Mit der Heimat verwoben

von Redaktion

In Bad Endorf und Aschau gibt es noch Handwebereien für die Teppichherstellung

Aschau/Bad Endorf – Beim Betreten der Räume der Chiemgau Weberei findet man sich im Verkaufsraum, mit den gefüllten Regalen voller Artikel rund um Wolle wieder. Das mechanische Klappern der Webstühle dringt durch die geschlossene Werkstatttüre. In der Handweberei Gasbichler in Aschau ist die Werkstatt hingegen in einem kleinen Raum im Haus hinter dem Verkaufsladen untergebracht. Beide Betriebe führen in unserer Region bis heute die alte und wieder gefragte Kulturtechnik des Teppichwebens aus.

Das Glasfenster in der Werkstatttüre in Bad Endorf erlaubt schon einen Blick auf die sechs Webstühle, die hier täglich Wolle für 20 bis 30 Teppiche verweben. „Es gibt keinen Katalog für Teppichwebstühle,“ sagt Christian Edenhofer, der als leidenschaftlicher Handwerker viel Zeit in die Pflege und Anpassung der Technik steckt. Die drei Mitarbeiter, die an diesem Tag an den Webstühlen stehen, tragen einen Ohrenschutz, um vor dem lauten Klackern geschützt zu sein.

Mit Können
und Geschick

„Wir legen für einen vier Meter langen Teppich sieben Kilometer am Webstuhl zurück“, erzählt eine Mitarbeiterin. Dabei stößt sie das Schiffchen durch die Kettfäden, folgt ihm an das andere Ende und kontrolliert, ob der Faden gut liegt, um ihn dann mit dem Rechen an das schon verwobene Material ranzuschieben. Auch wenn die Maschinen hier mit Strom betrieben sind, ist immer noch viel Handarbeit und handwerkliches Können gefordert.

Begonnen hat der Betrieb im Jahr 1953, als Alois und Elisabeth Edenhofer zwei Handwebstühle in einem Pferdestall unterbrachten. Christian Edenhofer führt heute das Unternehmen in der dritten Generation, das im Jahr 1979 an den heutigen Standort, am Ortsrand von Bad Endorf, umzog. Sein Vater Karl Edenhofer übernahm Mitte der 70erJahre. Er erweiterte die Firma um die eigene Spinnerei zur Herstellung von Garnen aus Rohwolle.

Edenhofer trat über Umwege in die Fußstapfen seines Vaters. Erst wollte er eigene Ziele verfolgen, doch dann trieb ihn die Sehnsucht nach diesem einzigartigen Handwerk wieder nach Hause. „Als ich die Firma übernommen habe, war es mir wichtig, auf 100 Prozent Naturmaterialien umzustellen“, berichtet Edenhofer, dem das Wohlergehen seiner Kunden und der Natur am Herzen liegt.

Die Wolle der Chiemgau Weberei kommt aus der ganzen Welt. „Mein Herz hängt an der europäischen Wolle, vor allem die aus Deutschland und Österreich hat bei uns einen großen Anteil“, sagt Christian Edenhofer. Er schwärmt vom Coburger Fuchsschaf, dessen verwobene Struktur auch „Goldenes Vlies“ genannt wird.

Im Keller befinden sich die Maschinen der Spinnerei. Viele sind Eigenkonstruktionen oder wurden im Hause erweitert. „Jeder Teppich hat seine eigene Rezeptur und keiner gleicht dem anderen“, erzählt Christian Edenhofer, während er auf ein Laufband farbige Schafwolle in unterschiedlichen Mengen sortiert.

Im Keller steht auch der kleine Handwebstuhl, für den er plant, Kurse anzubieten. So möchte er den Menschen in der Region das Handwerk des Webens näher bringen. Teilnehmer können zum Beispiel den beliebten „Arscherl-Wärmer“ selbst weben.

Ebenso kommt Marianne Oberacker, die in der Handweberei Gasbichler in Aschau im Chiemgau das Handwerk des Webens praktiziert, gelegentlich vorbei, um sich mit Material für das Weben von Teppichen zu versorgen. In Aschau hat der Schwiegervater von Christina Gasbichler, die heutige Besitzerin des Geschäfts, 1919 im Haus über dem Weißbräu den ersten Webstuhl aufgestellt. Sie erzählt, „dort war damals schon der kleine Laden dabei, mit dem Sortiment aus Wolle sowie Nacht- und Unterbekleidung.“

Der Loden, den Johann Gasbichler herstellte, war weit bekannt, „Schauspielerberühmtheiten der damaligen Zeit, wie Lucie Englisch und Gina Falckenberg kauften hier ein“. Sie ließen sich daraus die gewünschten Stücke schneidern.

Diese glanzvolle Zeit des Lodens blieb fest mit dem Großvater verknüpft. 1927 wurde das Haus mit Geschäft in der Kampenwandstraße 18 gebaut, dass Josef, der jüngere Sohn von Johann Gasbichler, übernommen hat.

Sein älterer Bruder war im Krieg gefallen und so begann er mit 24 Jahren seine Lehre als Weber und erwarb danach den Meisterbrief. Er hatte eine große Passion und Liebe zu seinem Handwerk, dass er an seine Mitarbeiterin weitergab. Im hinteren Haus sind die drei Webstühle aufgestellt, die nur von Hand zu betreiben sind.

Stolz auf eine
lange Tradition

Bis zum Hochwasser im Jahr 2013 gab es im Keller noch den Reißwolf, der zur Vorbereitung von Rohwolle zum Spinnen eingesetzt wurde und die zwei Spinnmaschinen. „Neun Tonnen wog ein Ballen mit Neuseeland-Schafwolle, der dann bei uns versponnen wurde, um ihn verweben zu können,“ erzählt Frau Gasbichler. Mit Stolz blickt sie auf das Werk ihres Mannes und des Schwiegervaters, auch wenn ein absehbares Ende der Ära der Handweberei in Aschau naht, da keine Nachfolge in Sicht. Bis dahin gibt es sie aber noch, die handgewebten Teppiche des kleinen Ladens an der Kampenwandstraße.

Artikel 11 von 11