Prutting – Wald, Wiesen, ein kleiner Teich, ein Bächlein – „Es ist wirklich ein rundum echter Waldkindergarten“. Sarah Sigl ist stolz auf die Einrichtung, die sie seit August mit zwei Mitarbeiterinnen betreut. Denn während viele solcher Kindertagesstätten im Landkreis aufgrund der Örtlichkeit oder ihres Konzeptes nur als Natur- oder naturnaher Kindergarten durchgehen, sind die Pruttinger Kinder hier wirklich mitten im Wald.
Wald, Wiese, Teich und Bach, nichts ist künstlich angelegt, alles Natur pur. Und diese Naturnähe wird nach dem Konzept auch ausgenutzt. Die Kinder sind die ganze Zeit über draußen, denn schlechtes Wetter gibt es bekanntlich nicht, nur schlechte Kleidung.
Imkerhütte bietet
Schutz vor Unwetter
Die gesamte Einrichtung steht auf einem Waldgrundstück, das die Gemeinde von dem Imker Hans-Hagen Theimer erwerben konnte. Samt einer Imkerhütte, die die Kinder für den schnellen und vorübergehenden Rückzug nutzen können, wenn das Wetter einmal wirklich gnadenlos schlecht sein sollte.
15 Kinder nutzen derzeit diese Waldfreiheit, rund 25 können es maximal sein, sobald Sarah Sigl eine weitere Mitarbeiterin gefunden hat. Denn eine der Angestellten musste zu ihrem eigenen Leidwesen aufgeben: Sie wohnt hinter München, die täglichen eineinhalb Stunden Anfahrt waren am Ende einfach doch zu weit. Dass sie es überhaupt versucht hat, belegt, dass bei den Mitarbeitern nicht nur der Idealismus und die Liebe zum Beruf da sind, die wohl alle auszeichnet, die in Kindertagesstätten arbeiten. Sondern auch, dass die Möglichkeiten, die ein echter Waldkindergarten bietet, für die Erzieherinnen einen besonderen Reiz haben.
„Hier ist vor allem Fantasie gefragt“, meint Sarah Sigl, „nicht nur bei uns Erwachsenen, auch die Kinder können den Erfindungsreichtum ausleben, den sie in diesem Alter noch ganz selbstverständlich haben“.
So gibt es im Waldkindergarten natürlich keine fertigen Spielgeräte. Wer wippen oder schaukeln will, muss sich selber etwas bauen.
Aus sich heraus auf neue Ideen zu kommen und sie dann gemeinsam mit anderen zu verwirklichen: Als Kind erfahren zu haben, wie weit man damit kommen kann, sei ein Schatz, der einem durchs ganze weitere Leben helfe, meint Sarah Sigl. Ganz nebenbei lernen die Kinder, beim Spiel umsichtig zu sein, und dabei ein waches Auge für ihre Umgebung zu haben.
Jetzt, da das Wetter langsam anfängt hin und wieder etwas stürmischer zu sein, lernen Kinder zum Beispiel, Blätter und Äste zu beobachten: Ab welchem Wind bewegt sich was und wo und wann ist es besser, den Wald zu verlassen und auf der freien Wiese zu spielen. Erkenntnisse, die nicht theoretisch sind, auch mit keinem erhobenen Zeigefinger verbunden werden, sondern sich aus dem Alltagsleben von selbst ergeben.
Das Motto, dem man sich verschrieben hat, lautet: „Wir erhalten Bewährtes, bewahren Vorhandenes und sind offen für Neues“. Dabei ist der Waldkindergarten eine „inklusive“ Einrichtung – „bei uns wird jedes Kind so auf- und angenommen, wie es ist“, sagt Sarah Sigl.
Auch die Eltern profitieren von der Naturnähe. Schon deshalb, weil sie über die Erzählungen ihrer Kinder immer wieder vom „Waldleben“ hören, und vielleicht von den kleinen „Outdoor-Fans“ öfter einmal selbst mit nach draußen gelockt werden, aber auch ganz praktisch: Elternbeteiligung ist hier das Schlüsselwort um den Kindergarten immer noch ansprechender zu machen. Dies aber nicht als festgeschriebene Verpflichtung. „Das ergab sich bislang eigentlich ganz von selbst“, erzählt Sarah Sigl.
Bürgermeister
ist begeistert
Bürgermeister Johannes Thusbaß findet, dass sich die Hartnäckigkeit der Gemeinde beim Versuch, auf dem Gelände einen Waldkindergarten zu verwirklichen, mehr als gelohnt hat, dankt aber auch dem Landratsamt dafür, dass sich die Zusammenarbeit nach einem etwas holprigen Start am Ende als sehr konstruktiv und zielführend erwies. Die Gemeinde konnte, stellt er fest, so dringend benötigte zusätzliche Betreuungsplätze schaffen und kann den Eltern jetzt zwei unterschiedliche Kindergartenkonzepte anbieten.