehörde zustimmen. Die Halfinger Familie geht allerdings nicht davon aus, dass dem Bau formale Hindernisse im Weg stehen werden. „Wir bauen schließlich keine neuen Wohnhäuser, sondern nur einen neuen Stadel. In diesem sollen dann, noch möglichst vor dem Winter, Geräte wie der Traktor unterbracht werden, der im Moment bei der Schwiegermutter abgestellt ist.“ Denn auch wenn die Hilfsbereitschaft groß sei: Eine langfristige Lösung sei das selbstverständlich nicht.
Familie hat den
Schock verdaut
Psychisch habe man den Sturm mittlerweile verdaut. „In den ersten Tagen hat gerade unsere Tochter nicht gut geschlafen“, erzählt die Halfinger Mutter. Mittlerweile sei man allerdings über das Gröbste hinweg. Alles in allem kann man laut Aimer sogar froh sein, dass es zumindest keine Verletzten gab. Bei dieser Windstärke hätte es für alle Beteiligten schließlich auch viel schlimmer ausgehen können. Dementsprechend gäbe es zwar in der gesamten Gemeinde immer noch tagtäglich viel zu tun. „Wenn man mitbekommt, wie in anderen Bundesländern die Häuser weggeschwemmt wurden, haben wir jedoch wirklich noch Glück gehabt.“