Unbekannte werfen Buben aus dem Zug

von Redaktion

Angebliche Sicherheitsmitarbeiter setzen Elf- bis 13-Jährige in Flintsbach aus

Inntal – Vier Schulkinder zwischen elf und 13 Jahren haben vermeintliche Sicherheitskräfte dieser Tage aus dem Zug geworfen – zwischen Rosenheim und Kufstein. Die vier Buben hatten nicht etwa randaliert, sie trugen nach Ansicht der Männer die falschen Masken.

Die Realschüler waren in Brannenburg eingestiegen, wollten nach Oberaudorf und Kiefersfelden heimfahren. Sie trugen – wie bei den vielgetesteten Schülern üblich – OP-Masken. Gültige Fahrkarten hatten sie auch alle dabei.

In Flintsbach war
die Fahrt vorbei

Trotzdem war ihre Fahrt in Flintsbach zu Ende. Denn die beiden uniformierten Männer setzten die vier dort vor die Tür: Im öffentlichen Nahverkehr müssten jetzt FFP2-Masken getragen werden. Die könnten sie sich ja am Bahnhofskiosk in Flintsbach für zwei Euro kaufen und mit dem nächsten Zug weiterfahren. „Dass Flintsbach neuerdings einen Kiosk am Bahnhof hat, wage ich zu bezweifeln“, sagt Christine Gressierer, deren Sohn dabei war, gegenüber dem OVB.

Glücklicherweise hatte eines der Kinder ein Handy, die Realschüler meldeten sich bei Christine Gressierer. Diese ließ Arbeit Arbeit sein und holte die Truppe in Flintsbach ab. „Die Bahn-Securitys haben sich äußerst unverantwortlich gegenüber den Kindern verhalten“, findet Christine Gressierer, „ein anständiger Bahnbediensteter würde sich mit Sicherheit schämen.“ Ob es denn zu viel verlangt wäre, das Gehirn einzuschalten und menschlich zu handeln?

Annette Luckner, Sprecherin der Bayerischen Regionalbahn (BRB), ist verblüfft: „Wir können uns diesen Vorfall, so wie er von der Mutter geschildert wurde, nicht erklären. Unsere internen Nachforschungen haben ergeben, dass kein Kundenbetreuer und keine Kundenbetreuerin der BRB auf der genannten Strecke zu dieser Zeit im Zug war. Sogenannte „Security“ haben wir nicht im Einsatz.“ Kundenbetreuerinnen der Bahn würden Kinder nicht des Zuges verweisen – es sei denn, dieselben Kinder würden immer wieder ohne Maske angetroffen. „Unsere Kundenbetreuer*innen wissen selbstverständlich, dass eine medizinische Maske bei Kindern ausreicht und diese (bisher zumindest) keine FFP2-Maske tragen müssen.“ Das ist in öffentlichen Verkehrsmitteln erst ab 16 Jahren vorgeschrieben.

Wer waren die Uniformierten?

Die Bahn halte sich an alle offiziellen Vorgaben. Annette Luckner weiter: „Im Übrigen haben unsere Mitarbeiter für den Fall, dass jemand seine FFP2-Maske vergessen hat, solche Masken dabei und geben sie im Einzelfall dem Fahrgast kostenlos.“

Wenn es keine Bahn-Securitys waren, wer waren die beiden Uniformierten dann? Für die Bahn ist die Bundespolizei zuständig. Deren Rosenheimer Sprecher Rainer Scharf taucht auf Anfrage der Redaktion hin erstmal in sämtliche Unterlagen ab. Und meldet sich mit der Erkenntnis: kein Einsatz an oder in dem Zug, keine Maßnahme, kein Eintrag ins Tagesbuch vom vergangenen Dienstag. „Bei uns gibt es nichts, was auf den Vorfall mit den Buben hinweist.“ Außerdem hätten seine Kollegen „so viel Verstand, Kinder nicht dort aus einem Zug zu werfen, wo sie nicht hingehören“, so Scharf. Ob der Rückmeldungen von Regionalbahn und Bundespolizei ist nun wiederum Christine Gressierer verblüfft. Die Buben hätten sich das sicher nicht einfach ausgedacht und wären aus Gaudi in Flintsbach ausgestiegen. „Das sind richtig nette Buben, die machen das nicht.“ Dann hätten sie auch nicht sofort bei ihr angerufen. Spannend finde sie es schon, dass sich jemand als Security-Mitarbeiter ausgibt und Kinder aus dem Zug wirft. Das findet Bundespolizist Rainer Scharf auch.

Bei der Arbeit reicht OP-Maske

Dass die vermeintlichen „Sicherheitskräfte“ ebenfalls OP-Masken trugen, keine FFP2-Masken, wie Christine Gressierer gegenüber der Heimatzeitung anmerkt, ist in Ordnung. Auch die Verkäuferin in der Bäckerei trägt hinter dem Tresen OP-Maske, während der Butterbreznkäufer vor dem Tresen eine FFP2-Maske im Gesicht hat. Wer im Einzelhandel, der Gastronomie oder im öffentlichen Nahverkehr arbeitet, muss keine FFP2-Maske tragen, die OP-Maske reicht aus. Ist die Person mit einer (Plexi-)Glasscheibe von den Kunden getrennt, muss sie gar keine Maske tragen.

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