Obing – „Wer hätte das geglaubt, dass wir nach zweijähriger Durststrecke heuer wieder in diesem Wirtshaussaal predigen dürfen? Danke, Herr Söder“, freuten sich Andreas Dieplinger und Ernst Hofstetter alias Bruder Andreus und Bruder Ernestus. Gleich zu Beginn ihrer Fastenpredigt, die sie aufgrund der großen Nachfrage gleich an zwei Abenden hintereinander hielten, riefen sie zum gemeinsamen Gebet: „Vater John, der du bist in der Schenke, geheiligt werde dein Fass, zu uns komme dein Bier, das du empfangen hast von der Brauerei. Vergib uns unsere Schulden, die wir noch zu bezahlen haben und führe uns nicht in Versuchung, zu früh nach Hause zu gehen.“
Es gibt kaum
Skandale im Ort
Letzteres war nicht zu befürchten, denn die zahlreichen Besucher amüsierten sich im Rahmen der gültigen Corona-Regeln an beiden Abenden prächtig. Und das, obwohl die Gemeindeoberen aus Sicht der Fastenprediger „viel zu brav sind.“
Die Zweite Bürgermeisterin Fanny Mayer sei als politisches Urgestein der Gemeinde beinahe schon so lang im Amt wie die Queen, aber komplett ohne Skandale und beim Bürgermeister Sepp Huber gebe es auch keine Ausrutscher. Da sei Vorgänger Hans Thurner schon ein ganz anderer Lieferant gewesen. Da hätte man einen ganzen Abend füllen können und selbst eine zensierte Rede wäre da noch scharf genug gewesen, erinnerte sich Ernestus wehmütig. Ähnlich sei es bei Pfarrer Mehlich. Da habe Vorgänger Martin Klein auch deutlich mehr „Hoppalas“ geliefert.
Dennoch hatten die gut aufgelegten Fastenprediger einiges in Erfahrung gebracht, um die örtliche Prominenz humorvoll auf den Arm zu nehmen. Allen voran der neue König im Obinger Rathaus. Gemeint war der neue Geschäftsleiter Thomas König. Am ersten Arbeitstag habe er sich vorsichtig mit seinem dunkelblauen Opel an das Rathaus herangetastet, aber keinen Parkplatz gefunden. Weil er so spät dran gewesen sei, habe er am Pfarrheim parken müssen. Am zweiten Arbeitstag sei er schon zehn Minuten früher gekommen und habe gegenüber, am Haus der Vereine, einen Stellplatz ergattert. Am dritten Tag habe er die Situation dann im Griff gehabt und seinen Opel ganz geschmeidig neben dem Bürgermeister eingeparkt und man könne sagen: „Der König von Traunreut ist angekommen“, frotzelte Bruder Andreus. Stressig habe es der stets eifrig von Arbeit überschüttete, in Schnaitsee theaterspielende Bauamtsleiter Sepp Schluck. Wer den schon einmal bei einer Anliegerversammlung erlebt habe, wie der sich nach außen hin ohne Regung schimpfen lasse. Nur hin und wieder seien in einem kurzen Aufblitzen seiner Augen, seine wahren Gedanken zu erraten, und die sind: „Rutsch mir doch den Buckel runter.“ Der absolute Knaller sei die Mannschaft vom Wertstoffhof. Die schlagen laut Bruder Andreus sämtliche Rekorde. „Die meisten Mitarbeiter, die kürzesten Öffnungszeiten und angenommen werden die wenigsten Wertstoffe.“ Dafür seien die selbst ernannten Weißglas-, Grünglas-, Braunglas- und Blechbüchseningenieure bestens über das Gemeindeleben informiert. „Die vom Bauhof wissen alles“, so Andreus. So habe man erfahren, dass der neue Kreisverkehr bei der Firma Schausbreitner eine gute Einrichtung sei. „Da können die Maurer und der Chef bequem umdrehen, wenn sie was vergessen haben. Und die vergessen oft etwas.“ Zudem könnten sie dort bei Tempo 60 gut testen, ob die Ladungssicherung passe. Gerüchten zufolge komme es vor, dass zehn bis 15 Betonmaschinen rund um den Kreisverkehr lägen, verriet Andreus. Mitleid gab’s für die Bauhofmitarbeiter, die die Anleinpflicht für Hunde über 50 Zentimeter Schulterhöhe kontrollieren müssten. „Müssen die um den Obinger See Streife gehen und jeden Hund abmessen und was passiert, wenn der Hund sitzt?“, fragte sich der Fastenprediger und hatte auch gleich einen Vorschlag parat: Von den Österreichern eine für Tunnel gebräuchliche Höhenkontrolle kaufen und auf 50 Zentimeter einstellen. Passt der Hund nicht durch, leuchtet das rote Licht und es muss angeleint werden.
Grabsteine sind
verrückt worden
Von einem Skandal am Obinger Kirchenfriedhof wusste Bruder Ernestus. Bei der Friedhofsanierung seien Gräber und Grabsteine verrückt worden. Bei der Auferstehung fänden die Verstorbenen ihr Grab nicht mehr und wüssten auch nicht mehr, wer sie sind. „So ein Durcheinander“, fand Ernestus. Eine arme Rentnerin habe deshalb einen neuen Grabstein gebraucht und mit den drei Wörtern „Hans ist tot“ beschriften lassen. Der Steinmetz habe ihr gesagt, dass sie noch drei Wörter kostenlos hinzufügen könne. Darauf die Rentnerin: „Mofa zu verkaufen“.