Stephanskirchen – Sie diskutierten, schimpften, schüttelten den Kopf, rauften sich die Haare, waren fuchsteufelswild, empört, hin- und hergerissen oder frustriert, die Mitglieder des Gemeinderates. Es ging um den Schwarzbau eines Architekten im Westen von Baierbach, der die Baugrenze um 47,5 Quadratmeter überschreitet, und fast doppelt so groß ist, wie 2011 genehmigt, dessen gut 27 Quadratmeter große Garage komplett außerhalb der festgesetzten überbaubaren Flächen steht und dessen Gewächshaus auf einer Fläche steht, die im Bebauungsplan als „private Grünfläche, ortsbildprägend“ festgehalten ist. Das so nicht genehmigte Gebäude steht seit rund zehn Jahren, Nachbarn des Eigentümers schickten Ende 2021 die Baukontrolle des Landratsamtes vorbei.
Bauausschuss wollte
nicht allein entscheiden
Der Bau- und Planungsausschuss hatte sich schon mit dem nach der Baukontrolle eingereichten Bauantrag auseinandergesetzt (wir berichteten), wollte aber nicht allein entscheiden, ob der Schwarzbau nachträglich genehmigt wird oder ob er zurückgebaut werden soll. Das musste nun der Gemeinderat.
Baurechtlich, so die Verwaltung, seien Befreiungen vom Bebauungsplan denkbar, „wir haben immer wieder Gespräche, ob nicht hier oder dort was geht“, so Bauamtsleiter Wolfgang Arnst. Bei dem Umfang laufe es, so sein Baurechtler Christian Hausstätter, in der Regel eher auf eine Änderung des Bebauungsplanes hinaus – für die der Antragsteller zahlen müsste. Den Ball nahm allerdings kein Gemeinderat auf.
Janna Miller (Die Grünen) und Stephan Mayer (Parteifreie) gehörten zu denen, die konsequent sein und auf Rückbau bestehen wollten. Denn wenn man solche eindeutige Schwarzbauten, noch dazu von einem Fachmann, hinnehme, dann würden Bauausschuss und Gemeinderat schnell nicht mehr ernst genommen. „Dann heißt es irgendwann nur noch ‚bau erst, frag später, die winken es dann schon durch‘ und das wäre eine Bankrotterklärung“, so Mayer.
Sein Fraktionskollege Herbert Bauer, formulierte es noch etwas schärfer: „Wir haben in den letzten in, zwei Jahren fast in jeder Bauausschusssitzung einen Schwarzbau zu behandeln. Da müssen sich doch die, die ihre Bauanträge ordentlich stellen und womöglich ändern müssen, verarscht vorkommen.“
Robert Zehetmaier (Bayernpartei) war sauer, dass den Kommunalpolitikern die Möglichkeit zum Eingreifen, zur Gestaltung genommen wurde. Zumal das Gebäude sowohl gegen die Dachgestaltungs-, als auch gegen die Stellplatz- und Garagensatzung der Gemeinde verstoße.
Jacqueline Aßbichler (CSU) war weder mit der Situation glücklich noch mit dem Landratsamt: „Die Kreisverwaltung müsste in solchen Fällen andere Strafen verhängen. Das Bußgeld müsste richtig weh tun, 50000 statt 5000 Euro betragen. Dann lohnt sich auch der Schwarzbau nicht.“ Die 5000 sind laut Bürgermeister Karl Mair (Parteifreie) allerdings die realistischere Größenordnung.
Janna Miller ging es nicht ums Bestrafen, sondern ums konsequente Handeln. Das Gebäude sei auch heute ohne deutliche Ausnahmen vom Bebauungsplan nicht genehmigungsfähig. „Wenn wir ernstgenommen werden wollen in unserer Gestaltungsfreiheit, dann müssen wir auch klare Kante zeigen.“
Jacqueline Aßbichler konnte den Ärger aller Beteiligten gut verstehen. Die Juristin hätte wohl für Rückbau gestimmt, wenn das Gebäude mit den zwei Ferienwohnungen nicht genehmigungsfähig wäre. Sei es aber – wenn auch mit Auflagen und Ausnahmen – genehmigungsfähig, dann sollte die Gemeinde es nicht auf ein Verfahren ankommen lassen. „Denn dann müssten wir bei allen nachträglichen Bauanträgen den Rückbau fordern und ich bin mir nicht sicher, dass wir die Verfahren – sollte der Antragsteller klagen – dann gewinnen. Und die verlorenen Verfahren zahlt der Steuerzahler.“
Kompromissvorschlag
versandete
Mair brachte noch einen Kompromissvorschlag auf den Tisch, nachdem dem Hauptgebäude mit Auflagen (Anpassung an Garagen und Stellplatzsatzung) zugestimmt wird, die Garage aber abgerissen werden muss. Das fand aber wohl nicht nur Thomas Riedrich (Parteifreie), „nicht zielführend“. Der Kompromiss wurde nicht diskutiert. Die Frage blieb: Rückbau oder Genehmigung. Es war eine emotionale Entscheidung quer durch alle Fraktionen, die letztlich mit zehn zu neun Stimmen für die nachträgliche Genehmigung fiel.