Bad Endorf/Obing – Für die Eisenbahnfreunde im Chiemgau ist die Lokalbahn zwischen Bad Endorf und Obing eine besondere Rarität. Derzeit wird ehrenamtlich dafür gesorgt, dass schon bald wieder gemütliche Fahrten auf den altehrwürdigen Gleisen möglich sind.
Corona hat auch der Chiemgauer Lokalbahn stark zugesetzt. Die Zuversicht ließen sich die ehrenamtlichen Eisenbahner jedoch nicht nehmen. Wann immer es möglich war, wurde die gut 18 Kilometer lange Strecke von Bad Endorf nach Obing sowie die historischen Fahrzeuge gehegt und gepflegt. So wurden zuletzt im Januar und Februar umfangreich Büsche entfernt, um die Strecke befahrbar zu halten.
Triebwagen von
1962 kehrt zurück
Die vorläufige Krönung aller Mühe war, als zuletzt der historische MAN-Triebwagen VT 26 aus dem Jahr 1962 in seine Obinger Heimat zurückkehrte. Er war in einer auf historische Schienenfahrzeuge spezialisierten Werkstatt in Benndorf in Sachsen-Anhalt einer „technischen Frischzellenkur“ unterzogen worden. Damit steht der Saison 2022 nichts mehr im Weg.
Aktuell werden die bei Familien und Kindern beliebten Osterhasenfahrten vorbereitet. Von Mai bis Oktober soll der rote Triebwagen an Sonn- und Feiertagen nach bewährtem Fahrplan zwischen Bad Endorf und Obing pendeln. Dank guter Anschlüsse von und nach München versprechen sich die Lokalbahner Fahrgäste aus nah und fern. Wer mag, kann den Zug auch unter der Woche zu einem bezahlbaren Preis buchen – etwa für Betriebs- und Vereinsausflüge oder originelle Geburtstagsfeiern. Sogar eine Hochzeitsgesellschaft durften die Lokalbahner schon durch den westlichen Chiemgau fahren. Und vor ein paar Jahren war es der Höslwanger Maibaum, der in einer spektakulären Aktion mit der Chiemgauer Lokalbahn auf Reisen ging.
Die Lokalbahner widmen sich noch weiteren ehrgeizigen Zielen. So wird zum Beispiel für den Bau einer Arbeitsgrube gespart, damit die Loks und Wagen leichter gewartet und repariert werden können. Erklärtes Ziel ist es auch, den 1952 gebauten Triebwagen VT 103 wieder in Fahrt zu bringen. Von 2006 bis 2014 stellte dieser als alleiniges Fahrzeug den Personenverkehr zwischen Bad Endorf und Obing sicher und gilt deshalb mit seiner charakteristischen Form und seinen originalen Holzbänken als „Urfahrzeug“ der Chiemgauer Lokalbahn. Die Chiemgauer Lokalbahn sieht sich trotz aller Nostalgie jedoch nicht nur als Museumsbahn, sondern als vollwertiges Verkehrsmittel und mittelfristig auch als Wirtschaftsfaktor. Sie ist ein Teil der in Bonn ansässigen Rhein-Sieg-Eisenbahn (RSE) und unterliegt den gleichen gesetzlichen und betrieblichen Bestimmungen wie ihre „großen Schwestern“ im gesamten Bundesgebiet. Regelmäßige behördliche Kontrollen und professionelle Mitarbeiterschulungen sind wesentliche Voraussetzungen für einen sicheren Betrieb. Die Strecke wird auch von Fahrzeug- und Gleisbaufirmen genutzt, um ihre Erzeugnisse zu erproben. Und auch wenn dies Zukunftsmusik ist, sollen im Rahmen der Diskussion über Streckenreaktivierungen über kurz oder lang sogar moderne Schienenfahrzeuge einen zeitgemäßen und klimafreundlichen Personennahverkehr sicherstellen.
Helfende Hände
immer gesucht
Vorsitzender des Vereins Chiemgauer Lokalbahn ist Ludwig Schauberger aus Obing. Als Berufseisenbahner ist ihm das Projekt eine Herzensangelegenheit. Permanent ist der Verein auf der Suche nach weiteren Mitstreitern. „Einstweilen werden Helferinnen und Helfer mit Herz für die Bahn dringend gesucht – ganz gleich, ob als Handwerker, im Projektmarketing oder auch als Mannschaftskoch. Alle sind willkommen“, ruft Schauberger auf.