Rohrdorf/Bad Endorf – Der Angriff der russischen Truppen trifft alle Menschen und insbesondere die Schwächsten in der Ukraine hart. Ein Verein aus dem Landkreis Rosenheim schickt jetzt schnelle und unkomplizierte Hilfe. Reporter Sascha Ludwig ist (wie berichtet) mit dem Helferkreis der Diözese Ternopil unterwegs an die Grenze zur Ukraine, die er mit einem „mulmigen Gefühl“ passiert.
„Wir sind also von Krakau aus losgefahren. Es herrschte ganz normaler morgendlicher Verkehr, eigentlich wie bei uns auf den heimischen Straßen auch. Je näher man der Grenze kommt, umso präsenter wird einem aber die Situation. Während der Fahrt sehen wir viele Hilfstransporte mit deutschen Kennzeichen auf den Straßen.
Auch viele Militärfahrzeuge, vor allem mit polnischen Kennzeichen, sind unterwegs. Nach einiger Zeit sind wir auf der A4, einer sehr großen, gut ausgebauten Autobahn, Richtung Ukraine. Mit jedem Meter, dem wir der Grenze näher kommen, entwickelt sich ein mulmigeres Gefühl bei mir und meinen Mitfahrern scheint es nicht anders zu gehen.
Man guckt sich um, die Gespräche im Auto werden leiser und weniger.
Wir sind an der letzten Ausfahrt auf polnischer Seite vorbei und schlagartig ist die Autobahn auf einmal leer. Alles ist wie ausgestorben, kilometerweit keine Fahrzeuge. Ein ähnliches Bild bietet sich uns auch auf der Gegenfahrbahn. Das Wetter hat passenderweise zugemacht, es ist sehr trist, bewölkt und sogar einige Schneeflocken fallen vom Himmel. Irgendwann kommen wir dann auf eine dreispurige Strecke, die sich recht schnell auf nur noch eine Spur verengt. Die polnische Polizei sperrt die Straße ab und hält uns erstmal an. Wir lassen das Fenster runter. Der Polizist ist sehr freundlich und fragt, wo wir hinwollen. „In die Ukraine“, erwidern wir. Er hakt nochmal nach, ob wir uns sicher seien, dann winkt er uns durch und wünscht uns viel Glück.
Daraufhin fahren wir ein langes Stück geradeaus auf die bereits sichtbare Grenze zu. Dort stehen bereits sehr viele Fahrzeuge, unter anderem ein ganzer Konvoi an Militär-Lkw. Wir bleiben erst kurz dahinter stehen, dann entscheiden wir uns, daran vorbeizufahren. Plötzlich überholt uns ein großer schwarzer SUV, setzt sich direkt vor uns und bremst dann stark ab, sodass auch wir zum Stehen kommen. Ein Mann steigt aus und läuft auf unser Fahrzeug zu.
Mehrmals fordert er uns mit Nachdruck auf, bloß keine Fotos zu machen. Ich packe also meine Kamera weg. Die Situation entspannt sich wieder. Wir können dann weiter zur Grenze, wo alles erstaunlich gut organisiert ist. Fahrzeuge werden immer blockweise abgefertigt. Wir setzten uns ein paar Meter in Bewegung und bleiben an einer Kontrollstelle stehen, wo wir einem polnischen Soldaten unsere Ausweise und die Fahrzeugpapiere vorlegen müssen. Zehn Minuten behält er die Papiere ein, bevor wir sie wieder bei ihm abholen können.
Man merkt, der Soldat macht diese Arbeit schon seit einigen Tagen, alles läuft sehr routiniert ab. Zum Abschied wünscht auch er uns viel Glück und ruft uns dann noch die Worte: „Go Ukraine!“, hinterher. Wir haben jetzt offiziell die Grenze überschritten und stehen bei der Einreisekontrolle auf ukrainischer Seite. Auch hier sind vereinzelt Soldaten zu sehen – schwer bewaffnet natürlich. Hier werden alle Fahrzeuge genau inspiziert, Kofferräume geöffnet und zum Teil auch durchsucht. Wir haben ein Foto vom Standort unseres Kontakts auf der anderen Seite des Grenzpostens, wo auch schon der ukrainische Lkw wartet. Unser Laster befindet sich währenddessen irgendwo hinter uns in der Schlange. Wir versuchen nun, unsere ukrainischen Freunde ausfinden zu machen, die bereits seit zwei Stunden dort auf uns warten. Klar ist, weit können sie nicht mehr entfernt sein. Vor Ort müssen dann zunächst die Hilfsgüter aus unserem Auto und schließlich auch aus unserem Lkw in das Fahrzeug unserer ukrainischen Kontakte umgeladen werden. Das wird mit Sicherheit einige Stunden in Anspruch nehmen, denn es wird wohl von Hand geschehen.“