Aschau – Mit Kanonendonner beginnen die Königlich Bayerischen Gebirgsschützen (GSK) Aschaus ihren Patronatstag am Sonntag, den 8. Mai: „Da wird keiner in Aschau einen Wecker brauchen“, lacht Hubert Stein, seines Zeichens Hauptmann der GSK. Statt den üblichen Gewehrsalven legen die Aschauer Böllerschützen heuer nämlich noch eine Schippe drauf und werden aus einer echten Kanone eine Salve abfeuern.
Mehr als 80
Arbeitsstunden
Die Geschichte mit der Kanone ist auch eine Geschichte der Liebhaberei zum Basteln an tonnenschwerem Gerät. Wast Bichler, einer der Böllerschützen, ist im echten Leben Kfz-Meister aus Umrathshausen und leidenschaftlicher Restaurator von Oldtimern. Der Anblick der Kanone, die seit Jahrzehnten ihr Dasein im Sommer auf dem Vorplatz der Talstation der Kampenwandbahn fristet, ließ ihn nicht los. Zusammen mit den anderen sechs Böllerschützen holten sie die Erlaubnis von Kampenwand-Gondel-Betreiber Eric Zbil ein, die Kanone zu restaurieren, aufzupolieren und für größere Vereinsfeste im Ort bei Bedarf auszuleihen. „Ein Mordsaufwand war das“, erinnert sich Johannes Schaeffer aus Leitenberg an die Renovierungsarbeiten. Über 80 Stunden penibel hat Schaeffer die einzelnen Arbeitsschritte dokumentiert, wurde die Kanone wieder einsatzfähig gemacht.
2018 führten sie in Grassau vor dem TÜV für Feuerwerker, dem sogenannten Beschussamt, die Kanone vor, und fielen durch. 2019 starteten sie einen erneuten Versuch und bekamen das amtliche Siegel – für fünf Jahre. „Coronabedingt durften wir die Kanone bislang aber nie abfeuern“, bedauert Hauptmann Stein. Das soll sich nun ändern: Zum Patronatstag der Gebirgsschützen in Aschau – erwartet werden über 4000 bayerische Gebirgsschützen aus den 47 Kompanien von Garmisch-Partenkirchen bis Berchtesgaden – werden sie ihre Kanone, mit 320 Gramm Schwarzpulver beladen, abfeuern.
Gemeinsam haben die Böllerschützen einen über 120 Jahre alten Wagen hergerichtet, der die 250 Kilogramm schwere Kanone ziehen soll. Standesgemäß werden für den Festzug zwei Rösser eingespannt, die das insgesamt gut 800 Kilogramm schwere Gefährt ziehen sollen. Georg Siegmund, Pferdezüchter und Hufschmied aus Grünthal bei Raubling, der schon im vergangenen Jahr beim Schaulauf mit dem Göpel (Anm. der Red.: eine Antriebsmaschine, die über Zahnräder und Transmissionsriemen sowie zwei im Kreis laufenden Pferden beispielsweise das Dreschen erleichterte) dabei war, erklärte sich sofort bereit mitzumachen. Noch lagert die Kanone samt Wagen und Deichsel in einem Kellerverschlag in Umrathshausen.
Salve zum Abmarsch
vom Festzelt an
Am Patronatstag, dem Hauptfest der Bayerischen Gebirgsschützen zu Ehren der Gottesmutter, der Patrone Bavariae, wird die Kanone frühmorgens nach Aschau gebracht. Dort wird dann eingespannt. „Eine runde Sache“, freuen sich die Böllerschützen schon jetzt. Die Kanonensalve soll das Zeichen für den Abmarsch vom Festzelt an der Schützenstraße zur Festwiese vor Hohenaschau geben. Selbst wenn das Wetter nicht mitspielt und man im Festzelt den Gottesdienst feiert, den Böllerschützen ist es egal: „Wir feuern auf jeden Fall.“ Einen Wecker werden die Aschauer am kommenden Sonntag also nicht brauchen – das übernimmt die Kanone.