Obing/Pittenhart/Kienberg – Der Pfarrverband Obing trauert um seinen Ruhestandspfarrer Valentin Tremmel. Der beliebte Seelsorger ist im Alter von 89 Jahren nach kurzer Krankheit verstorben.
„Danke Valentin, dass du uns auf unserem Weg begleitet hast“ – lautet der einhellige Tenor einer Zettelaktion des Pfarrverbands, die den Menschen Gelegenheit gab, sich mit einer persönlichen Nachricht von „ihrem“ Pfarrer zu verabschieden.
Überall tiefe
Spuren hinterlassen
Die gesammelten letzten Grüße werden auf einer Stellwand in der Obinger Pfarrkirche veröffentlicht und machen den Stellenwert Valentin Tremmels im Herzen seiner Mitmenschen deutlich. In seinem 52-jährigen Wirken im Pfarrverband hat er als Seelsorger und Mensch tiefe Spuren hinterlassen. „Der Valentin war hochgeschätzt und immer da, wenn man ihn gebraucht hat“, sagt Pfarrer David Mehlich.
Mit seiner Lebensfreude, Kollegialität, Offenheit und Bereitschaft, auch neue Wege zu gehen, sei er Vorbild und Motivator für jeden jungen Priester und ein wichtiger Ansprechpartner im Seelsorger-Team und für die Menschen im Pfarrverband gewesen, so Mehlich. Sein Wirken inmitten der Gemeinde habe gezeigt, wie erfüllend ein Priesterleben sein könne.
Tatsächlich beschritt Tremmel im Laufe seiner 64-jährigen Priesterzeit immer wieder neue Wege, um auf die Menschen zuzugehen. So führte er schon kurz nach Amtsantritt in Obing die Bußandacht optional zur Beichte ein und der Pfarrverband war der erste im Dekanat, in dem Mädchen ministrieren durften.
Für Valentin Tremmel gab es keine Trennung zwischen religiösen und weltlichen Bereichen. Dabei war er stets bemüht, als Pfarrer ein Vertrauensverhältnis ohne Berührungsängste aufzubauen und als Mitglied aller Ortsvereine auch Teil des gesellschaftlichen Lebens zu sein. Dass ihm das gelungen ist, wird in einem gemeinsamen Nachruf von 38 Ortsvereinen aus Obing und Kienberg deutlich: „Du hast unsere Geschicke über mehrere Jahrzehnte begleitet.“
In einem Fernsehbeitrag hat Tremmel einmal gesagt, dass er ins Wirtshaus gehe, weil er da Leute treffe, die er in der Kirche nie sehe. Auch diese Aussage unterstreicht, wie unkompliziert der Pfarrer auf Menschen zugegangen ist. „Man muss die Menschen dort abholen, wo sie stehen“, lautete sein Credo. Keiner, der getauft worden sei, dürfe aus der Kirche ausgeschlossen werden – und in diesem Sinne praktizierte er in vielen Bereichen gelebte Ökumene.
Anlässlich seines 60. Geburtstags und dem Aufstieg seines Lieblingsvereins 1860 in die zweite Fußball-Bundesliga gründete er 1991 den TSV-Fanclub Obing-Kienberg-Waldhausen und führte ihn über 25 Jahre.
Auch als Ehrenvorsitzender lagen ihm die Geschicke seiner 60er bis zuletzt am Herzen und wann immer es sich zeitlich ausging, war er mit dem Fanbus unterwegs ins Stadion.
Schon sein Autokennzeichen TS – TV 860 kündete von seiner Fußballleidenschaft. Den passenden Löwen-Fan-Parkplatz vor der Obinger Pfarrkirche gab es zum 85. Geburtstag von der Gemeinde Obing dazu.
Kultstatus weit über den Pfarrverband hinaus erreichte der „Löwenpfarrer“ mit verschiedenen Aktionen. Er hat Anfang der 1990er-Jahre die erste große Blockfahne im Grünwalder Stadion vor der Westkurve gesegnet, nach dem 2:1-Derby-Sieg 1999 freudig die große Glocke der Obinger Pfarrkirche geläutet und auch die Trauer-Gottesdienste für Rudi Brunnenmeier und den ehemaligen 1860-Präsidenten Karl-Heinz-Wildmoser geleitet.
„In tiefer Anteilnahme nimmt die Löwenfamilie Abschied von Pfarrer Valentin Tremmel. Er wird seinen ‚Sechzgern‘ auch im Jenseits die Daumen drücken“, ist auf der Homepage des Vereins zu lesen.
Im Himmel 1860
die Daumen drücken
Doch auch die heimischen Fußballer hat der sportbegeisterte Geistliche, der zwei Jahre lang Zweiter Abteilungsleiter der Obinger Fußballer war, angefeuert und mit dem Obinger Motorradrennfahrer Adi Stadler an der Rennstrecke mitgefiebert. Eine tiefe Freundschaft verband ihn mit der Gemeinde St. Pauls in Südtirol, wo er an die vierzig Mal die Bergmesse gehalten hat
„Valentin Tremmel war eine große Persönlichkeit und mit Obing und den Pfarrgemeinden eng verbunden. Es war ein großes Geschenk, dass er die Menschen hier 52 Jahre lang in allen Lebenssituationen begleiten durfte“, betont Bürgermeister Sepp Huber.
Warum er Priester geworden sei, wisse er heute nicht mehr so genau, erzählte Valentin Tremmel, der am 7. November 1931 geboren wurde, bei seinem 60-jährigen Priesterjubiläum. Und fügte in seiner gewohnt verschmitzten Art hinzu: „Braver als meine vier Brüder war ich sicher nicht.“