Stephanskirchen – „Bad“, da denkt man an Bad Endorf und Bad Aibling, Baden-Baden, Bad Kissingen, Bad Wiessee, Norddeutsche an Bad Pyrmont. Aber „Bad Leonhardspfunzen“? Zwischen Inn und Schloßberg ist der Wegweiser mehrfach zu finden. Wieso eigentlich?
Entlang der gesamten Hangleite der heutigen Ortsteile Hofau, Innleiten und Leonhardspfunzen treten zahlreiche Quellen zutage. Sie wurden, so schreibt der damalige Stadtarchivar Rosenheims, Karl Mair, im Jahr 2016, schon früh in Brunnen gefasst.
Zur „gefälligen
Benützung“
In den 1870er-Jahren entschloss sich Wolfgang Krug, der damalige Inhaber des Gasthauses „Zum Kirchmayerwirt“ in Leonhardspfunzen, die Heilkraft der Leonhardsquelle und die idyllische Lage der Mitte des 18.Jahrhunderts neu errichteten Brunnenkapelle gastronomisch zu nutzen. Er eröffnete das „Mineralbad zur Leonhardsquelle“.
Den Besuchern wurden hier laut Stadtarchivar Mair Bäder in einem Holzbau, der in kleine Kabinen aufgeteilt war, verabreicht. In einer Annonce im „Rosenheimer Anzeiger“ wirbt Krug 1882 vollmundig, dass die Leonhardsquelle „höheren Eisengehalt besitzt als die Rosenheimer Mineralquellen und deßhalb zur gefälligen Benützung empfohlen“ sei.
Damit die neue Baderestauration – mit Badearzt – leichter zu erreichen ist, bietet Krug sonntägliche Kahnfahrten von der Rosenheimer Innbrücke zum Flussufer nahe des Leonhardsbrunnens an. „Die Baderestauration scheint erfolgreich gewesen zu sein und für viele Rosenheimer wurde der Leonhardsbrunnen zum beliebten Ziel des sonntäglichen Familienspaziergangs“, so Mair.
Ab dem Sommer 1889 lässt Krug seine Gäste täglich zweimal vom Rosenheimer Ludwigsplatz aus mit dem Pferdefuhrwerk zu seinem Bad bringen. Spätestens im Jahr 1890 errichtet der geschäftstüchtige Gastwirt ein zweigeschossiges, mit Zierfachwerk verkleidetes Gasthaus neben der bestehenden Badehütte.
Zwar wurde der Badebetrieb aufgegeben, das Gasthaus neben dem Leonhardsbrunnen besteht aber noch heute. Sein Name „Baodwirt“ weist noch auf das Mineralbad hin. Wann der Badebetrieb eingestellt wurde, darüber findet man im Internet verschiedene Angaben. Von 1920 bis zur zweiten Hälfte des 20.Jahrhunderts ist alles dabei.
Die Leonhardsquelle ist heute vermutlich bekannter als je zuvor. Genießer, Genesende und Gesundheitsbewusste haben sie weit über die Region hinaus bekannt gemacht. Als Mineralwasser, in Flaschen abgefüllt. Begonnen hat die Abfüllung in den Nachkriegsjahrzehnten. 1996 erwarb dann Johann Abfalter die Quellen. Er starb 2020, hinterließ seinem Sohn Martin die Firma „St. Leonhards“. Die ist heute nach eigenen Angaben Marktführer bei den Mineralwässern im Naturkosthandel, betreibt einen Bauernhof, dessen Stutenmilch in der eigenen Naturkäserei St. Georg verarbeitet wird, sowie ein Landhotel und ein Bio-Thermalhotel.
Johann Abfalter war überzeugt von der gesundheitsfördernden Qualität des Wassers, machte der Firmengeschichte zufolge eigene positive Erfahrungen mit dem „lebendigen Wasser“. Damit steht er in einer jahrhundertelangen Tradition. Schon die Römer schätzten die Quelle. Der steinerne Trog, in den das Quellwasser aus dem Brunnen an der Leonhardskapelle fließt, stammt laut Mair aus der Römersiedlung Ad Enum.
Der Hofleitner Christoph Riel soll das Heilwasser 1734 wiederentdeckt haben, nachdem ihm der heilige Leonhard im Traum geraten hatte, von dem Quellwasser zu trinken. Er suchte und fand die Quelle, trank das Wasser und wurde – so die Legende – wieder gesund. Der Grundstein für eine rege Wallfahrt zur Quelle. Votivtafeln in der benachbarten Kapelle berichten von Heilungen durch das Quellwasser und von einstigen Wallfahrten, so Mair.
Noch um 1900 fuhren die Kranken von weit her an, um das Quellwasser zu trinken oder darin ein Bad zu nehmen. Man erhoffte sich Besserung bei Knochenbrüchen, Gelenkschmerzen, Augenleiden, Verdauungs- oder Schwangerschaftsbeschwerden.
Schlange stehen
mit dem Kanister
Von der heilenden Wirkung der Quelle sind auch heute noch viele Menschen überzeugt. Sie füllen das Wasser in mitgebrachte Flaschen und Kanister ab, stehen dafür gegebenenfalls auch Schlange. Nach wie vor darf es kostenlos gezapft werden.
Speziell das zu Vollmond abgefüllte Wasser soll ganz besondere Heilkräfte haben. Damit wirbt auch die Firma St.Leonhards auf ihrer Homepage – wo sie bei fast allen ihrer Produkte dazuschreibt „abgefüllt am Quellort Bad Leonhards-pfunzen“.