„Wir hatten einfach nur Glück“

von Redaktion

Riederinger Filmemacher (27) reist sechs Wochen für Dreharbeiten durch Ghana

Riedering – Der Traum von Elias Mierbeth ist Realität geworden: Der erste eigene Film „ZONGO“ hat auf Anhieb einen Preis auf dem Snowdance Filmfestival abgeräumt.

Angefangen hat alles mit einem bekannten Musiksender. Während Elias Mierbeth aus Riedering als Jugendlicher gespannt die kurzen Musikvideos im Fernsehen verfolgte, war der Traum von eigenen Filmen geboren. Doch zunächst entschied er sich für ein Studium der Wirtschaftspsychologie. Da ihm das aber zu trocken war, suchte er nach einer Möglichkeit, um einen kreativeren Weg einzuschlagen. Über eine Videoagentur in Wien und ersten kleinen Videos in Spanien gelang ihm das auch.

Lauter Narben auf
dem Rücken

Die Idee für den Film entstand bereits zu Wiener Zeiten. Dort lernte Mierbeth auf Events der Agentur Clement, einen Mann aus Ghana, kennen. Dessen Lebensgeschichte ließ den 27-Jährigen fortan nicht mehr los. „Einmal hat er uns die Narben auf seinem Rücken gezeigt. Da war mir klar, dass seine Geschichte erzählt werden muss“, sagt Mierbeth. So ging es 2019 ohne große Vorkenntnisse und auf eigene Faust in Richtung Ghana. Immer in Begleitung seines besten Freundes, dem Priener Michael Herzog. „ Es war am Anfang eine ziemliche Katastrophe, da wir überhaupt nicht wussten, wie man filmt“, sagt Elias Mierbeth. Einzig Herzog konnte mit Kameras umgehen, da er seit Kindestagen fotografiert.

In Ghana angekommen, wurden sie bereits von Clement erwartet. Der ghanaische Mann hat trotz seines eigenen bewegten Lebens ein Dorf für Menschen, die noch weniger Chancen hatten, erbaut. Diesen außergewöhnlichen Werdegang wollte der Riederinger biografisch festhalten.

Das Videomaterial der ersten zwei Wochen wurde aber gleich mal weggeschmissen, da nichts davon brauchbar war, erzählt Mierbeth. Einen wirklichen Plan hatten die beiden langjährigen Freunde nicht. Mit der Zeit seien sie aber dann in die Aufgabe hineingewachsen. Den Großteil der Zeit sind Mierbeth und Herzog mit Clement durchs Land gereist, um dessen Leben darzustellen. Schlussendlich wurden die einzelnen Geschichten puzzleartig zusammengefügt. Dass der Film fertig geworden ist, lag laut Mierbeth auch an einem ganz einfachen Faktor. „Wir hatten oft auch einfach nur Glück, dass alles zusammengepasst hat“, sagt der 27-Jährige. Die Verständigung erfolgte meistens auf Englisch. Alles Weitere regelte Clement, der immerhin acht der rund 17 Landessprachen Ghanas spricht.

Auf ihrer Reise durch Ghana haben die beiden Männer viele Eindrücke über das Land selbst gesammelt. „Die Menschen dort sind unglaublich offenherzig und gastfreundlich“, sagt Mierbeth. Oft wurden sie von den Einheimischen zu sich nach Hause eingeladen damit Mierbeth und Herzog nicht im Hotel schlafen mussten. Ganz zu schweigen davon, wie oft ihnen die ghanaischen Familien Essen angeboten haben. Dadurch konnte man sich sehr viele Kosten einsparen, erzählt Mierbeth.

Die Erlaubnis zum Drehen in den Dörfern musste sich der Filmemacher manchmal bei stundenlangen Vorgesprächen von den Stammesoberhäuptern einholen.

Aber auch die andere Seite des Lebens in Ghana haben die beiden kennengelernt. Durch die Geschichten ihres Protagonisten Clement sind sie zum Beispiel in eine der größten Elektromüllhalden der Welt in Agbogbloshie gekommen.

Die meterhohen Müllberge haben Mierbeth nachhaltig beeindruckt. Genauso wie manch indigene Völker, die sich fern ab von jeder Zivilisation zurechtgefunden haben. Gefährliche Momente gab es auch, allein schon durch die hohe Waffenpräsenz in Ghana. Das prägendste Erlebnis war laut Mierbeth die nächtliche Reifenpanne mitten im Dschungel. In Begleitung eines 17-jährigen Fahrers mussten sich Mierbeth und Herzog – unter starken Zahnschmerzen – zwei Stunden lang durch die Dunkelheit des Dschungels kämpfen, um das nächste Dorf zu erreichen.

„Das war nicht ohne, allein durch die ganzen Giftschlangen dort“, sagt Mierbeth. Aber auch die Ausflüge in die berüchtigten Viertel der Großstädte, wie zum Beispiel das Hafenviertel Jamestown in der Hauptstadt Accra, werden die Männer aus der Region nicht mehr vergessen. Die größte Gefahr drohte allerdings immer durch Malaria. „Wenn wir uns da angesteckt hätten, wär der Film wahrscheinlich nichts geworden“, sagt Mierbeth.

Insgesamt sechs Wochen und rund 6000 Euro haben Mierbeth und Herzog in die Produktion vor Ort investiert.

Waffen, Giftschlangen
und Malaria

Nach ihrer Rückkehr nach Rosenheim brach die Corona-Pandemie aus – nicht nur zum Nachteil für Mierbeth: Er konnte in aller Ruhe zwei Jahre lang das gefilmte Material schneiden und zu einem fertigen Film zusammensetzen.

Die Musik dazu produzierte er selbst. Alle Mühen und Kosten sind im Februar 2022 belohnt worden: Mierbeth gewann den Snowdance Award für den besten jungen Regisseur in Landsberg am Lech. Die Preisverleihung dort richtet sich speziell an Filme, die unabhängig von großer Förderung produziert wurden.

Auf dem Erfolg will sich Mierbeth trotzdem nicht ausruhen. Mittlerweile hat er zusammen mit Herzog eine Video- und Werbeagentur gegründet. Weitere Filme sollen in Zukunft folgen. Denn so kann Mierbeth seinen Traum aus Kindeszeiten weiterleben.

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